Nach Demo-Wochenende: Politischer Nachhall und Proteste
Nach dem Demo-Wochenende mit Hunderttausenden Teilnehmern in ganz Deutschland soll auch heute noch in einigen Städten gegen Rechtsextremismus protestiert werden. Politiker zeigen sich unterdessen weiter beeindruckt von der großen Zahl an Demonstrierenden - und fordern Konsequenzen.
Am Wochenende waren in der ganzen Republik Hunderttausende Menschen auf die Straße gegangen, um sich gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie stark zu machen. In München musste der Protest wegen zu großen Andrangs - die Polizei sprach von rund 100.000 Teilnehmern - abgebrochen werden.
In Berlin kamen nach Schätzungen der Polizei ebenfalls bis zu 100.000 Demonstrierende zusammen. Auch in Städten wie Frankfurt, Hannover, Köln, Bremen und Leipzig gingen Zehntausende auf die Straßen. Und: Auch in vielen kleineren Städten protestierten Tausende, etwa in Erfurt machten sich nach Angaben der Polizei 6000 Menschen gegen rechts stark, in Kassel 12.000, in Halle waren es 16.000.
In der Spitze haben ca. 100.000 Menschen an der Versammlung teilgenommen. Es befinden sich noch viele Menschen rund um das Siegestor, daher bestehen die Verkehrssperren weiterhin.#muc2101
— Polizei München (@PolizeiMuenchen) January 21, 2024
Proteste sollen weitergehen
Heute sollen die Proteste weitergehen, angemeldet sind Demonstrationen etwa in Bayreuth, im sächsischen Freiberg und im ostwestfälischen Paderborn.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert nannte die Aktionen "eine beeindruckende Demonstration einer selbstbewussten Zivilgesellschaft". Der Düsseldorfer "Rheinischen Post" sagte Kühnert: "Es ist wichtig, dass der Schwung der letzten Tage nun nicht abebbt. Aus den vielen Kundgebungen muss ein noch viel nachhaltigerer Einsatz für unsere Demokratie werden."
Der Soziologe Klaus Hurrelmann wertete die Demonstrationen als Beleg für einen Stimmungswandel in der Bevölkerung. "Die Proteste gegen rechts wirken auf mich wie ein Befreiungsschlag von Gruppen der Bevölkerung, die wegen Corona und der vielen anderen Herausforderungen sehr lange mit sich selbst beschäftigt waren und fast übersehen hätten, was alles auf dem Spiel steht", sagte er der "Augsburger Allgemeinen".
Kretschmer: "Die Bundesregierung muss handeln"
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) nannte die Proteste "bewegend" und forderte im "Bericht aus Berlin" im ARD-Hauptstadtstudio: "Die Bundesregierung muss handeln. Wir alle haben eine staatsbürgerliche Verantwortung, mitzutun." Er sei überzeugt, dass es gelingen könne, "diesem Land weitere Jahrzehnte von Stabilität und Wohlstand zu geben".
Überall in Deutschland demonstrieren Menschen für Demokratie & gegen Rechtsextremismus. Wir stellen uns schützend vor unsere Mitbürgerinnen & Mitbürger die nicht hier geboren wurden jedoch unser Land bereichern, hier leben & arbeiten - sie sind bei uns willkommen. pic.twitter.com/clKhWfE8at
— Michael Kretschmer (@MPKretschmer) January 21, 2024
Auslöser für die Proteste sind die Enthüllungen des Recherchezentrums Correctiv über ein Treffen von Rechtsextremisten am 25. November, an dem AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion in Potsdam teilgenommen hatten. Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte bei dem Treffen nach eigenen Angaben über "Remigration" gesprochen. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang.
Schwesig: Demos machen Mut - AfD gerät unter Druck
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte dem "Tagesspiegel", sie habe den Eindruck, dass die AfD durch die Demonstrationen unter Druck gerate. "Wir erleben etwas ganz Neues: Einen massenhaften Protest gegen eine in Teilen rechtsextreme Partei. Die vielen Demos machen den Demokraten Mut."
Danke❤️ #DeutschlandStehtAuf pic.twitter.com/DTXBc88xg3
— Manuela Schwesig (@ManuelaSchwesig) January 21, 2024
Ein Teil der Bevölkerung teile Inhalte und Parolen der AfD, er sei auch mit einer besseren Arbeit der Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP nicht zu überzeugen, sagte Schwesig. "Entscheidend aber ist, wie stark die AfD Protestwähler für sich gewinnt. Genau diese Wähler wollen und können wir zurückgewinnen", sagte sie. Geeignet dazu seien "Bürgerdialoge, Investitionen in Infrastruktur, Gespräche auf Augenhöhe statt Entscheidungen über die Köpfe hinweg".
Im Video: Mehr als 100.000 Menschen bei Demos gegen rechts