Demo gegen rechts wegen Massenandrangs abgebrochen
Hamburg/Berlin (dpa) - Wegen des großen Menschenandrangs musste in Hamburg eine Demonstration gegen rechts und die AfD abgebrochen werden. «Wir müssen die Kundgebung vorzeitig beenden», sagte Kazim Abaci vom Verein Unternehmer ohne Grenzen, der die Kundgebung mitorganisiert hatte. Er verwies auf Sicherheitsbedenken.
Es seien Menschen in der Menge kollabiert, die Feuerwehr komme nicht mehr durch. Nachdem Abaci zunächst von 130.000 Teilnehmern am Jungfernstieg gesprochen hatte, korrigierten die Veranstalter die Zahl später auf 80.000. Die Polizei nannte 50.000 Demonstranten.
Auch in anderen Städten demonstrierten Tausende
Die Demonstration stand unter dem Motto «Hamburg steht auf - Gemeinsam gegen Rechtsextremismus und neonazistische Netzwerke». Auch in Jena, Kiel und anderen deutschen Städten demonstrierten Tausende. Bundeskanzler Olaf Scholz stellte sich hinter die Demonstranten, die an diesem Wochenende zu Zehntausenden im ganzen Bundesgebiet auf die Straße gehen wollten. Er verglich die «Remigrations»-Pläne Rechtsradikaler in Deutschland mit der Rassenideologie der Nationalsozialisten.
«Wenn etwas in Deutschland nie wieder Platz haben darf, dann ist es die völkische Rassenideologie der Nationalsozialisten. Nichts anderes kommt in den abstoßenden Umsiedlungsplänen der Extremisten zum Ausdruck», sagte der SPD-Politiker in der neuen Ausgabe seiner Videoreihe «Kanzler kompakt». Alle Menschen in Deutschland seien gefordert, klar und deutlich Stellung zu beziehen: «Für Zusammenhalt, für Toleranz, für unser demokratisches Deutschland.»
Bei der Kundgebung in Hamburg sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD): «Die Botschaft an die AfD und ihre rechten Netzwerke ist: Wir sind die Mehrheit, und wir sind stark, weil wir geschlossen sind und weil wir entschlossen sind, unser Land und unsere Demokratie nach 1945 nicht ein zweites Mal zerstören zu lassen.»
Demonstrationen nach Bericht über Treffen Rechtsradikaler
Die Demonstrationen formierten sich nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv über ein Treffen Rechtsradikaler am 25. November in Potsdam. Daran hatten mehrere AfD-Politiker teilgenommen sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion. Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte dort nach eigenen Angaben über «Remigration» gesprochen. Wenn Rechtsextremisten diesen Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang.
Scholz sagte in seinem Video, die Rechtsextremisten hätten in Potsdam darüber beraten, wie sie Millionen von Menschen aus Deutschland vertreiben könnten. «Bei diesem Gedanken läuft es einem eiskalt den Rücken herunter.» Er sprach von einem «teuflischen Plan». Es sei «fürchterlich», dass sich manche Migranten nun sogar fragten, ob sie noch eine Zukunft in Deutschland hätten. Allen Menschen in Deutschland mit Migrationshintergrund versicherte Scholz: «Sie gehören zu uns! Unser Land braucht Sie!» Das sei auch die Botschaft des neuen Staatsangehörigkeitsrechts, das am Freitag im Bundestag verabschiedet worden sei.
Migration und Einbürgerung
«Ich glaube, dieses Gefühl, Deutscher und Italiener zu sein oder Deutsche und Türkin - das entspricht der Lebenswirklichkeit ganz vieler Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Das anzuerkennen, ist eine Frage des Respekts», betonte Scholz. «Sie haben Deutschlands Wohlstand mit aufgebaut. Unser Land hat Ihnen unendlich viel zu verdanken! Deshalb werden wir Ihre Lebensleistung auch im Rahmen der Einbürgerung anerkennen.» Scholz betonte allerdings auch, dass gleichzeitig die irreguläre Einwanderung nach Deutschland eingedämmt werden müsse. «Wir müssen Migration besser ordnen als bisher - ganz pragmatisch und vor allem: ohne Hass und ohne Vorurteile.»
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, rief die Muslime in Deutschland dazu auf, an den Kundgebungen gegen rechts teilzunehmen. Muslime seien Hass und Anfeindungen im Alltag ausgesetzt. Dies sei inakzeptabel und erfordere eine «entschlossene und vereinte Antwort von allen, die die Werte der Demokratie und des Zusammenlebens in Deutschland schätzen».