"Curvy Supermodel";: Für ein bisschen weniger "Mehr"

In der ersten Casting-Runde bei „Curvy Supermodel“ rufen die Juroren den „Kampf der Kurven“ aus. Willkommen zur wöchentlichen Fleischbeschau!

„Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen, man weiß nie, was man kriegt.” Aus dem Mund von Juror Peyman Amin klang das schon am Ende der ersten Folge von „Curvy Supermodel“ wie eine unheilvolle Drohung. Als süße Stückchen mussten sich die Kandidatinnen aneinander räkeln – gut ausgeleuchtete „Kurven“ in einer überdimensionierten Pralinenschachtel. Frauen, die möglicherweise Pralinen essen ohne jede Kalorie zu zählen mutieren selbst zu Pralinen. Das war offenbar die ganz tiefe Botschaft dahinter.

Galerie: Alle Kandidatinnen von” Curvy Supermodel”

Wäre „Curvy Supermodel“ eine Pralinenschachtel, es wäre eine fade Mischung aus klebrigen, viel zu süßen Pralinen gefüllt mit billigstem Kirschwässerchen. Die schon beim zweiten Bissen bitter schmecken. Keine Überraschung: Auch in Folge zwei schlagen die Juroren der Sendung sich einfallslos durch den Kalauerwald: Da „kriegen die Kandidatinnen die Kurve“, „tragen zu dick auf“, treten an im „Massencasting“. Da gab es „so viel Frau wie noch nie.“ Mehr Emotionen, mehr Leidenschaft, mehr Kurven. Oder wie Supersize-Model Angelina Kirsch flötet: „Bei uns gibt es von allem määähr!“

Mehr Fremdscham, mehr Demütigungen?

Man möchte schreien: Weniger! Weniger dämliche Kommentare, weniger Augenzwinkern bei überflüssigen Wortspielchen, weniger Drama. Denn einzig RTL II trägt zu dick auf…

„30 Frauen stellen sich dem Kampf ihres Lebens – doch schon bald werden die meisten von ihnen Geschichte sein.“ Das säuselt der Sprecher zu Beginn der zweiten Folge im freundlich-väterlichen Ton. Er wird nicht müde, zu wiederholen, wie viele der Kandidatinnen „mit Selbstzweifeln kämpfen, die es zu überwinden gilt. Wir lernen Mädchen kennen wie Ariella, 23, aus Hannover. „Du kommst rüber wie so eine Ghetto-Schwester – vom Look her“, sind noch harmlose Urteile der Jury. Ihr dramatisches Geständnis: Seit fünf Jahren zeigt sie sich nicht mal beim Müllherausbringen ungeschminkt. Warum? Weil sie früher gehänselt wurde – und erst Make-up sie selbstsicherer gemacht hat.

“Curvy”-Kandidatinnen offenbaren: Krankheiten als Auslöser für Übergewicht

Die Lösung des Problems für die Jury: Abschminken. „Zu viel Make-up ist beim Modeln ohnehin total verkehrt“, predigt Moderatorin Jana Ina Zarrella. „Eigentlich musst zu jedem Casting nackt gehen.“ Wieder mal ein angehendes Model erfolgreich therapiert. Es könnte doch so einfach sein. Oder da ist Julia, 17, „das Küken“. Unsicher verrät sie vor der Kamera, dass ihre Mitschüler sie früher „Thorsten“ nannten. „Mir wurde immer gesagt, dass ich männlich aussehe.“

Der “Kampf der Kurven”

Der heldenhafte Auftrag von RTL II ist es nun also, Mädchen wie ihr Selbstbewusstsein- und liebe einzuimpfen, sie zu stärken und aufzubauen. Selbstlos und aufopferungsvoll? Weit gefehlt, RTL II ruft stattdessen „den Kampf der Kurven“ aus.

Zum Beispiel in der nächsten Schlacht, der großen „Challenge“ in Folge zwei: Die Frauen sollen sich in verkrampft unverkrampfte Marmorstatuen verwandeln und im „malerischen Schlossgarten“ posieren. Denn: „Vor hunderten von Jahren waren Kurven das Schönheitsideal schlechthin“, begründet Jana-Ina. Ah ja.

Grau besprüht und ordentlich überpudert, verwandeln sich die Kandidatinnen in Marmor-Statuen, die reglos in einer Pose verharren müssen – bis ein einzelner Maler jede von ihnen gezeichnet hat. Es muss schlimm um RTL II stehen, wenn sie sich nicht zumindest noch ein paar Kunststudenten engagieren können. Oder alles nur bewusste Folter? Genüsslich breiten die Juroren minutenlang aus, wie schmerzhaft das Posieren ist. Ziel des Ganzen: „die eigene Persönlichkeit mit einer Pose ausdrücken“, so der O-Ton von Moderatorin Jana-Ina. Offenbar entspräche genau das dem Wunsch der Jury: eindimensionale Abziehbildchen von Menschen, die sich auf genau einen Charakterzug festlegen lassen. Willig. Willig genug jedenfalls, sich Woche für Woche dem Casting-Wahnsinn auszusetzen.

Wäre „Curvy Supermodel“ eine Pralinenschachtel, der Bissen würde einem hin und wieder im Halse stecken bleiben. Manchmal würde man auch als Zuschauer am liebsten erstarren. Ganz unverkrampft auf dem Sofa, egal in welcher Pose. Nur vorher noch ganz schnell abschalten…und die fast leere Pralinenschachtel schnell zuklappen.

Im Video: Ex-“GNTM”-Kandidatin Sarina Nowak ist jetzt Curvy Model – das sagt Marie Nasemann dazu: