Donald Trump: Ist das der Anfang vom Ende?

Gerät Donald Trump nun ins Wanken? (AP Photo/Tyler Evert)
Gerät Donald Trump nun ins Wanken? (AP Photo/Tyler Evert)

Die ganze Welt verfolgt die Präsidentschaft Donald Trumps ein wenig wie einen vorhersehbaren Frontal-Unfall. Bisher wich er noch jedem Hindernis aus, jetzt allerdings könnte es heikel werden für Trump. Denn das Urteil gegen seinen Ex-Wahlkampfmanager und das Geständnis seines Ex-Anwaltes könnten der Anfang vom Ende sein.

Donald Trumps Präsidentschaft ist geprägt durch Aufreger, Skandale, Entgleisungen und das drohende Damoklesschwert einer Entmachtung wegen der vermuteten russische Wahlmanipulationen. Doch bisher konnte dem 45. Präsidenten der USA nichts davon etwas anhaben. Bisher. Denn am Dienstagabend (Ortszeit) kamen gleich zwei Paukenschläge, die das Gefüge des Weißen Hauses bis ins Mark erschüttert haben dürften.

Und diesmal geht es nicht nur um einen Medienskandal, der durch stoische Verleugnungstaktiken im Zaum gehalten werden kann. Es geht um die Gerichtsprozesse gegen die Trump-Vertrauten Paul Manafort und Michael Cohen, die ernsthafte Folgen auch für Trump selbst haben könnten. Es könnte sogar den von den Demokraten heiß ersehnten Gongschlag zum Anfang vom Ende seiner Präsidentschaft bedeuten.

Was die Prozesse für Trump bedeuten

Doch eins nach dem anderen. Zunächst war da ein nicht unbedingt unerwartetes Urteil gegen den ehemaligen Wahlkampfmanager Manafort. Die Jury in Alexandria, Virginia, befand den 69-Jährigen in acht Fällen des Steuer- und Bankbetrugs für schuldig. Unter anderem wurde ihm nachgewiesen, als Lobbyist Zahlungen der früheren prorussischen Regierung der Ukraine vor den US-Behörden geheim gehalten zu haben. In weiteren zehn Anklagepunkten kam die Jury nicht zu einem einstimmigen Urteil.

Paul Manafort erwarten nun vermutlich zwischen sieben und elf Jahren Haft. Auch wenn eine direkte Verbindung zu Trump dabei bisher nicht hergestellt wurde: Der Fall Manafort ist nach einigen kleinen Fischen der erste richtige Erfolg der Ermittlungen von Ex-FBI-Chef Robert Mueller und dürfte Trump ziemlich schmerzen. Denn er zeigt vor allem, dass auch enge Verbündete nicht unantastbar sind.

Das weitaus verheerendere Ereignis für den Präsidenten fand aber am selben Tag weiter nördlich an der Ostküste statt. In New York gab sein Ex-Anwalt Michael Cohen ein weitreichendes Geständnis ab. Auch hier handelte es sich zwar in Teilen um private Steuer- und Bankvergehen, doch darüber hinaus gab Cohen auch zu, gegen die Regeln der Wahlkampffinanzierung verstoßen zu haben.

Michael Cohen will auspacken (Bild: AP Photo/Craig Ruttle)
Michael Cohen will auspacken (Bild: AP Photo/Craig Ruttle)

Spätestens ab da wird es auch für Trump heikel, denn hier liegt ein legaler Grund vor, um gegen ihn persönlich vorzugehen. Zumal Cohen – wenn auch ziemlich vage – von einem “Kandidaten” sprach, in dessen Auftrag er gehandelt habe. Dass er damit jemand anderen als Trump gemeint hat, darf getrost ausgeschlossen werden. In beiden Fällen des Wahlkampfgelder-Missbrauchs geht es um die Schweigegeldzahlungen an Frauen, mit denen Trump angeblich Affären hatte: Pornostar Stormy Daniels und Playboy-Model Karen McDougall.

Das Urteil im Fall Cohen soll am 12. Dezember gesprochen werden. Durch sein Geständnis wird sich das Strafmaß wohl reduzieren, bis zu fünf Jahren Haft drohen dem 51-jährigen dennoch. Und er ließ kryptisch durchblicken, dass er auch zu den Russland-Vorwürfen noch etwas beizutragen habe und betonte, er wolle Mueller “alles sagen, was ich weiß”.

