Tote bei extremen Unwettern in Griechenland und der Türkei

Wegen der schweren Unwetter und sintflutartigen Regenfälle in Mittelgriechenland sind die Menschen in den besonders stark betroffenen Städten und Regionen aufgefordert worden, ihre Wohnungen und Häuser nicht zu verlassen. Auch andere südeuropäische Länder sind betroffen.

In vielen Städten Mittelgriechenlands herrscht wortwörtlich landunter. (Bild: George Kidonas/InTime News/AP/dpa)
In vielen Städten Mittelgriechenlands herrscht wortwörtlich landunter. (Bild: George Kidonas/InTime News/AP/dpa)

Die gewaltigen Wassermassen haben zwei Menschenleben gefordert und in der Region Thessalien samt der Hafenstadt Volos zu großen Schäden geführt. Neben Regionen am Mittelmeer sind auch einige Balkanstaaten von Unwettern betroffen. Ein Überblick:

Wie ist die Situation in den betroffenen Gebieten?

Dramatisch - vor allem in der Hafenstadt Volos, wo das Wasser in manchen Straßen fast bis zu den Dächern geparkter Wagen reichte. Autos wurden von den Wassermassen ins Meer gespült, Keller und Ladengeschäfte liefen voll. Außerdem fiel vielerorts immer wieder der Strom aus. Das Handynetz und das Internet waren ebenfalls betroffen und funktionierten zum Teil nur eingeschränkt oder gar nicht. Am Flughafen der Insel Skiathos saßen mehrere Hundert Menschen fest, weil die Flieger gestrichen wurden, wie der Sender "Skai" berichtete.

So starker Regen Anfang September - ist das normal?

Nein. Zwar herrschte zunächst vielerorts Erleichterung, als der Regen einsetzte - nach Monaten mit hoher Waldbrandgefahr im Land. Aber solche sintflutartigen Regenfälle gibt es sonst nicht einmal in den regenreicheren Wintermonaten.

Was sagen die Meteorologen?

Sturmtief "Daniel" hat Griechenland nach Angaben der Wetterbehörde EMY Rekord-Niederschlagsmengen beschert. Die Regenwassermengen, die am Dienstag über der Region Thessalien in Mittelgriechenland niedergingen, seien die größten, die jemals im Land gefallen seien, seit die betreffenden Daten erhoben würden, berichtete am Mittwoch die Tageszeitung "Kathimerini" unter Berufung auf die Behörde. Rekordhalter war demnach die Ortschaft Zagora, wo am Dienstag von Mitternacht bis 20.45 Uhr 754 Millimeter Regen je Quadratmeter fielen - das entspricht 754 Tonnen je 1000 Quadratmeter.

Den bisherigen Rekord hielt nach Angaben des Nationalen Observatoriums in Athen bislang der Ort Makrinitsa, der ebenfalls in der Region liegt. Damals betrug die Niederschlagsmenge am 10. Dezember 2009 allerdings nur etwas mehr als die Hälfte des neuen Rekords, nämlich 417 Millimeter pro Quadratmeter. "Was in (der Region) Magnisia passiert, ist ein äußerst extremes Phänomen, sowohl was die Menge und Intensität der Niederschläge als auch ihre Dauer angeht", sagte Chefmeteorologe Kostas Lagouvardos der Zeitung. Lagouvardos vermutet, dass die aktuell relativ hohen Temperaturen des Meeres dazu beigetragen haben könnten. "Es handelt sich um ein statisches System, das ständig mit feuchter Meeresluft versorgt wird, wodurch es ständig an derselben Stelle regnet", sagte er.

Wie reagiert der Staat?

Schon seit Montag dröhnen bei vielen Menschen in den betroffenen Regionen immer wieder die Smartphones mit einem unangenehmen lauten Warnton: Das sind dann Mitteilungen des Zivilschutzes, der per SMS über die Gefahren informiert und dazu aufruft, man solle zu Hause bleiben oder dürfe in bestimmten Gebieten nicht Auto fahren. Diese Taktik scheint aufzugehen - trotz der schweren Regenfälle jetzt gibt es bislang nur zwei Tote. Medienberichten zufolge wurde der Mann von einer Mauer erschlagen, die wegen der Regenmassen einbrach. Am Mittwoch barg die Feuerwehr zudem die Leiche einer älteren Frau im Dorf Paltsi auf dem Berg Pilion im Osten der Hafenstadt Volos, wie der Sender "ERTnews" berichtete.

Auch wird noch ein Mensch vermisst. Eine vorläufige Bilanz möglicher Verletzter oder Todesopfer könne noch nicht gezogen werden, sagte Efthymios Lekkas, Geologieprofessor an der Universität Athen. Zahlreiche Dörfer in den von Unwettern betroffenen Regionen konnten wegen Erdrutschen nicht erreicht werden und hatten teils auch keinen Strom, kein Handynetz und kein Internet.

