Ed Sheeran im Marvin Gaye-Urheberrechtsstreit und andere bekannte Plagiatsvorwürfe

Ed Sheeran im Marvin Gaye-Urheberrechtsstreit und andere bekannte Plagiatsvorwürfe

Ed Sheeran hat in einem New Yorker Gerichtssaal im Zeugenstand die Vorwürfe zurückgewiesen, dass sein Hit "Thinking Out Loud" ein Plagiat von Marvin Gayes Soul-Klassiker "Let's Get It On" aus dem Jahr 1973 sei.

Der 32-jährige Sheeran wurde am 15. April bei dem Zivilprozess der Erben von Ed Townsend als Zeuge in geladen. Townsend war Gayes Co-Autor bei "Let's Get It On". Die Familie beschuldigt den englischen Star, ihr Urheberrecht zu verletzen und behauptet, sein Hit aus dem Jahr 2014 weise "verblüffende Ähnlichkeiten" mit dem berühmten Gaye-Song auf.

Sheeran betonte, dass er den Song selbst geschrieben habe. "Thinking Out Loud" ist einer der populärsten Songs des Künstlers, stand in elf Ländern auf Platz eins der Charts und wurde auf YouTube mehr als eine Milliarde Mal aufgerufen.

Seth Wenig / AP
Kathryn Townsend Griffin (Mitte), die Tochter des Sängers und Songwriters Ed Townsend vor dem Gericht - Seth Wenig / AP

Im Kreuzverhör stritt Sheeran sich zeitweise mit Keisha Rice, einer Anwältin der Kläger:innen.

Zu Videoaufnahmen, die im Gerichtssaal abgespielt wurden und den Musiker zeigten, wie er auf der Bühne zwischen den beiden Liedern hin- und herwechselt, sagte Sheeran, es sei "ganz einfach, zwischen Liedern hin- und herzuwechseln", die in der gleichen Tonart sind.

"Man könnte von "Let it Be" zu "No Woman, No Cry" wechseln und wieder zurück", fuhr Sheeran unter Eid fort.

"Ich wäre ein Idiot, wenn ich mich vor 20.000 Menschen auf eine Bühne stellen und das tun würde", sagte Sheeran über den Vorwurf, er habe Songs kopiert.

Ein weiterer Anwalt der Townsend-Erben, Ben Crump, sagte, in dem Fall gehe es darum, "Anerkennung zu geben, wo Anerkennung fällig ist", und erklärte den Geschworenen, dass die Zusammenführung der beiden Songs einem "Geständnis" gleichkomme.

Die Konzertaufnahmen, die zeigen, wie Sheeran zwischen den beiden Liedern wechselt, bezeichnete Crump als "smoking gun", also als eindeutigen Beweis.

Es bleibt streitbar, ob es sich um einen offensichtlichen Abklatsch oder einfach eine ähnliche Akkordfolge handelt. Urteilen Sie selbst:

Die Klage wurde 2017 eingereicht, der Prozess wird voraussichtlich bis zu zwei Wochen dauern. Währenddessen bereitet sich der Sänger auf eine Stadiontournee durch Nordamerika und die Veröffentlichung eines neuen Albums vor.

Nicht der erste Plagiatsvorwurf gegen Ed Sheeran

Es ist nicht das erste Mal, dass Ed Sheeran mit Plagiatsklagen konfrontiert ist.

Im Jahr 2016 war Sheeran auch Teil einer Urheberrechtsklage bezüglich des Songwritings seiner Single "Photograph". Die Songschreiber Martin Harrington und Tom Leonard behaupteten, der Song sei dem Song "Amazing" zu ähnlich, den sie für Matt Cardle, einen Gewinner von The X Factor, geschrieben hatten. Sie verklagten Sheeran auf 20 Millionen Dollar(rund 18 Millionen Euro).

Der Fall wurde im April diesen Jahres gegen eine ungenannte Summe beigelegt. Sheeran gab später zu, dass er sich "schmutzig" fühle, weil es "die Schleusen für andere" öffne, die ähnliche Klagen anbringen könnten.

Letztes Jahr gewann Sheeran einen Rechtsstreit um seine 2017 erschienene Hitsingle "Shape of You", nachdem er beschuldigt worden war, den Song "Oh Why" von Sami Chokri und Ross O'Donoghue aus dem Jahr 2015 kopiert zu haben. Chokri sagte vor Gericht, er fühle sich von dem Musikstar "beraubt" und sei schockiert gewesen, als er "Shape Of You" zum ersten Mal im Radio gehört habe.

Der Richter sagte, dass es zwar "Ähnlichkeiten" zwischen der kurzen wiederholten Phrase "Oh why" in Chokris Lied und der Wiederholung von "Oh I" in Sheerans Lied gebe, dass solche Ähnlichkeiten aber "nur ein Ausgangspunkt" für eine Klage wegen Urheberrechtsverletzung seien und dass es "erhebliche Unterschiede" zwischen den Liedern gebe. Der Richter sprach Sheeran und seinen Songwriter-Kollegen nach ihrem Sieg umgerechnet rund eine Millionen Euro an Anwaltskosten zu.

Brittainy Newman / AP
Ed Sheeran vor dem New Yorker Gerichtsgebäude - Brittainy Newman / AP

Bemerkenswerte Plagiatsfälle der letzten Jahre

Der Fall von Ed Sheeran ist kein Einzelfall.

Im Folgenden finden Sie eine kurze Übersicht über die bemerkenswertesten Plagiatsfälle der letzten Jahre - inklusive Clips, damit Sie über die Vorwürfe selbst urteilen können.