Der Präsident macht vorerst weiter wie bisher

Trumps Reaktion auf Wahlkampfreise durch West Virginia war die übliche: Er wetterte gegen die Fake-News und natürlich auch gegen die “Hexenjagd”, die Sonderermittler Robert Mueller gegen ihn betriebe. Von Manafort distanzierte er sich, der sei eigentlich “ein guter Mann” und täte ihm nun leid. Es ist vielleicht bezeichnend für die Business- und Finanzwelt, in der Trump groß geworden ist, dass offenbar nicht das Vergehen verurteilenswert ist, sondern nur das Erwischtwerden.

Über Cohen schwieg Trump sich wohlweislich aus. Auch das ein Indiz dafür, dass ihm die reale Gefahr, die von den Aussagen seines Ex-Anwaltes ausgeht, durchaus bewusst ist. Nur sein aktueller Anwalt Rudy Giuliani ließ vermelden, die Aussagen Cohens hätten “nichts mit dem Präsidenten zu tun.”

Bisher hatten Trump die Vorwürfe und Hinweise auf Rechtsbrüche und eine mögliche Kollaboration mit Russland bei den eigenen Anhängern nicht geschadet. Jüngste Umfragen zeigten immer noch eine überwältigende Unterstützung bei dem Teil der Wähler, der ihn vor knapp zwei Jahren ins Amt gehoben hatte. Selbst in der eigenen Partei herrscht eine Art Schockstarre. Der rechte Flügel der Republikaner instrumentalisiert Trumps Politik geschickt, der neoliberale Flügel sieht keinen Anlass, etwas zu ändern, weil gerade in Sachen der Steuerpolitik seinem Klientel in die Karten gespielt wird.

Trump in Charleston: Der Rückhalt seiner Zielgruppe ist ungebrochen (Bild: AP Photo/Alex Brandon)
Trump in Charleston: Der Rückhalt seiner Zielgruppe ist ungebrochen (Bild: AP Photo/Alex Brandon)

Und der Rest? Zieht sich stillschweigend zurück, um nicht mit dem Niedergang der Republikanischen Partei in Verbindung gebracht zu werden, oder sieht sich in der lautstarken Gegenwehr allein gelassen. So wie Senator John McCain, der selbst als hochverdienter Veteran und schwerkranker Mann die volle Breitseite von Trumps Vernichtungsmaschinerie abbekommt. Das Einzige, was Trump auch bei den Republikanern in Verruf bringen könnte, wäre eine nachweisliche Kollaboration mit Russland.

Zentrale Rolle der Midterm-Elections

Dass nun die Aussagen Cohens oder die finanziellen Verstrickungen Manaforts alleine ausreichen, um Trump tatsächlich ins Straucheln zu bringen, ist eher unwahrscheinlich. Aber wie immer nach zwei Jahren der Präsidentschaft stehen im November Midterm-Wahlen an. In denen werden zwei Drittel des Senats und das gesamte Repräsentantenhaus neu gewählt. Beide Kammern sind momentan noch in republikanischer Hand, allen Umfragen nach könnte sich das durch eine sogenannte “Blue Wave”, eine Welle zugunsten der Demokraten, ändern.

Dann stünde einem Amtsenthebungsverfahren nichts mehr im Wege, denn das muss der Senat beschließen. Unter demokratischer Mehrheit wäre das relativ wahrscheinlich, insbesondere, wenn Cohen jetzt einen handfesten juristischen Anlass dazu bietet. Und selbst bis dahin ist der Nimbus des unangreifbaren Präsidenten, mit dem Trump sich gerne lautstark brüstet, mehr als angekratzt. Denn die Symbolkraft von Cohens Aussagen wiegt deutlich schwerer, als die rechtlichen Implikationen.

Dass Cohen sich zu einem Geständnis bereit erklärte, heißt entweder, dass er tatsächlich noch richtig große Enthüllungen in der Hinterhand hat, oder mindestens, dass er der Loyalität des Präsidenten nicht über den Weg traut. Der hatte immer mal wieder mit dem Rausschmiss Muellers und der möglichen präsidialen Begnadigung seiner angeklagten ehemaligen Mitarbeiter kokettiert. Beides dürfte jetzt vom Tisch sein.

Vorsichtshalber ließ der demokratische Senator Mark Warner Trump schon mal in einem Statement wissen: “Jeder Versuch des Präsidenten, Herrn Manafort zu begnadigen oder sich in die Untersuchung seiner Kampagne einzumischen, wäre ein grober Machtmissbrauch und würde sofortige Handlungen des Kongresses erfordern.” So oder so: Es ist ohne Frage der bisher größte Wendepunkt in der Präsidentschaft Trumps. Und es könnte der entscheidende sein.