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Warum Dresens neuer Film auf der Berlinale überrascht

Berlin (dpa) - Wie erzählt man eine Geschichte über das US-Gefangenenlager Guantánamo? Regisseur Andreas Dresen hat über diese Frage lange nachgedacht.

Der 58-Jährige findet in seinen Filmen oft ungewöhnliche Ansätze. Nach «Gundermann» veröffentlicht er nun ein neues Projekt. Am Samstag stellte er auf der Berlinale seinen Film «Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush» vor. Die Namen lassen aufhorchen.

Im Film geht es um Murat Kurnaz - den Mann also, der in Bremen aufgewachsen ist und nach den Terroranschlägen vom 11. September ohne Anklage in Guantánamo festgehalten wurde. Dresen erzählt dessen Geschichte mit einem ungewöhnlichen Blick - er schaut nämlich auf die Mutter. Eine Bremer Hausfrau also, die ihren Sohn befreien will.

Zu Beginn des Films klopft sie resolut an die Zimmertür ihres Sohnes. «Murat, ist schon Mittag. Murat, steh' auf oder ich schneid' deinen Bart ab», droht sie ihm. «Murat, lass' den Scheiß.» Der Film zeigt eine Frau, die sich für ihre Familie abmüht, mit ihrem Mercedes durch die Stadt schießt und auf den Apfelkuchen ordentlich Puderzucker streut.

Als ihr Sohn verschwindet, fliegt sie bis in die Türkei, um einen Politiker abzupassen. Schließlich landet sie beim Bremer Rechtsanwalt Bernhard Docke (Alexander Scheer). Murat Kurnaz war von 2002 bis 2006 in dem US-Lager auf Kuba inhaftiert. Nach und nach enthüllt der Film den juristischen Kampf um seine Freilassung und das politische Versagen.

Erste Hauptrolle für Meltem Kaptan

Die Intensität des Films ist vor allem Meltem Kaptan zu verdanken. Die Comedienne («Ladies Night») ist in ihrer ersten Hauptrolle in einem deutschen Kinofilm zu sehen. Energiegeladen, mit Charme, Verschmitztheit und Witz zeichnet sie das Porträt einer Frau, die bis zur Erschöpfung um ihr Kind kämpft. Dresens Film ist auf diesem Weg erstaunlich leicht und warm geworden, ohne die schweren Momente zu vernachlässigen.

Der Film erzählt geradlinig und ohne Extravaganzen. Erneut arbeitet der Regisseur Dresen mit der Drehbuchautorin Laila Stieler zusammen. Auch Schauspieler Alexander Scheer war schon in «Gundermann» dabei - diesmal trägt er Schnauzer und norddeutschen Akzent. Will man nach all den Jahren noch einen Film über den Fall sehen? Ja, weil der Film einen Triumph der Menschlichkeit zeigt. Ein zeitloses Thema.