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"Der deutsche Rechtsstaat muss Zähne zeigen": Merz fordert bei Lanz harten Umgang mit dem Iran

CDU-Chef Friedrich Merz setzte sich bei "Markus Lanz" für eine härtere Gangart im Umgang mit dem Iran ein. (Bild: ZDF)
CDU-Chef Friedrich Merz setzte sich bei "Markus Lanz" für eine härtere Gangart im Umgang mit dem Iran ein. (Bild: ZDF)

Seit 2020 sitzt der deutsche Aktivist Jamshid Sharmahd im Iran in Haft. Vor zwei Wochen wurde er zum Tode verurteilt. Seine Tochter Gazelle Sharmahd forderte bei Markus Lanz ein Eingreifen der Bundesregierung. CDU-Chef Friedrich Merz kritisierte die deutsche Zurückhaltung und forderte drastische Maßnahmen.

Seit dem Tod von Mahsa Amini 2022 und der daraus resultierenden, breiten Protestbewegung steht das autoritäre Terrorregime in Iran im Fokus der Weltöffentlichkeit. Trotzdem landen Regimekritiker im Gefängnis, wo nicht selten Folter auf sie wartet, und werden hingerichtet. Mit Jamshid Sharmahd wurde vor zwei Wochen erstmals ein deutscher Staatsangehöriger in Iran zum Tode verurteilt.

Alle Gäste bei Markus Lanz am Mittwochabend kritisierten das Urteil. Uneinigkeit herrschte hingegen über die richtige Reaktion der Bundesregierung. Friedrich Merz (CDU) plädierte im Falle der Vollstreckung für einen Abbruch aller wirtschaftlichen Beziehungen. Sebastian Fiedler (SPD) präferierte ein "chirurgisches Vorgehen".

Gazelle Sharmahd, die Tochter des zum Tode verurteilten Deutsch-Iraners Jamshid Sharmahd, machte deutlich: "Wir wissen noch nicht mal, ob mein Vater noch lebt." (Bild: ZDF)
Gazelle Sharmahd, die Tochter des zum Tode verurteilten Deutsch-Iraners Jamshid Sharmahd, machte deutlich: "Wir wissen noch nicht mal, ob mein Vater noch lebt." (Bild: ZDF)

"Die verfolgen jeden Schritt von mir, die verfolgen jedes Wort von mir"

Auch zu Gast war Gazelle Sharmahd, Aktivistin und die Tochter des jüngst in Teheran zum Tode verurteilten Jamshid Sharmahd. Sie appellierte an die Bundesregierung, mehr Druck auf den Iran auszuüben, um die Hinrichtung zu verhindern. Bei Markus Lanz erzählte sie die Geschichte der Entführung und kritisierte die Bundesregierung. Deutsche Maßnahmen kämen zu spät: "Wir sehen jetzt, dass es eine Reaktion von der Bundesregierung gibt, nach dem Todesurteil. Warum gab es diese Reaktion nicht schon vor zweieinhalb Jahren, als ein Deutscher entführt worden ist?"

Auch sie selbst sei zu jedem Zeitpunkt in Gefahr, schilderte die aus Los Angeles zugeschaltete Aktivistin: "Ich würde gerne bei Ihnen im Studio sitzen. Ich kann nicht reisen. Das ist ein riesiges Sicherheitsrisiko für mich nach Europa zu reisen. Die verfolgen jeden Schritt von mir, die verfolgen jedes Wort von mir." Deutlich wurden auch die großen Sorgen um ihren Vater: "Wir haben wirklich keine Zeit mehr zu verlieren, und wir wissen noch nicht mal, ob mein Vater noch lebt, da wir keinen Zugang zu ihm haben."

