Eklat im ZDF-Fernsehrat wegen Ukraine-Bericht
Zum wiederholten Mal gerät der öffentlich-rechtliche Rundfunk wegen seiner Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt in die Kritik. Nachdem der neunköpfige ARD-Programmbeirat bemängelte, die Berichte der ARD-Redaktionen würden teilweise den Eindruck der Voreingenommenheit erwecken und seien 'tendenziell gegen Russland und die russischen Positionen' gerichtet, wird nun Kritik am ZDF laut.
Im ZDF-Fernsehrat ist es deshalb am vergangenen Freitag sogar zum Eklat gekommen. Chefredakteur Peter Frey wollte kritische Nachfragen der Linksfraktions-Abgeordneten Gesine Lötzsch zu einem Bericht über die Ost-Ukraine, in dem Kämpfer mit Hakenkreuz und SS-Rune am Stahlhelm gezeigt werden, nicht beantworten. Das geht aus einem Brief von Lötzsch an Frey hervor, der dem Handelsblatt (Online-Ausgabe) vorliegt.
Frey war demnach vom 'Unterton' der Fragen von Lötzsch befremdet. 'Mit diesem allgemeinen Vorwurf kann ich nichts anfangen', schreibt die Bundestagsabgeordnete in ihrem Brief. 'Besonders ärgerlich ist es, wenn Sie Fragen eines Fernsehratsmitgliedes kritisieren, um sie nicht beantworten zu müssen.' Lötzsch forderte Frey auf, ihre Fragen schriftlich zu beantworten.
Lötzsch nahm dabei Bezug auf einen Bericht in der 'Jüdischen Allgemeinen'. Darin wird bemängelt, dass am 8. September in der ZDF-Nachrichtensendung 'Heute' ein Beitrag ausgestrahlt wurde, in dem auch Mitglieder des nationalistischen Asow-Bataillons gezeigt werden, das in der Ost-Ukraine an der Seite der Regierungstruppen gegen die Separatisten kämpft. An ihren Stahlhelmen tragen die Kämpfer Hakenkreuze und SS-Runen.
'Dies blieb völlig unkommentiert', schreibt die Zeitung und fragt: 'Wo ist die journalistische Sorgfaltspflicht des ZDF geblieben?' Tatsächlich ging der ZDF-Korrespondent auf die Nazi-Symbole in seinem Beitrag nicht ein. Dort heißt es vielmehr: 'Freiwilligenbataillone aus nahezu jedem politischen Spektrum verstärken etwa die Regierungsseite - und in der Ukraine ist Wahlkampf: Eine Friedenslösung ist dadurch nicht einfacher geworden.'
Dass ZDF-Chefredakteur Frey dazu keine Stellung nehmen wollte, hält Lötzsch für einen einmaligen Vorgang. 'Ihre heutige Kritik im Fernsehrat an meinen Fragen hat mich nachdenklich gestimmt', schreibt sie in ihrem Brief an Frey. Seit 2002 sei sie Mitglied des Deutschen Bundestages. 'Noch nie hat die Kanzlerin oder ein Minister meine Fragen beanstandet.' Kritische Fragen seien in einer lebendigen Demokratie selbstverständlich. Sie finde es auch 'völlig normal', wenn ihr Journalisten 'sehr kritische Fragen' stellten. 'Sie erwarten zu Recht, dass ich ihre Fragen beantworte und nicht kritisiere.'
Programmbeschwerde über weiteren zweifelhaften Bericht
Zuvor hatte Maren Müller, Vorsitzende der 'Initiative Ständige Publikumskonferenz' wegen des ZDF-Berichts eine Programmbeschwerde eingelegt. Bekannt wurde Müller durch eine Petition zur Ablösung von ZDF-Moderator Marcus Lanz, die deutlich mehr als 100.000 Unterstützer unterzeichneten.
In einem Brief an den Intendanten des ZDF, Thomas Bellut, und den Vorsitzenden des Fernsehrats, Ruprecht Polenz (CDU), kritisiert Müller die 'unkommentierte Zurschaustellung sowie die Verharmlosung der Träger verbotener faschistischer Symbole und Kennzeichen innerhalb einer Nachrichtensendung der öffentlich-rechtlichen Medienanstalt ZDF'. Danach listet sie mehrere Programmrichtlinien des ZDF auf, gegen die der Beitrag verstoße.
