Die umstrittene Sexszene aus ‚Oppenheimer‘ erklärt

Konservative Beamte in Indien sind verärgert über eine unerwartet anschauliche Sexszene in Christopher Nolans Werk.

Die umstrittene Sexszene aus ‚Oppenheimer‘ erklärt
Florence Pugh als Jean Tatlock und Cillian Murphy als J. Robert Oppenheimer in „Oppenheimer“. (Foto: Melinda Sue Gordon/Universal Pictures/Courtesy Everett Collection)

Auch wenn es der Film in der Barbenheimer-Schlacht am vergangenen Wochenende nicht mit Barbie aufnehmen konnte, hat Christopher Nolans fesselnder dramatischer Thriller Oppenheimer an den Kinokassen doch großen Eindruck gemacht.

Das Biopic über das Leben und die Zeit des theoretischen Physikers J. Robert Oppenheimer (Cillian Murphy), das sich auf seine Bemühungen um die Entwicklung der Atombombe während des Zweiten Weltkriegs konzentriert, spielte in den USA 80 Millionen US-Dollar (umgerechnet etwa 72,4 Mio. Euro) ein, (weit mehr als erwartet). Weltweit waren es sogar 180 Millionen US-Dollar (umgerechnet etwa 162,9 Mio. Euro) bei einem Budget von 100 Millionen US-Dollar (umgerechnet etwa 90,5 Mio. Euro). Das ist das beste Ergebnis eines Nolan-Films außerhalb der Dark Knight-Reihe.

Und obwohl der Film sofort zum Oscar-Anwärter wurde, hat sich Oppenheimer in den wenigen Tagen nach Veröffentlichung bereits zu einer Art Magnet für Kontroversen entwickelt.

Hier geht es nicht um die paar Beschwerden zu einer Szene aus dem Jahr 1945, in der die US-Flagge 50 Sterne hat (zu der Zeit hatten die USA nur 48 Staaten). Nein, es hat nichts mit historischen Fehlern zu tun, sondern mit einer Szene, die manche Beamte und Zuschauer in Indien als zu freizügig empfanden.

Und darum geht’s:

Die Sexszene

Für einen intelligenten Film vollgepackt mit blitzschnellem, wissenschaftlichem Jargon und tiefgreifenden philosophischen und moralischen Debatten gibt es auch eine (für Nolan-Filme) untypisch heiße Sexszene zwischen Oppie und seiner kommunistischen Freundin (und späteren Geliebten) Jean Tatlock (Florence Pugh).

Eine barbusige Tatlock reitet auf Oppenheimer und unterbricht den Akt für kurze Zeit, um die Bücherregale hinter ihr anzusehen. Sie schnappt sich die Bhagavad Geeta, die als eine der heiligsten Schriften im indischen Hinduismus gilt. Beeindruckt davon, dass Oppie mehrere Sprachen spricht, lässt sie ihn daraus vorlesen, während sie wieder auf ihn klettert und mit dem Sex weitermacht. Er liest einen Absatz, zu dem der berühmte Satz gehört: „Jetzt bin ich der Tod geworden, der Zerstörer der Welten.“

Konservative Beamte in Indien waren von dieser Szene ganz und gar nicht angetan.

Die umstrittene Sexszene aus ‚Oppenheimer‘ erklärt
Cilian Murphy und Regisseur Christopher Nolan am Set. (Foto: Melinda Sue Gordon/Universal Pictures/Courtesy Everett Collection)

Die Kritik

Uday Mahurkar, Journalist und Gründer der Save Culture Save India Foundation richtete kurz nach der Veröffentlichung des Films einen offenen Brief an Nolan.

„Wir haben gehört, dass der Film Oppenheimer eine Szene enthält, die einen vernichtenden Angriff auf den Hinduismus darstellt. Laut Berichten in den sozialen Medien zeigt der Film eine Szene, in der eine Frau einen Mann dazu bringt, die Bhagwad Geeta laut zu lesen, während sie auf ihm sitzt und den Geschlechtsverkehr vollzieht. Sie hält die Bhagwad Geeta in einer Hand, und die andere Hand scheint die Position ihrer Geschlechtsorgane zu korrigieren. Die Bhagwad Geeta ist eine der am meisten verehrten Schriften des Hinduismus“, schrieb Mahurkar und fügte hinzu, dass die Szene „einen direkten Angriff auf die religiösen Überzeugungen einer Milliarde toleranter Hindus darstellt, vielmehr läuft sie darauf hinaus, einen Krieg gegen die Hindu-Gemeinschaft zu führen und scheint fast Teil einer größeren Verschwörung von Anti-Hindu-Kräften zu sein.“

Mahurkars Brief wurde bereits über 5.000 Mal auf Twitter geteilt.

Laut Varietyhat der indische Minister für Information und Rundfunk, Anurag Thakur, inzwischen gefordert, die Sexszene aus dem Film zu entfernen. Es gab keine unmittelbare Reaktion von Nolan oder Universal, die den Film produziert haben, aber angesichts Nolans kompromissloser künstlerischer Vision scheint es eher unwahrscheinlich, dass er solchen Änderungen zustimmen würde.

Trotz der Boykottaufrufe einer lautstarken Minderheit hat sich Oppenheimer in Indien bewundernswert geschlagen und in der Eröffnungswoche mehr als 7 Millionen US-Dollar (umgerechnet etwa 6,34 Mio. Euro) eingespielt, was zu einem weltweiten Ergebnis von 180 Millionen US-Dollar (umgerechnet etwa 162,9 Mio. Euro) beiträgt.

Kevin Polowy