Ex-Deutsche-Bank-Chef Ackermann kritisiert Deutschland: "Leistungsbereitschaft hat abgenommen"
Der ehemalige Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hat seine Memoiren geschrieben. In der ARD-Talkshow "Maischberger" blickte der ehemalige Wirtschaftsboss auf sein Leben und auf die Wirtschaftsentwicklung Deutschlands.
Bekannt wurde er wegen einer Victory-Geste: der ehemalige Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Das war vor gut 20 Jahren, am 20. Januar 2004 vor dem Landgericht Düsseldorf. Vier Jahre zuvor war das Unternehmen Mannesmann von Vodafone übernommen worden. Damals begann das Verfahren wegen Millionenzahlungen an das Mannesmann-Management. Im Rahmen dessen hob der wegen Untreue angeklagte Ackermann die Hand, machte das Victory-Zeichen, fletschte die Zähne. Oliver Berg, Fotograf bei der Deutschen Presseagentur, drückt auf den Auslöser seiner Kamera. Das Foto wurde zum Sinnbild für die Arroganz der deutschen Wirtschaftsgrößen. Am Dienstagabend war Josef Ackermann Gast in der ARD-Sendung Maischberger. Er hat seine Memoiren geschrieben. "Mein Weg", so heißt das Buch.
Ob er in den Jahren seiner Karriere die Bodenhaftung verloren habe, wollte Moderatorin Sandra Maischberger als erstes wissen. Ackermann gab zu: "Wenn man Karriere macht und die Erwartungshaltung sich ändert, dann verliert man einen Teil der Bodenhaftung. Dann ist es ganz wichtig, dass einen die Familie und die Freunde immer wieder zurückholen", so Ackermann. Als er Chef der Deutschen Bank geworden sei, da sei er am Anfang etwas schüchtern gewesen. Doch er sei in seine Aufgaben hineingewachsen. "Aber was den persönlichen Lebensstil anbetrifft, habe ich beinahe nie die Bodenhaftung verloren."
Ackermann: "Putin ist sehr intelligent"
Ackermann kommt im Februar 1948 im Schweizer Kanton St. Gallen zur Welt. Ab 2002 ist er der 18. Vorstandssprecher, von 2006 bis 2012 der alleinige Vorstandssprecher der Deutschen Bank. Er habe viele Fehler gemacht, aber er habe auch dafür gesorgt, dass die wichtigste Bank Deutschlands hohe Gewinne erzielt habe - die jedoch zum größten Teil wegen diverser Strafzahlungen wieder flöten gingen. Ackermann galt lange als der meistgehasste Wirtschaftsboss in Deutschland, entwickelte sich jedoch dann zu deren Hoffnungsträger und Vordenker.
Über seine Fehler spricht er nicht gerne. Das könne man alles in seinem Buch nachlesen. Aber an einigen besonderen Ereignissen in seinem Leben lässt er die Zuschauer dann doch teilhaben. So habe er den russischen Präsidenten Wladimir Putin getroffen. Der habe ihm sogar einen Job angeboten, als Verwaltungsratsvorsitzender seines Staatsfonds. Das habe er dann aber abgelehnt. "Putin war sehr gut informiert und sehr intelligent", damals habe man ein "gemeinsames Haus Europa" aufbauen wollen, den Dialog mit Russland gepflegt, Russland geholfen. Am Wohlstand seines Volkes sei Putin nicht interessiert gewesen, so Ackermann. "Wir haben immer machtpolitisch debattiert." Für den brutalen russischen Angriff auf die Ukraine habe er selbstverständlich kein Verständnis.
Ackermann: "Habe keine Aktien von der Deutschen Bank"
Deutschland habe sich in den letzten Jahren verändert, stellt der ehemalige Banker fest. "Die Leistungsbereitschaft hat abgenommen", sagt Ackermann. Er habe im Fernsehen "eine Dame" gesehen, die von einer 20- oder 30-Stunden-Woche gesprochen habe. "Da muss ich sagen: Da fehlt irgendetwas. Ich habe Deutschland kennengelernt, als ich hierherkam, dass die jungen Menschen unglaublich einsatzfähig waren. Und das ist etwas verloren gegangen. Man versucht gar, Fürsorge vom Staat zu bekommen. Und da müssen wir, glaube ich, umdenken."
Die aktuellen Schwierigkeiten der Ampelkoalition kann Ackermann verstehen. Zum einen sei die Ampel mit den unterschiedlichen Interessen der Parteien ein sehr schwierig zu führendes Gebilde. Zum anderen stehe Deutschland vor epochalen Herausforderungen. Um sie zu finanzieren, brauche es mehr Wirtschaftswachstum. "Nur mit mehr Wirtschaftswachstum können wir mehr Erträge generieren und damit die Kosten finanzieren, die wir haben. Ackermann selbst investiert in Start-ups und in Immobilien. Und er besitzt Aktien. "Aber keine von der Deutschen Bank", grinste er.