Friedrich Merz hatte die politische Patenschaft für den Fall übernommen. Auch der CDU-Vorsitzende setzte sich für eine härtere Gangart ein und stellte den Abbruch aller wirtschaftlichen Beziehungen in den Raum. Markus Lanz hakte nach: "Wären Sie bereit, wenn Sie Kanzler dieses Landes wären, zu sagen, wir stellen die Geschäftsbeziehungen ein?" Merz bestätigte: "Die Antwort auf ihre Frage ist ein uneingeschränktes Ja. Wenn uns Geschäft wichtiger ist als Freiheit, dann haben wir unseren moralischen Kompass verloren."

Er habe sich darüber hinaus mit dem iranischen Botschafter in Verbindung gesetzt: "Ich habe ihm sehr deutlich gesagt, dass dieses Urteil Folgen haben muss und haben wird. Und wenn es zu einer Vollstreckung kommen sollte, kann ich mir nicht vorstellen, dass die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und dem Iran einfach so fortgesetzt werden."

Die iranischstämmige Journalistin Gilda Sahebi kritisierte bei "Markus Lanz" eine "sehr große Naivität" gegenüber dem iranischen Regime. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)
Die iranischstämmige Journalistin Gilda Sahebi kritisierte bei "Markus Lanz" eine "sehr große Naivität" gegenüber dem iranischen Regime. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

"Dieses Ja von Herrn Merz war so ein bisschen billig"

Sebastian Fiedler verteidigte derweil den Kurs der Bundesregierung: "Es gibt keine einfache Antwort und der zweite Teil ist, viele Dinge, die eine Antwort sein könnten, sollten wir heute Abend nicht besprechen." Das müsse auf nachrichtendienstlicher Ebene geklärt werden, meinte Fiedler. In Belgien denke man über einen Gefangenenaustausch nach, aber westliche Demokratien dürften sich nicht erpressbar machen. Friedrich Merz warf er Populismus vor: "Ich bin der Auffassung, dass ein chirurgisches Vorgehen effektiver ist als die großen politischen Überschriften."

Auch die iranisch-stämmige Journalistin Gilda Sahebi übte Kritik an Merz: "Ich würde was Herr Merz gerade gesagt hat, gerne ein bisschen zurechtrücken." Die wirtschaftlichen Bande zwischen Deutschland und dem Iran seien aufgrund der bereits verhängten Sanktionen ohnehin nicht mehr nennenswert. "Wir sind bei 1,6 bis 1,8 Milliarden Euro im Jahr. Da gehen keine Arbeitsplätze verloren, wenn wir Nein sagen. Dieses Ja von Herrn Merz war so ein bisschen billig", urteilte Sahebi.

Dass die Aktivitäten der iranischen Revolutionsgarden international stärker verfolgt werden müssen, darüber waren sich hingegen alle Beteiligten an dieser Diskussion einig. Sahebi sagte dazu: "Ich glaube, dass vor allem in Deutschland, aber auch in Europa insgesamt, eine sehr große Naivität gegenüber diesem Regime seit Jahren schon herrscht. Man muss sich klar sein, das ist tatsächlich ein Terrorregime."

Sebastian Fiedler bestätigte, wie weit der Arm des iranischen Regimes auch nach Deutschland reicht. Es gehe unter anderem um die sogenannte Blaue Moschee, ein regimetreues, sogenanntes Kulturzentrum in Hamburg. "Man will die Revolution exportieren, die Ideologie auf der Welt verteilen", stellte Sahebi klar. "Wir wissen, dass eine große Zahl iranischer Agenten in Deutschland tätig ist", bestätigte Merz. Er forderte eine Debatte über die Schließung der blauen Moschee. "Der Rechtsstaat der Bundesrepublik Deutschland muss hier Zähne zeigen", lautete die unmissverständliche Forderung von Merz.

Mit seinen Gästen diskutierte Markus Lanz (links) am Mittwochabend über den richtigen Umgang mit dem Iran. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)
Mit seinen Gästen diskutierte Markus Lanz (links) am Mittwochabend über den richtigen Umgang mit dem Iran. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)