Polizei und Feuerwehr sind im Dauereinsatz, und Bürgerschutzminister Vassilis Kikilias appelliert immer wieder, die Menschen sollten den Anweisungen der Behörden unbedingt Folge leisten.

Beachten die Bürger die Warnungen?

Manchen ist nicht klar, wie gefährlich solche Regenmassen sein können. Am Dienstag zeigten griechische Medien den Bürgermeister von Volos, Achilleas Mpeos, der mitten auf der Straße stand und versuchte, die Leute in ihren Autos davon abzuhalten, herumzufahren. "Das ist doch verrückt, wo fahrt ihr hin?", rief er verzweifelt. "Hier können die Rettungsfahrzeuge nicht durch!" Immer wieder müssen Menschen gerettet werden, die in ihren Autos eingeschlossen sind, weil die Straßen sich in reißende Flüsse verwandelt haben. Dennoch: Insgesamt werden die Warnungen ernst genommen, die Menschen bleiben zu Hause.

Wie sind die Aussichten?

Nicht gut: Vor allem in den Morgenstunden des Mittwochs solle Sturmtief "Daniel" wieder an Fahrt aufnehmen, warnte der Zivilschutz. Und selbst am Donnerstagmorgen soll es noch stark regnen, gewittern und stürmen - gerade dort, wo es bisher schon so schlimm war, nämlich in Thessalien. Erst am Freitag soll sich das Wetter beruhigen.

Ist von dem Sturmtief nur Griechenland betroffen?

Nein, auch wenn es dort am stärksten wütet. Starkregen und schwere Gewitter gab es auch in Bulgarien und im Westen der Türkei.

In Bulgarien ist ein drittes Todesopfer des Unwetters und der Überschwemmungen an der Schwarzmeerküste gefunden worden. Grenzpolizisten fanden am Mittwoch im Meer im Raum Zarewo die Leiche eines Mannes, wie die bulgarische Polizei mitteilte.

Bereits am Dienstag war der leblose Körper eines 61 Jahre alten Mannes gefunden worden, der laut Behörden in Zarewo am Schwarzen Meer gerade ein Haus repariert hatte, als die Flutwelle eintraf. Die Leiche einer Frau wurde ebenfalls am Dienstag in derselben Gegend ans Land gespült, dann aber schnell wieder zurück ins Meer geschleudert. Nach dem sintflutartigen Starkregen wurden in Zarewo zudem zwei Frauen - Mutter und Tochter - vermisst, wie der Krisenstab mitteilte.

Die Flutkatastrophe an der südlichen Schwarzmeerküste Bulgariens wurde am Dienstag nach Angaben der Meteorologen durch enorme Regenmengen verursacht: Es fielen bis zu 330 Liter Regen pro Quadratmeter und damit so viel, wie normalerweise im ganzen Sommer. Der Fluss Wereka und andere traten über die Ufer. Kleine Bäche wurden zu reißenden Strömen. Brücken wurden von den Wassermassen mitgerissen und Straßen stark beschädigt.

(deutsch: EIL: Starke Überschwemmungen werden im Istanbuler Stadtteil Başakşehir, Türkei, gemeldet, nachdem bei einem Unwetter 130mm Regen in nur einer Stunde herunterkamen.)

Bei Überschwemmungen nach heftigen Regenfällen sind in der türkischen Millionenmetropole Istanbul mindestens zwei Menschen ums Leben gekommen. Mehrere seien verletzt worden, sagte Innenminister Ali Yerlikaya. Am Vorabend war es in Istanbul zu sturzartigen Regenfällen in zwei Bezirken im Norden der Stadt gekommen. Straßen verwandelten sich in reißende Flüsse und Autos wurden von den Fluten weggespült, wie Bilder zeigten.

Unterdessen erhöhte sich die Opferzahl nach Unwettern nahe der griechischen Grenze auf vier. In der Provinz Kirklareli war es am Dienstagnachmittag ebenfalls zu Überschwemmungen aufgrund von Starkregen gekommen.

Der Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu sagte, aus einer Stadtbücherei seien mehrere Menschen in Sicherheit gebracht worden, nachdem Wasser in das Gebäude eingedrungen war. Er betonte, dass die Türkei sich als Folge des Klimawandels auf weitere Extremwetterereignisse einstellen müsse. Die starken Regenfälle folgen auf einen trockenen Sommer mit Hitzerekorden in der Türkei. Die Wasserreservoirs der 16-Millionen-Metropole Istanbul befinden sich auf dem niedrigesten Stand seit dem Vergleichszeitraum in 2014.

Im Video: Schwere Unwetter und sintflutartige Regenfälle im Süden Europas