Fahrgemeinschaft wider Willen: Das sind die Kino-Highlights der Woche

"791 km" erzählt mit prominenter Besetzung von einer ziemlich verrückten Taxifahrt. Von links: Lena Urzendowsky, Joachim Król, Nilam Farooq, Ben Münchow und Iris Berben. (Bild: Pantaleon Films/ProU Producers United Film)
"791 km" erzählt mit prominenter Besetzung von einer ziemlich verrückten Taxifahrt. Von links: Lena Urzendowsky, Joachim Król, Nilam Farooq, Ben Münchow und Iris Berben. (Bild: Pantaleon Films/ProU Producers United Film)

"Eileen" mit Oscargewinnerin Anne Hathaway, John Woos Hollywood-Comeback "Silent Night" und "791 km", ein prominent besetzter Roadtrip zwischen München und Hamburg: Das sind die Kino-Neustarts am 14. Dezember.

"Ein Sturm und schon kackt alles ab. Ist doch krass, oder?" Philipp (Ben Münchow) reagiert noch halbwegs amüsiert auf diesen Nichts-geht-mehr-Moment in München. Er muss ja auch nicht am nächsten Morgen um 9 Uhr in Hamburg sein für einen wichtigen Businesstermin, so wie seine dauergestresste Freundin, die Startup-Unternehmerin Tiana (Nilam Farooq). Ein paar Minuten später sitzen die beiden in einem Taxi. Sie haben Glück gehabt, noch eines zu bekommen in dieser Sturmnacht, in der keine Züge mehr fahren und keine Flieger mehr fliegen. Aber sie bleiben nicht alleine. "791 km" auf engstem Raum mit ein paar Fremden und einem mürrischen Fahrer, da ist von Beginn an klar: "Das wird eine lange Fahrt".

Außerdem neu im Kino: eine Verfilmung des preisgekrönten US-Bestsellers "Eileen" mit Anne Hathaway und "Silent Night - Stumme Rache", der erste große amerikanische Film von Kultregisseur John Woo seit 20 Jahren.

Ab und zu ein wenig nervig, aber doch eine gute Seele: Iris Berben verkörpert in "791 km" die Alt-68erin Marianne. (Bild: Pantaleon Films/ProU Producers United Film)
Ab und zu ein wenig nervig, aber doch eine gute Seele: Iris Berben verkörpert in "791 km" die Alt-68erin Marianne. (Bild: Pantaleon Films/ProU Producers United Film)

791 km

791 Kilometer, das ist die exakte Distanz, die zwischen München und Hamburg zurückzulegen ist. Zumindest theoretisch, denn in dem neuen Film von Tobi Baumann gibt es viele Umwege und ungeplante Zwischenstopps, so wie sich das für ein ordentliches Roadmovie gehört. Und ob das für Tiana mit dem Geschäftstermin wirklich noch klappt? Alleine die vielen Pinkelpausen kosten gefühlt schon Stunden.

Die Mitfahrerinnen und Mitfahrer, im Einzelnen: Tiana und Philipp, die etwas anstrengende Hippie-Lady Marianne (Iris Berben), die unbedarfte junge Susi (Lena Urzendowsky). Und eben Taxifahrer Josef (Joachim Król), der kein übler Typ ist, im Lauf dieser extralangen Nachtfahrt aber nicht nur einmal die Nerven verliert.

791 Kilometer und eine aus der Not geborene Fahrgemeinschaft mit fünf grundverschiedenen Charakteren: Da wird gelacht und geblödelt. Da wird gestritten und geweint. Da geht es auf Dauer so sehr ans Eingemachte, dass diese Fremden bald auch die intimsten Geschichten voreinander ausbreiten, von denen sie sonst kaum jemandem erzählen würden. An diese Nacht, an diese Fahrt werden sich alle Beteiligten noch lange erinnern. Die Idee zu "791 km" entwickelte Tobi Baumann ("Faking Hitler"), der auch Regie führte. Das Drehbuch stammt von Gernot Gricksch ("Das Leben ist nichts für Feiglinge").

