Deutsch-ukrainische Politikerin bei "maybrit illner": "Riesige Sorgen" um Mariupol

Marina Weisband (Grüne) berichtete im "maybrit illner Spezial" von den Sorgen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. (Bild: ZDF)
Marina Weisband (Grüne) berichtete im "maybrit illner Spezial" von den Sorgen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. (Bild: ZDF)

Aufgrund des Kriegs in der Ukraine war Maybrit Illner auch am Sonntag mit einer "Spezial"-Ausgabe auf Sendung. Grünen-Politikerin Marina Weisband hat Freunde und Familie in Kiew und berichtete aus erster Hand von der Ausnahmesituation - und was in Mariupol drohen könnte.

Geboren in Kiew und ein direkter Draht zu Familie und Freunden in die ukrainische Hauptstadt: Publizistin und Grünen-Politikerin Marina Weisband war eine wichtige Stimme in Maybrit Illners "Spezial"-Sendung zum Russland-Ukraine-Krieg am Sonntagabend. Wie es ihren Bekannten in Kiew gehe, fragte eine besorgte Gastgeberin zu Beginn des ZDF-Talks.

"Ich versuche einen Überblick über die Lage zu behalten", berichtete Weisband. So sei es in Kiew noch relativ ruhig. Freunde und Familie würden zwar davon berichten, Schüsse und Explosionen zu hören, allerdings sei dies eher in den Vorstädten der Fall. "Im Moment scheint die Lebensmittelversorgung auch noch gesichert." Jedoch habe sie auch gehört, dass in einigen Vierteln bereits manuell Wasser ausgegeben werden müsse.

Vorkehrungen für den Ernstfall werden getroffen: "Tatsächlich sind wir heute mal durchgegangen: Was passiert bei einer Belagerung und wie müsste man sich darauf einstellen in Sachen persönlicher Vorräte zu Hause." In anderen Städten der Ukraine ist die Lage noch viel dramatischer. "Alle machen sich riesige Sorgen", so die Publizistin - etwa um Charkiw und Mariupol.

Zum Russland-Ukraine-Krieg diskutierten der ehemalige deutsche Botschafter in Moskau, Ernst-Jörg von Studnitz, Politikerin Marina Weisband (Grüne), Gastgeberin Maybrit Illner, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Grünen-Parteivorsitzender Omid Nouripour und Journalist und Autor Claus Kleber (von links). (Bild: ZDF)
Zum Russland-Ukraine-Krieg diskutierten der ehemalige deutsche Botschafter in Moskau, Ernst-Jörg von Studnitz, Politikerin Marina Weisband (Grüne), Gastgeberin Maybrit Illner, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Grünen-Parteivorsitzender Omid Nouripour und Journalist und Autor Claus Kleber (von links). (Bild: ZDF)

"Taktik, die wir schon aus Syrien kennen"

Ob es zu Flächenbombardements in Mariupol kommen könnte, wollte Illner wissen. "Ich denke, genau das", erwiderte Weisband. "Das ist ja eine Taktik, die wir schon aus Syrien kennen." Den Zivilisten werde gesagt, sie hätten jetzt fünf Stunden Zeit um die Stadt zu verlassen. "Und danach gibt es per Definition keine Zivilisten mehr in der Stadt, was natürlich großer Quatsch ist." Selbst unter denen, die gehen wollten gebe es Alte, beeinträchtigte oder bettlägrige Menschen, "die überhaupt nicht gehen können".

Nach Einschätzung Weisbands setze Putin nun verstärkt auf Artillerie, um Begegnungen zwischen russischen Soldaten und ukrainischer Zivilbevölkerung zu vermeiden. Die Armee würde sonst den Eindruck bekommen: "Wir sind hier nicht als Befreier, wir sind hier als invasive Kraft. Man will uns hier nicht." Sie wisse nicht, wie die Soldaten darauf vorbereitet werden sollten, gegen ein "Brudervolk" zu kämpfen.

Auch unter der russischen Zivilbevölkerung gibt es Widerstand. Doch wird dieser überschätzt? "Das ist sehr, sehr schwierig zu beantworten", so Weisband. "Erstens, wenn wir eine Sache gelernt haben, dann: Man darf niemals die Wirkung von Menschen und die Wirkung einer Idee unterschätzen." Dies gelte jedoch in beiden Richtungen. Diese Oppositionellen seien "Helden", da ihnen und ihren Familien Konsequenzen drohen. Putin würde - trotz seiner Bewunderung für das zaristische Russland - die Schraube "in schwindelerregender Geschwindigkeit zurück zum Stalinismus" drehen, so Weisband bezogen auf die innere Repression.

Allerdings sei die Organisation der Opposition schwierig. Starke zivile Stimmen, wie etwa der inhaftierte Alexej Nawalny seien in den letzten Jahren gezielt eingesperrt oder getötet worden. "Es sind meistens die Mittelschichten, es sind meistens die jüngeren Leute, es ist meistens in den Städten." Das seien die, die verstehen was vor sich ginge und doppelt bestraft werden: vom Staat und den Sanktionen. Nicht vergessen dürfe man den großen Teil der Putin-Unterstützer unter der Bevölkerung, "der acht Jahre das Gehirn gewaschen wurde".

"Kalt" und "teuer" könne es für die deutsche Bevölkerung im Falle eines Embargos werden, erklärte der Bayerische Ministerpräsident Söder. (Bild: ZDF)
"Kalt" und "teuer" könne es für die deutsche Bevölkerung im Falle eines Embargos werden, erklärte der Bayerische Ministerpräsident Söder. (Bild: ZDF)

Söder: "Kann sehr kalt und sehr teuer werden"

Russlands Invasion in der Ukraine und die daraus folgenden Sanktionen haben großen Einfluss auf die deutsche Energieversorgung. Ein großer Teil des Öl- und Gasimports kommt aus Russland. Forderungen nach einem Embargo wurden von CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen laut, Politiker aus den Ampel-Parteien widersprechen. Doch auch in der Union ist man sich uneins. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vertrat im "maybrit illner Spezial" etwa eine zurückhaltende Haltung.

"Emotional spricht ja vieles dafür, alles zu kappen, was möglich ist", sagte Söder. Allerdings stellte der CSU-Mann klar, dass seiner Ansicht nach auch für Ersatz gesorgt sein müsse. "Sonst kann es noch sehr kalt und auch sehr teuer werden", unterstrich der Ministerpräsident. Eine solche Entscheidung könne erst getroffen werden, nachdem ein "kompletter Plan" vorliege. Es müssten andere Wege als alleine erneuerbare Energien für das nächste halbe Jahr gefunden werden. So sprach sich Söder für eine Senkung der Mehrwertsteuer beim Sprit aus.

Die Publizistin Marina Weisband sprach mit Freunden und Verwandten über eine mögliche Belagerung Kiews. (Bild: ZDF)
Die Publizistin Marina Weisband sprach mit Freunden und Verwandten über eine mögliche Belagerung Kiews. (Bild: ZDF)