Artikal Sound System gegen Dua Lipa

Letztes Jahr wurde Dua Lipa gleich mit zwei Urheberrechtsklagen konfrontiert, beide wegen ihres Hits "Levitating" aus dem Jahr 2020.

Die Songwriter L Russell Brown und Sandy Linzer behaupteten, dass die Eröffnungsmelodie der Hitsingle ein "Duplikat" der Melodie ihres Songs "Wiggle and Giggle All Night" von 1979 und ihres Songs "Don Diablo" von 1980 ist.

Die in Florida ansässige Reggae-Band Artikal Sound System reichte im vergangenen Jahr ebenfalls eine Klage ein, in der sie behauptete, dass "Levitating" ihrem 2017 veröffentlichten Song "Live Your Life" sehr ähnlich sei.

Diese Fälle sind noch nicht verhandelt worden.

Missy Elliot gegen Bad Bunny

Bad Bunnys Song "Safaera" aus dem Jahr 2020, der auf seinem zweiten Album "YHLQMDLG" zu finden ist, wies Ähnlichkeiten zu Missy Elliots Song "Get Ur Freak On" aus dem Jahr 2001 auf.

Die beiden einigten sich, Elliot erhält nun 25 % der Tantiemen von "Safaera".

Marvin Gaye gegen Robin Thicke und Pharrell Williams

Im Jahr 2018 verklagte der Nachlass von Marvin Gaye erfolgreich Robin Thicke und Pharrell Williams wegen ihres Songs "Blurred Lines" aus dem Jahr 2013. Die Geschworenen waren sich einig, dass der Song zu sehr an Gayes Lied "Got to Give it Up" erinnert und bestätigten ein Urteil in Höhe von 5,3 Millionen Dollar (rund 4,8 Millionen Euro) gegen Thicke und Williams.

"Blurred Lines" war zwar äußerst populär, stieß aber zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung wegen des kontroversen Textes, der zweifelhafte Einstellungen zur Einvernehmlichkeit beim Sex offenbarte, auf erhebliche Kritik. Der Song wurde in mehreren britischen Student:innenvereinigungen verboten. Williams sagte später, er schäme sich für die Haltung gegenüber Frauen, die in einigen seiner älteren Songs zum Ausdruck komme.

3LW gegen Taylor Swift

Auch Taylor Swift konnte sich nicht vor Plagiatsklagen retten.

Im Jahr 2018 wurde erfolglos behauptet, dass ihr Song "Shake it Off" teilweise von dem Song "Playas Gon' Play" der US-Girlgroup 3LW aus dem Jahr 2001 geklaut sei. In beiden Liedern gibt es die Textpassagen "the players gonna play" und "the haters gonna hate". Ein Bundesrichter entschied, dass die Songschreiber von 3LW, Sean Hall und Nathan Butler, die die Klage eingereicht hatten, keine kreativen Eigentumsrechte an den Phrasen haben.

Vor der Veröffentlichung von Swifts Song "Look What You Made Me Do" aus dem Jahr 2017 wandten sich ihre Anwälte jedoch an die britische Band Right Said Fred, weil sie eine Ähnlichkeit mit deren Hit "I'm too Sexy" festgestellt hatten. Die Band erhielt einen Anteil an der Autorenschaft.

The Gap Band gegen Bruno Mars und Mark Ronson

Der Hit "Uptown Funk" von Bruno Mars und Mark Ronson aus dem Jahr 2014 dominierte damals die Charts.

The Gap Band behauptete jedoch, der Song sei eine Kopie ihres Songs "Oops Upside Your Head" aus dem Jahr 1979, und die Band erhielt 17 % der Tantiemen für "Uptown Funk" sowie eine Anerkennung als Songschreiber.

Tom Petty gegen Sam Smith

Die erste Single von Sam Smith, "Stay with Me" von 2014, gefiel Tom Petty nicht. Er behauptete, dass Smiths Song seinem eigenen Song "I Won't Back Down" zu ähnlich sei.

Doch Petty nahm die Sache gelassen und bezeichnete sie als "musikalischen Unfall, nicht mehr und nicht weniger".

Die Angelegenheit wurde nie vor Gericht gebracht, und Petty erhielt 12,5 % der Songwriterrechte für "Stay with Me".

Joe Satriani gegen Coldplay

Der erfolgreiche Instrumental-Rock-Gitarrist Joe Satriani war der Meinung, dass der Song "Viva La Vida" von Coldplay zu sehr nach seinem Lied "If I Could Fly" klinge. Er beschuldigte die britische Band, wesentliche Teile seines Songs verwendet zu haben.

Die Einzelheiten dieses Falles sind nicht bekannt, da sich die beiden Parteien 2009 auf einen außergerichtlichen Vergleich einigten.

DJ Lynn Tolliver gegen Black Eyed Peas

Die Black Eyed Peas haben in ihrem Hit "My Humps" den einflussreichen Rap-/Elektro-Song "I Need a Freak" von DJ Lynn Tolliver aus dem Jahr 1983 stark gesampelt.

Daran ist prinzipiell nichts auszusetzen, sofern eine Absprache mit dem ursprünglichen Künstler stattgefunden hat. Diese war jedoch nicht erfolgt.

Das Urteil: DJ Lynn Tolliver wurde von einem New Yorker Geschworenengericht fast 1,2 Millionen Dollar (knapp 1,1 Millionen Euro) zugesprochen.

Das waren einige der bekanntesten Plagiatsvorwürfe der vergangenen Jahre. Manche Ähnlichkeiten sind zwar eindeutiger als andere - dennoch gilt: Ehre, wem Ehre gebührt.