Das ZDF wies die Vorwürfe zurück. 'Paragraf 86 des Strafgesetzbuches, der die Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen unter Strafe stellt, findet keine Anwendung, wenn das Propagandamittel zum Beispiel der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens dient', zitiert der 'Tagesspiegel' einen Sprecher des Senders. Dies sei in dem Bericht der 'heute'-Sendung 'eindeutig der Fall' gewesen. 'Darin wurden ukrainische Milizionäre mit Hakenkreuzen und ähnlichen Symbolen gezeigt, was im Text erläutert wurde. Der Reporter sprach von Hardlinern und Freiwilligenbataillonen aus nahezu jedem politischem Spektrum.' Die Einstellungen seien als Bilddokumente verwendet worden, um zu zeigen, 'dass auch auf ukrainischer Seite Kämpfer mit zweifelhaftem politischen Hintergrund anzutreffen sind'.
Inzwischen hat Müller einen weiteren zweifelhaften ZDF-Bericht ausgemacht, gegen den sie ebenfalls eine Beschwerde eingelegt hat. Konkret geht es um den Beitrag 'Waffenruhe in der Ukraine' in der 'heute journal'-Sendung vom 05. September. Auch hier sind nach Aussage von Müller verfassungswidrige Kennzeichen unkommentiert verbreitet sowie faschistische Organisationen verharmlost worden. Ihr Beschwerdebrief richtet sich auch diesmal an Bellut und Polenz.
In dem Beitrag des Senders über die 'Freiwilligen' im Kampf gegen die Separatisten, so Müller in ihrem Schreiben, sei das NS-Symbol Wolfsangel insgesamt drei Mal unkommentiert gezeigt worden. Laut Wikipedia ist die Wolfsangel ein von den Nationalsozialisten verwendetes Symbol. Es soll besondere Wehrhaftigkeit symbolisieren. Im Kontext von rechtsextremen Organisationen ist die Verwendung der Wolfsangel in Deutschland strafbar. Müller kritisiert zudem, dass auch in diesem ZDF-Bericht Informationen über den 'eindeutig rechtsradikalen Hintergrund' des Asow-Bataillons komplett fehlten. 'Stattdessen wurden die Mitglieder des Asow-Bataillons als Freiheitskämpfer stilisiert.'
WDR-Intendant nimmt ARD in Schutz
Nicht nur das ZDF steht unter Beschuss. Zuletzt hatte die Vize-Vorsitzende der Linksfraktion, Sahra Wagenknecht, die ARD wegen ihrer Ukraine-Berichterstattung scharf attackiert. Sie bezog sich dabei auf einer Stellungnahme des Programmbeirats der Sendergruppe vom Juni 2014. 'Der Bericht des Programmbeirats zur Ukraine-Berichterstattung der ARD ist vernichtend und bestätigt, was seit Monaten überdeutlich ist: Die ARD berichtet unausgewogen und tendenziös und positioniert sich in ihren Sendungen über den Ukraine-Konflikt einseitig gegen Russland', sagte Wagenknecht dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). 'Die größte Sendeanstalt der Bundesrepublik missbraucht damit eklatant ihren Informationsauftrag und macht sich zum willfährigen Handlanger politischer Interessen. Dies ist nicht hinnehmbar.'
Wagenknecht betonte, die ARD sei ebenso wie das ZDF 'zwingend' der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit verpflichtet. 'Nur so sind die Zwangsgebühren, die von der gesamten Bevölkerung erhoben werden, zu rechtfertigen.' Die ARD sei eine Anstalt öffentlichen Rechts und 'keine politische Redaktion der Bundesregierung oder gar der US-Administration'.
Der neunköpfige ARD-Programmbeirat wirft in seiner Stellungnahme den ARD-Redaktionen vor, wichtige und wesentliche Aspekte des Ukraine-Konflikts 'nicht oder nur unzureichend beleuchtet' worden seien. Insgesamt zeigte sich die Berichterstattung 'nicht ausreichend differenziert'. Die Inhalte hätten teilweise den 'Eindruck der Voreingenommenheit erweckt' und seien 'tendenziell gegen Russland und die russischen Positionen' gerichtet.
Nachdem ARD-Chefredakteur Thomas Baumann den Vorwurf einer einseitigen und tendenziösen Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt schon 'energisch' zurückgewiesen hat, meldete sich kurz danach auch WDR-Intendant Tom Buhrow zu Wort. Im Intranet des Senders schreibt er laut 'Spiegel Online': 'Unsere Kolleginnen und Kollegen leisten exzellente Arbeit.' Und mit Blick auf den Vorwurf einseitiger Berichte fügt er an: 'Das geht an die journalistische Ehre.'