Elefant oder doch Stechmücke? 10 Fakten zum Insektensterben

Das Insektensterben ist ein Trend, der für uns Menschen zunehmend zur Bedrohung werden könnte. Der Biologe und Kriminologe Mark Benecke warnte erst kürzlich in einem Interview mit der "Sächsischen Zeitung", dass es sich hierbei um einen Faktor handelt, der die Menschheit sogar auslöschen könnte.

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Das Insektensterben ist ein Thema, das auch uns Menschen betrifft. (Symbolbild: Getty)

Macht der promovierte Biologe damit aus der metaphorischen Stechmücke einen Elefanten oder ist das Insektensterben wirklich derart bedrohlich? Die folgenden zehn Fakten werden mit Sicherheit eine Antwort liefern. Möglicherweise eine, die vielen Menschen nicht gefällt.

Insektensterben: Worum geht es überhaupt?

Wenn Forscher über das Insektensterben sprechen, so beziehen sie sich für gewöhnlich auf zwei relevante Dimensionen. Zum einen auf die Menge der gefundenen Insekten. Aber auch auf die Artenvielfalt, die rund um den Globus oder regional existiert.

Der Biologe Mark Benecke berichtete im Rahmen des besagten Interviews, dass er zuletzt in New York kaum noch Insekten beobachtet habe. Ob fliegende Krabbeltiere oder selbst Kakerlaken: Die abnehmende Menge sei für ihn ein Indikator, der besorgniserregend sei.

Aber es existieren auch ernstzunehmende Prognosen bezogen auf die Artenvielfalt. Ein nicht unerheblicher Anteil verschiedener Arten sei inzwischen ausgestorben. Und das, obwohl nicht einmal alle Arten bekannt seien.

Infografik: Insektensterben: Nicht nur Bienen sind bedroht | Statista
Infografik: Insektensterben: Nicht nur Bienen sind bedroht | Statista

Wie hoch ist der Anteil ausgestorbener Insekten?

Die aktuelle Forschung geht davon aus, dass inzwischen rund eine halbe Million Insektenarten ausgestorben ist. Das wiederum geht auf eine Studie aus dem Jahre 2017 zurück, bei der Krefelder Insektenforscher den derzeitigen Sachstand erhoben haben.

Das Insektensterben sei jedoch kein Phänomen, das es erst jetzt akut gebe. Die Bestandsaufnahme des Forscher-Teams umfasste insbesondere die Zeit nach der Industrialisierung.

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Insektensterben: So viele Arten existieren

Zum Vergleich: Die halbe Million ausgestorbener Insekten stehen derzeit in etwa einer Million bekannter Arten gegenüber. Allerdings mit der Einschränkung, dass erst ein kleiner Prozentsatz aller vorhandener Arten überhaupt entdeckt und bereits benannt ist.

Übersicht des BMU zur Lage der Insekten in Deutschland. (Quelle: Siehe Angaben)
Übersicht des BMU zur Lage der Insekten in Deutschland. (Quelle: Siehe Angaben)

Aktuelle Prognosen rund um die Insektenforschung und das Insektensterben gehen derzeit davon aus, dass ca. 5,5 Mio. verschiedene Arten existieren. Setzen wir diese Zahlen in ein Verhältnis, so könnten inzwischen rund 9 % der kleineren Krabbeltiere für immer verschwunden sein.

Gesamtmasse ebenfalls rückläufig

Neben der Artenvielfalt ist beim Insektensterben auch die Gesamtmasse ein Thema. Hierunter verstehen wir die Anzahl oder die Häufigkeit der kleinen Tierchen rund um den Globus in der Natur, ohne dabei auf spezifische Merkmale einer Art oder Gattung zu achten.

Laut einer weiteren im Jahre 2017 erschienenen Studie seien in den vergangenen 27 Jahren 76 % der Gesamtmasse verschwunden. Das Insektensterben ist daher gleichsam auch ein quantitatives Phänomen. An der besagten Studie, die im Fachmagazin PLOS ONE veröffentlicht wurde, wirkten Forscher aus Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden mit.

Insektensterben geht weiter: Pro Jahr 0,92 % rückläufiges Volumen

Eine verheerende, weitere Erkenntnis: Laut dem besagten Forscher-Team gehe das Insektensterben weiter. Pro Jahr würden 0,92 % der Insekten verschwinden. Ihre Masse und ihr Vorkommen in der Natur nähmen konsequent ab.

