Von Elvis bis Aretha: Der Sound aus Memphis klingt bis heute nach
2013 nahm der israelische Gitarrist Ori Naftaly an der International Blues Challenge in Memphis, Tennessee, teil.
„Natürlich war ich von Memphis begeistert! Es ist die Geburtsstätte des Rock 'n' Roll, des Blues und von allem, was cool ist."
Der Grundstein für Naftalys Liebe zu Memphis wurde früh gelegt, in Israel. Er wuchs auf mit den abgenudelten Kassetten seines Vaters, mit den Musikern des Plattenlabels Stax Records aus Memphis.
Heute ist Naftaly in Memphis erfolgreich - als Gitarrist der Gruppe Southern Avenue. Er lebt seinen Kindheitstraum.
„Mit sechs Jahren bin ich mit dem Memphis-Sound in Berührung gekommen, ich fühlte mich von diesem Beat und dem Gefühl der Musik angezogen", sagt Naftaly.
"Das hier ist echt, authentisch .. deshalb bin ich hierher gezogen.“
Aber was ist es denn nun, das den Musiker um die halbe Welt nach Memphis gelockt hat?
Die Wurzeln des Memphis-Sounds
Memphis liegt am Mississippi, auf einer Anhöhe über den Überschwemmungsgebieten des südlichen Deltas, und seit 200 Jahren mischen sich in der ist die Stadt die Kulturen.
In den 1800er Jahren kam die von Sklaven geerntete Baumwolle aus dem landwirtschaftlich geprägten Süden, und die Händler des industriell geprägten Norden machten die Stadt zu einem Schmelztiegel, der Musikrichtungen hervorbrachte, die die ganze Welt beeinflussten.
Vor dem Ersten Weltkrieg entstand der Memphis Blues, Musiker wie Furry Lewis und Memphis Minnie erreichten ein Publikum in ganz Amerika. Der ganz große Boom der Musik aus Memphis aber begann nach dem Zweiten Weltkrieg, die Musikszene der Stadt kam richtig in Schwung.
Die Stadt liegt im damals rassistisch geprägten amerikanischen Süden, und es brauchte mehr als hundert Jahre zwischen der Abschaffung der Sklaverei bis zu den ersten Gleichstellungsgesetzen. Nur in der Musik aus Memphis spielten Rassengrenzen – fast – keine Rolle.
In der Beale Street im Zentrum von Memphis machten haufenweise Bluesclubs und Bars auf. 1954 wurde Elvis Presley, der berühmteste Star von Memphis, von Sun Records unter Vertrag genommen.
Als die überwiegend weißen Country-Musiker und die afroamerikanischen Gospelsänger in Memphis zusammenfanden, entstanden neue Genres wie Rock'n'Roll, Soul und Rhythm and Blues (RnB). So entstand der legendäre Memphis-Sound, der Jahrzehnte später auch Naftaly anzog.
Stax Records: Barrieren niederreißen
Ohne Stax Records wäre der Sound von Memphis undenkbar. Das Plattenlabel produzierte den Soul, der ein ganzes Jahrzehnt prägte.
Es begann in einer Garage in North Memphis, 1957 gründete der Fiddle-Spieler Jim Stewart das Label. 1959 kam der Umzug in die Innenstadt, ins Capitol Theatre.
Zu Beginn der 1960er Jahre hatte Stax einen seiner ersten Hits mit „Last Night", einem Instrumentalstück der lokalen, gemischtrassischen Gruppe The Mar-Keys.
Viele der anderen Gruppen von Stax wie Booker T. and the M.G.'s waren ebenfalls gemischt. Das Plattenlabel zeichnete sich dadurch aus, dass es soziale Grenzen überschritt und unterschiedliche Gemeinschaften durch die Liebe zur Musik zusammenbrachte.
Die Musik von Stax wurde nicht von allen geliebt
"Die ganze Musik, die von Stax kam, galt in den 1960er Jahren als Rassenmusik", sagt Tim Sampson, der Kommunikationsdirektor der Soulsville Foundation, der gemeinnützigen Organisation, die das Stax Museum of American Soul Music in Memphis betreibt.
Stax veröffentlichte zahllose Künstler wie Otis Redding, The Staple Singers und Albert King, aber es lief nicht immer glatt für das Label.
1968 verlor Stax seine Rechte an der Musikbibliothek. Um das Label wieder aufzubauen, fand eine zweimonatige Aufnahmesession mit dem Namen „Soul Explosion" statt. Danach wurde Stax zum Opfer seines eigenen Erfolgs. Das Wattstax-Konzert 1965 nach dem Marsch auf Washington für Jobs und Freiheit brachte so viele Afroamerikaner zusammen, dass das Label die Aufmerksamkeit der Regierung auf sich zog.
"Die Leute fingen an, Stax als Teil „Black-Power“ Bewegung zu sehen", so Sampson.
In den folgenden politischen und finanziellen Auseinandersetzungen wurde Stax in den Konkurs getrieben, aber die Musik und und die Ablehnung der Politik der Rassentrennung haben nie ihren Einfluss verloren. Das Museum, für das Sampson arbeitet, betreibt heute eine Musikschule und Akademie für benachteiligte Kinder in Memphis.
Die Musikszene in Memphis heute
Die Ursprünge des Memphis-sound sind in der heutigen Musikszene allgegenwärtig.
Natürlich ist Elvis nach wie vor populär, aber auch Led Zeppelin, Jimi Hendrix und sogar die Rolling Stones haben Verbindungen zu dieser Stadt.
Das Erbe von Stax wird in dem Museum bewahrt, das Sampson auf einem verlassenen Parkplatz mit aufgebaut hat. Aber die Musik ist nicht einfach Geschichte geworden. RnB-Künstler wie Salt 'N' Pepa und En Vogue haben Stax-Künstlern gesampelt.
"Wir sehen, dass Stax-Musiker Geld von Künstlern bekommen, die ihre Arbeit gesampelt haben - Geld, mit dem sie nie gerechnet hätten, und das kann eine Menge sein", sagt Sampson.
Neben dem zeitgenössischen RnB verdankt auch das Nu-Soul Genre der Stadt viel, Künstler wie Drake und Frank Ocean sind Erben des Sound, der aus der Stadt in Tennessee kam.
Inzwischen ist die Beale Street nach wie vor ein Muss für Musikliebhaber, die dort Live-Musik-Locations wie B.B. King's Blues Bar, Rum Boogie und Bar DKDC besuchen können, wo Naftaly, der 2017 unter Vertrag genommen wurde.
"Die Musikszene in Memphis blüht", so Naftaly.