Partei-Dilemma - Koalition mit Wagenknecht? Da redet sich CDU-Mann in Rage

Sahra Wagenknecht hält eine Rede beim Wahlkampfabschluss ihrer Partei in Berlin.<span class="copyright">Foto: imago/IPON/imago</span>
Sahra Wagenknecht hält eine Rede beim Wahlkampfabschluss ihrer Partei in Berlin.Foto: imago/IPON/imago

Eine Zusammenarbeit mit dem BSW galt für die CDU bis vor wenigen Tagen als absolutes Tabu. Doch angesichts der stark wachsenden Beliebtheitswerte für Sahra Wagenknecht und ihre BSW scheint eine Koalition auf Länderebene nicht mehr ausgeschlossen. Innerhalb der Partei sorgt das für Diskussionen.

Am 10. Juni hatte CDU-Chef Friedrich Merz einer Koalition mit dem BSW kategorisch eine Absage erteilt. “Wir wollen Mehrheiten gewinnen. Das ist völlig klar. Mit solchen rechts- und linksextremen Parteien arbeiten wir allerdings nicht zusammen“, erklärte er in der ARD Sendung „Brennpunkt“. Wagenknecht sei in einigen Fragen rechtsextrem, in anderen linksextrem.

Steigende Umfragewerte und neue Flexibilität

Doch angesichts der jüngsten Umfragewerte, die Sahra Wagenknecht laut INSA als drittbeliebteste Politikerin Deutschlands ausweisen, und der stetigen Zuwächse ihrer Partei zeigt er sich plötzlich flexibler.

Nur 4 Tage später erklärt der Bundesvorsitzende der CDU (14. Juni) dem MDR, dass „in der Landespolitik andere Entscheidungen getroffen werden”. Da müsse man “im Lichte der Wahlergebnisse sehen, welche Konstellationen sich ergeben“.

Gleichzeitig betont er die klare Haltung der CDU zu Wagenknecht persönlich. „Ich schließe aus, dass eine christlich-demokratische Union eine solche Bundespolitik macht, die Frau Wagenknecht mit einbezieht“, erklärt Merz dem MDR weiter. Wagenknecht vertrete in der Wirtschaftspolitik eine völlig andere Meinung als die CDU, und stehe nicht „auf dem Boden der sozialen Marktwirtschaft“.

Der Hintergrund: Wenn im September in Sachsen, Thüringen und Brandenburg neue Landtage gewählt werden, könnte die AfD überall stärkste Kraft werden. Die CDU liegt in den drei Ländern auf Platz 2, das BSW auf Platz 3. Da die anderen Parteien wohl deutlich schlechter abschneiden, und die CDU die Linke auch immer als Koalitionspartner ausgeschlossen hat, könnte die CDU also auf das BSW angewiesen sein.

Das Dilemma der CDU

Das Thema war schon vor der Kehrtwende von Merz umstritten. Einige Parteimitglieder wie Michael Brychcy (Bürgermeister von Waltershausen) äußerten sich gegen eine strikte Abgrenzung. Er warnte, dass ein Ausschluss des BSW der AfD noch mehr Wähler zutreiben werde, deshalb müsse man mit allen Parteien reden.

Auch der Landesvorsitzende der Thüringer CDU, Mario Voigt, zeigte sich offen für Gespräche mit dem Bündnis und deren Chefin im Land  „Ich habe immer einen vernünftigen Gesprächsfaden zu Katja Wolf gehabt, die ich als pragmatische Kommunalpolitikerin schätze", betonte er gegenüber dem „Stern“.

CDU-Politiker Heppe äußert sich auf X

Gleichzeitig sind andere Parteimitglieder, wie der Bürgermeister der Kreisstadt Eschwege (Hessen), Alexander Heppe, über den plötzlichen Sinneswandel besonders verärgert.

Am Donnerstag äußert sich der CDU-Politiker auf X (ehemals Twitter) besorgt: “Sehe ich das richtig, wir als @cdu schließen per Unvereinbarkeitsbeschluss Koalition mit „Die Linke“ aus, wenn aber ganz besonders linke und neo-nationalbolschewistische Kräfte sich ausgründen, dann ist Kooperation damit für einige Landespolitiker plötzlich in Ordnung?"

„Setzt die Glaubwürdigkeit aufs Spiel“

Für Heppe ist der Erhalt der Glaubwürdigkeit und des Vertrauens als Volkspartei von zentraler Bedeutung. “Wenn wir, und das verstehe ich im Sinne Kohls, Merkels, Adenauers und vieler anderer großer Christdemokraten eine Partei der MITTE bleiben wollen, müssen wir daher inhaltliche und machtpolitische Verrenkungen mit dem BSW unbedingt sein lassen, wie mit Linke und erst recht AfD,” schreibt weiter.

“Das größte Pfund, das wir als Union haben, ist das uns entgegengebrachte Vertrauen und unsere Glaubwürdigkeit als Volkspartei. Das dürfen wir nie aufs Spiel setzen,” erklärt Heppe weiter auf X.

Sein Standpunkt unterstreicht die zentrale Herausforderung für die CDU: Einerseits will sie nicht alle möglichen Koalitionen ausschließen, andererseits riskiert sie, ihre Grundsätze und das Vertrauen der Wähler zu verlieren. Die kommenden Monate werden zeigen, wie sich die Partei positioniert und welche Auswirkungen dies auf die politische Landschaft, insbesondere in den Ländern, haben wird.