Das bedeutet, dass es lediglich weitere 27 Jahre dauern könnte, ehe die Anzahl an Insekten erneut um ein Viertel zurückgegangen ist. Besorgniserregend sei daher auch die derzeitige Tendenz.

Wie ermitteln Forscher ihre Zahlen zum Insektensterben?

Relevant für die wissenschaftliche Seite ist natürlich, wie Forscher Zahlen zum Insektensterben ermitteln. Sowohl die qualitative (Anzahl der Arten), als auch die quantitative (Gesamtmasse) Methode setzen dabei auf eine möglichst reale Erhebungen innerhalb der Natur.

Zur Ermittlung der Datenbasis stellen die Forscher sogenannte Insektenköder auf, die in der Breite Insekten anlocken. Anhand der Funde ermitteln sie, welche Insekten in welchen Regionen weiterhin gefunden werden und wie viele Insekten in einer gewissen Zeit in die Falle tappen. Durch eine jeweils breit angelegte Feldstudie seien die Ergebnisse repräsentativ.

Warum sterben die Insekten?

Die große Preisfrage für die Forschung ist natürlich: Warum sterben die Insekten überhaupt und wie kann die Tendenz umgekehrt werden? Zumindest einige Antworten gibt es bereits.

Laut den derzeitigen Forschungsergebnissen, die unter anderem das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz teilte, sei der flächendeckende Einsatz von Pestiziden ein zentrales Element. Aber auch auch die Luftverschmutzung und die Eutrophierung seien Faktoren, die den Trend begünstigen.

Insektensterben könne, so das Ministerium, eingedämmt werden, wenn ausreichender Lebensraum in ausreichender Qualität vorhanden sei. Dennoch betont die Behörde auch, dass die Forschungen zwar nicht abgeschlossen sei, diese Ergebnisse seien jedoch gesichert.

Maßnahmen gegen Insektensterben

Die Maßnahmen gegen das Insektensterben zielen im Endeffekt auf das Schaffen neuer Lebensräume ab. Der Naturschutzbund (NABU) verweist beispielsweise darauf, dass selbst ein jeder Gartenbesitzer etwas für die Arten- und Insektenvielfalt tun könne. Unter anderem seien unberührte, grüne Wildwiesen ein Mittel.

Aber der Naturschutzbund postuliert zugleich einen bewussteren Einsatz an Pestiziden. Es müssten neue gesetzliche Rahmen her, die auf eine nachhaltigere Landwirtschaft setzen. Das sei ebenfalls essentiell.

Ohne Anspruch auf eine abschließende Liste existiert außerdem eine sogenannte rote Liste. Auf dieser werden alle vom Aussterben bedrohte Tierarten erfasst. Einziges Problem beim Insektensterben: Aufgrund des hohen Anteils nicht bekannter Arten können nicht alle Insekten geschützt werden.

Darum tangiert das Insektensterben den Menschen

Das häufigste Argument zum Schutz der Insekten ist die Bestäubung. Wir Menschen benötigen Bienen und andere Insekten, um unsere Pflanzen zu befruchten. Insofern tragen die fleißigen Tiere auch indirekt zu unserem Nahrungsmittelangebot bei.

Für Mark Benecke geht diese Perspektive aber zu kurz. Seiner Ansicht nach existierten "Fantastilliarden" von Verknotungen im Lebens-Netzwerk der Natur. Insekten würden eine Vielzahl von Funktionen erfüllen. Unter anderem das Aussterben anderer Tiere (zum Beispiel Singvögel) sei in eine direkte Korrelation mit dem Insektensterben zu bringen.

Ist der Trend überhaupt noch zu stoppen?

Zu guter Letzt ist die große Preisfrage beim Insektensterben, ob der Trend noch zu stoppen ist. Für die aktuelle Forschung ist jedenfalls klar: Wenn, dann funktioniert es lediglich, wenn möglichst viele Parteien an einem Strang ziehen. Wirtschaft, Politik und Gesellschaft müssen Möglichkeiten ergreifen, um dem Trend entgegenzuwirken.

Für Mark Benecke ist außerdem klar: Das Insektensterben muss insbesondere auch als soziales Problem begriffen werden. Ein natürlicher, alltäglicher Umgang mit Insekten sei ein wichtiges Mittel. Unter anderem müssten Verbraucher natürlicher agieren, ihre Gärten nachhaltiger gestalten und auf Pestizide zum Schutz vor vermeintlich lästigem Ungeziefer verzichten.

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