Extrabillig zum Breitscheidplatz: Opfer und Angehörige empört über Einladung zur Gedenkfeier

Gäste der Gedenkfeier am Breitscheidplatz müssen den Bus nehmen. (Bild: dpa)
Gäste der Gedenkfeier am Breitscheidplatz müssen den Bus nehmen. (Bild: dpa)

Die Einladung zur Gedenkfeier auf dem Berliner Breitscheidplatz sorgt für Empörung. Opfer und Betroffene des Terroranschlags auf dem Weihnachtsmart kritisieren unsensible Behördenvorgaben. Unter anderem hieß es: „Taxikosten werden nicht erstattet!“ Ein Betroffener klagt: „Sie wollen nur Geld sparen.“

Die Gedenkfeier zum ersten Jahrestag des Terroranschlags ist für die Opfer und ihre Angehörigen ein schmerzhafter Termin. Die Einladung zur Veranstaltung empfanden sie deshalb als besonders verletzend. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte sich zwar mit einfühlsamen Worten an die Betroffenen des Attentats auf den Weihnachtsmarkt am 19. Dezember 2016 gewendet – der Anhang des Schreibens sorgte trotzdem für Empörung.

Die „Bild“ veröffentlichte den am 8. November verschickten Brief in Auszügen. Im Behördenton hieß es da: „Bitte beachten! Hinweise zur An- und Abreise sowie Unterkunft“. Die Gäste wurden angehalten, „immer das preislich günstigste Verkehrsmittel zu wählen“. Die Anreisekosten würden nur für Bahnreisen der 2. Klasse oder Flüge in der Economy Class übernommen. Nicht erstattet bekommen Opfer und Hinterbliebene hingegen eine Taxifahrt vom Bahnhof oder Flughafen zum Breitscheidplatz. „Taxikosten werden nicht erstattet!“, stellte Müllers Büro klar und unterstrich diesen Punkt durch fett gedruckte Buchstaben.

Die Abrechnung der Fahrtkosten mit dem eigenen Auto erinnerte zudem an die Einreichung einer Dienstfahrt. „Bei Anreise mit einem privaten Pkw nach Berlin werden Ihnen 0,20 Euro pro Kilometer erstattet“, hieß es in dem Anhang. Laut „Bild“ darf die Autofahrt zudem nicht teurer werden als die Anreise per Bahn oder Flugzeug.

Attentäter Anis Amri raste mit einem Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt. (Bild: Reuters)
Attentäter Anis Amri raste mit einem Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt. (Bild: Reuters)

Einige der Betroffenen empfanden diese Einladung dem Zeitungsbericht zufolge als Schlag ins Gesicht. Ein Schwager der ermordeten Israelin Dalia Elyakim sagte laut „Bild“: „Sie wollten nur Geld sparen, alles war sehr kalt. Sie haben nicht versucht, uns zuzuhören oder unsere Bedürfnisse zu verstehen. Die Behörden haben mit ihrem Verhalten noch zu unserem Schmerz beigetragen.“ Eine Verletzte klagte: „Gerade jetzt, wo sich herausstellt, dass die Behörden und somit der Staat eklatante Fehler gemacht haben, eine Mitschuld tragen, hätte ich mehr Großzügigkeit erwartet.“

Senatssprecherin Claudia Sünder betonte auf „Bild“-Anfrage, die Vorgaben seien „haushalts- und verwaltungsrechtlich notwendig, da die Senatskanzlei sich an die Vorgaben ordnungsgemäßen Wirtschaftens halten“ müsse. Sie räumte aber ein, dass das Formular „zugegeben sehr sachlich“ ausgefallen sei. „Den dadurch möglicherweise entstehenden Eindruck bedauere ich. Die Familien und Angehörigen werden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei Bedarf in allen Fragen bestmöglich unterstützt.“

Bei der Gedenkveranstaltung am Dienstagmittag wird an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Nähe des Bahnhofs Zoo ein Denkmal für die Opfer eingeweiht. Auf der Gästeliste stehen neben den Hinterbliebenen, Verletzten und Angehörigen unter anderen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Bei dem Anschlag starben elf Menschen, fast 100 Besucher wurden verletzt.

Im Video: Merkel besucht Breitscheidplatz