ESC 2018: Michael Schulte vertritt Deutschland in Lissabon

Langeweile und Pimmelwitze – ARD vergeigt ESC-Vorentscheid. In diesem Jahr wurden mit der Hilfe internationaler Experten sechs Acts ausgewählt, die den europäischen Geschmack perfekt treffen sollen. Am Ende gewann Michael Schulte mit “You Let Me Walk Alone” .

So sehen Sieger aus: Michael Schulte singt für Deutschland in Lissabon. Foto: NDR/Kai Marks
So sehen Sieger aus: Michael Schulte singt für Deutschland in Lissabon. Foto: NDR/Kai Marks

Die vergangenen Jahre waren ja nicht so erfolgreich für die deutschen Künstler beim Eurovision Song Contest (ESC). 2015 letzter, 2016 letzter, 2017 vorletzter. Im Vorfeld des diesjährigen Vorentscheids übten sich die Verantwortlichen in Selbstkritik: „Wir wollten es möglicherweise immer allen recht machen und haben uns oft für Kompromisse entschieden, was letztlich zu eher durchschnittlichen Musikbeiträgen geführt hat“, sagte der deutsche ESC-Delegationsleiters Christoph Pellander.

Mit Hilfe internationaler Experten wurden nun sechs Acts ausgewählt, die den europäischen Geschmack perfekt treffen sollen: Ivy Quainoo, Xavier Darcy, Ryk, Natia Todua, Michael Schulte und Voxxclub.

Am Ende wählten Jury und Zuschauer Michael Schulte, der das Lied „You Let Me Walk Alone” über seinen vor 13 Jahren verstorbenen Vater präsentierte. Eins ist klar: Schulte kann singen. Kein Wunder. Der 27-Jährige aus Buxtehude ist Profi. 2012 erreichte er den dritten Platz bei „The Voice of Germany”. Sieben Alben hat er bislang veröffentlicht. Sein YouTube-Kanal hat über 200.000 Abonnenten, nebenbei führt er eine eigene Plattenfirma.

Das Problem: Seine Ballade, so toll er singt, sticht kaum heraus aus der Masse der Popsongs. Man hört das Lied und – vergisst das Lied. Einigen Zuschauer fiel auf, dass Schultes Song erstaunlich an Adeles „Someone Like You“ erinnert. Damit stürmte die britische Sängerin 2011 die Charts. Ob kopiert oder nicht – bei Schulte fehlt der Aha-Effekt.

Vielleicht wäre die sympathische Natia Todua die bessere Wahl gewesen. Ihren Song „My Own Way” performte die 21-jährige gebürtige Georgierin mit den Dreadlocks mit einer beeindruckenden Stimme. Leider votierten für sie die wenigsten Popfans. Was solls. Jetzt drücken wir die Daumen für Michael Schulte.

Wäre auch eine würdige Kandidatin gewesen: Natia Todua. Foto: NDR/Nikolaj Georgiew
Wäre auch eine würdige Kandidatin gewesen: Natia Todua. Foto: NDR/Nikolaj Georgiew

Getrübt wurde die Show vom seltsamen Moderatorenpärchen. Wer zum Teufel in der ARD hatte die Idee, Stefan Raabs ehemaligen Humorpraktikanten Elton und Nachrichtensprecherin Linda Zervakis ans Mikrofon zu lassen? Mit Blick auf die Bühne sagte Zervakis: „Wir stehen auf einer Bühne mit einem Riesen-Pimmel. Tatsächlich erinnerte die Bühne an ein Genital. Soll das lustig sein? Oder gab es niemanden im Ersten, dem diese pubertäre Bühnengestaltung aufgefallen ist? Elton jedenfalls freute sich wie Bolle und dichtete: “Unser Glied für Lissabon.” Gähn.

Linda Zervakis und Elton moderierten den ESC-Vorentscheid. NDR/Thorsten Jander,
Linda Zervakis und Elton moderierten den ESC-Vorentscheid. NDR/Thorsten Jander,

Sicher ist: Ihr Niveau hielten Elton und Zervakis durch bis zum Schluss. Elton sagte zu Zervakis: „Du hast wunderschöne Beine.” Zervakis antwortete: „Und du hast einen dicken Hals.” Das ist öffentlich-rechtlicher Humor Anno 2018.

Wie geht es weiter? Am 8. Mai ist das erste Halbfinale, einen Tag später folgt das zweite Halbfinale und am 12. Mai treten die Finalisten in der Lissabonner Altive Arena gegeneinander an. (fb)