Europol: Zunehmendes Angebot bedroht Kampf der EU gegen illegalen Drogenmarkt
Laut dem EU-Drogenmarktbericht 2024 werden immer mehr verschiedene Arten von Drogen verfügbar und viele von ihnen sind von höherer Qualität. In dem von der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) und Europol erstellten Dokument heißt es, dies gehe einher mit einer erhöhten Effizienz beim Transport und einer "bemerkenswerten Widerstandsfähigkeit gegenüber globalen Krisen, Instabilität und bedeutenden politischen und wirtschaftlichen Veränderungen".
Dies stellt jedoch auch eine Gefahr für die Prävention dar. Bei der belgischen Vereinigung Infor Drogues & Addictions gehen jährlich 2 000 Anrufe von Konsumenten und Familienangehörigen ein, die sich Sorgen über eine mögliche Abhängigkeit machen. Obwohl sie sich mit allen Arten von Drogen befassen, erklärt ihre Kommunikationsbeauftragte, Fanny Bétermier, dass die meisten Anfragen mit Marihuana zu tun haben.
In den meisten EU-Ländern ist der Cannabiskonsum illegal. Deutschland hat sich jedoch kürzlich für die Legalisierung von Cannabis für den Freizeitkonsum entschieden. Dies könnte sich nach Ansicht der Beratungsstelle positiv auf die Prävention auswirken. "Es wäre viel einfacher, die Risiken für die Allgemeinheit zu reduzieren ", sagt Bétermier. "Die Menschen würden sich leichter an uns wenden, weil sie sich nicht mehr schämen würden, zuzugeben, dass sie ein Problem haben, weil sie eine illegale Droge konsumieren", erklärt sie.
Für den Direktor der EBDD, Alexis Goosdeel, sind die "tatsächlichen Auswirkungen" dieser Maßnahmen jedoch noch unbekannt. In einem Interview mit Euronews räumt Goosdeel ein, dass mit diesen Strategien "versucht wird, den Zugang krimineller Organisationen zum Cannabismarkt zu beschneiden", glaubt aber, dass "die Länder ihre Politik und Strategien anpassen müssen".
Nicht alle EU-Länder haben freizügige Gesetze zu Marihuana. Bislang ist Malta das einzige Land, das den Konsum legalisiert hat. Aber auch Luxemburg, Spanien, Portugal und die Niederlande erlauben oder tolerieren den privaten Konsum.
Ein von Cannabis und Kokain beherrschter Markt
Der Gesamtwert des europäischen Drogenmarktes beläuft sich auf 31 Milliarden Euro. Nach den Daten des Berichts ist Cannabis die Droge mit dem größten Marktanteil. Mit einem Anteil von 39 Prozent am Gesamtwert und 12,1 Milliarden Euro ist Cannabis die am häufigsten konsumierte illegale Substanz in der Europäischen Union. Dem Europäischen Drogenbericht 2023 zufolge haben 8 Prozent der erwachsenen Europäer:innen im vergangenen Jahr Marihuana konsumiert. 1,3 Prozent der Europäer:innen tuen dies täglich.
Der größte Teil des in der EU konsumierten Cannabis wird in Spanien hergestellt. Die Analyse der EBDD und von Europol weist auf die erheblichen Umweltauswirkungen durch den Energie- und Wasserverbrauch sowie die chemische Verschmutzung hin.
Der Konsum von Cannabis wird dicht gefolgt von dem von Kokain mit einem Anteil von 37 Prozent am Gesamtkonsum und 11,6 Milliarden Euro. Der Analyse zufolge ist der Markt für den Kokainkonsum jedoch "im Steigen begriffen", was möglicherweise durch "die beispiellose Verfügbarkeit von preiswertem, hochreinem Kokain" beeinflusst wird.
Darüber hinaus könnte sich die Rolle der EU, die traditionell der Ankunftsort für Kokain war, weltweit verändern. Dem Papier zufolge zeigt sich dies darin, dass "die EU zunehmend als Transitpunkt für Kokainlieferungen in andere Regionen genutzt wird". EU-Länder werden aber wohl auch als Labor für einige der Produktionsstufen des Kokains genutzt.
Zunahme der drogenbedingten Gewalt
Je mehr Drogen zur Verfügung stehen, desto stärker ist der Wettbewerb zwischen den Drogenhändlern , die ihre Produkte auf den Markt bringen wollen. Dies kann für die Bürger:innen gefährlich sein. "Die Zunahme der drogenbedingten Gewalt ist in ganz Europa zu beobachten", erklärt Goosdeel.
"Es besteht ein enormer Druck auf die verschiedenen Akteure auf dem illegalen Drogenmarkt", sagt er. Aber die Situation ist nicht neu. "Drogenbedingte Gewalt begann langsam aber sicher vor 10 bis 15 Jahren im Zusammenhang mit dem Cannabismarkt in Europa", so Goosdeel.
Nach Angaben der EBDD und von Europol ist der illegale Drogenmarkt sowohl mit dem Waffenhandel als auch mit der Geldwäsche eng verflochten. "Die Tatsache, dass es mehr Gruppen gibt, die um denselben Markt konkurrieren, und die Verflechtung des Drogenmarktes mit dem Waffenhandel spiegelt sich in der Tatsache wider, dass auf den Straßen von Antwerpen oder Amsterdam jetzt Menschen mit Kalaschnikows unterwegs sind", erklärt Goosdeel.
Diese Zunahme der Gewalt ist auch in Belgien zu beobachten. In den letzten Monaten hat die Gewalt im Zusammenhang mit Drogen auch hier zugenommen, und allein im Februar gab es in Brüssel etwa 10 Schießereien, von denen eine tödlich endete.