Die Romanverfilmung "Eileen" erzählt von einer ebenso ungewöhnlichen wie fatalen Frauenfreundschaft. In den Hauptrollen: Thomasin McKenzie (links) und Anne Hathaway. (Bild: Universal Studios/Jeong Park)
Die Romanverfilmung "Eileen" erzählt von einer ebenso ungewöhnlichen wie fatalen Frauenfreundschaft. In den Hauptrollen: Thomasin McKenzie (links) und Anne Hathaway. (Bild: Universal Studios/Jeong Park)

Eileen

Eine Geschichte, die ambivalente Gefühle "zwischen Mitleid und Ekel" hervorrufe: So blickte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" 2017 auf "Eileen", als die deutsche Übersetzung des Romans von US-Autorin Ottessa Moshfegh auf den Markt kam. Ein Psychothriller, der in der Literaturszene in den Jahren zuvor bereits viel Aufmerksamkeit erregt hatte und unter anderem mit dem Hemingway Foundation PEN Award ausgezeichnet wurde. Sechs Jahre nach der deutschen Übersetzung und acht Jahre nach Veröffentlichung des englischen Originals (2015) findet "Eileen" nun den Weg auf die große Leinwand. Das Drehbuch schrieb Moshfegh selbst (gemeinsam mit ihrem Ehemann Luke Goebel), Regie führte William Oldroyd ("Lady Macbeth").

Die Geschichte ist angesiedelt im Neuengland der 1960er-Jahre, als Hauptschauplatz dient ein Jugendgefängnis. Eileen Dunlop (Thomasin McKenzie) arbeitet dort als Sekretärin. Eine graue Maus, die überall eher am Rande steht. Ihr Vater, bei dem sie lebt, ist Alkoholiker, ihr gesamter Alltag recht trist. Aber nur so lange, bis Rebecca Saint John (Anne Hathaway) in dem Gefängnis auftaucht - sie nimmt dort eine Stelle als Erziehungsbeauftragte an und wird bald zu Eileens wichtigster Bezugsperson.

Rebecca ist selbstbewusst, elegant, schön, aber auch ein bisschen geheimnisvoll und undurchsichtig. Eileen verfällt ihrem speziellen Charme sofort, blüht richtig auf. Zwischen den beiden so unterschiedlichen Frauen entsteht so etwas wie eine Freundschaft. Vielleicht kann eine Romanze daraus werden. Vielleicht endet diese besondere Beziehung aber auch in einer Katastrophe. Denn Rebecca trägt ein dunkles, verbrecherisches Geheimnis mit sich herum.

Rebecca (Anne Hathaway), die als Erziehungsbeauftragte im Jugendgefängnis arbeitet, ist schön und selbstbewusst - eine große Inspiration für Eileen. Doch die Frau trägt ein dunkles Geheimnis mit sich herum. (Bild: Universal Studios/Jeong Park)
Rebecca (Anne Hathaway), die als Erziehungsbeauftragte im Jugendgefängnis arbeitet, ist schön und selbstbewusst - eine große Inspiration für Eileen. Doch die Frau trägt ein dunkles Geheimnis mit sich herum. (Bild: Universal Studios/Jeong Park)

Silent Night - Stumme Rache

John Woo, der Name hat bis heute nichts von seinem Klang verloren. Vor allem in den 90-ern und frühen 2000-ern drückte der Chinese dem internationalen Kino seinen Stempel auf, mit Filmen wie "Operation: Broken Arrow" (1996), "Im Körper des Feindes" (1997) und "Mission: Impossible 2" (2000) erarbeitete Woo sich einen Ruf als einer der besten und innovativsten Regisseure der Actionfilm-Szene. Nachdem er sich zuletzt über zehn Jahre lang auf asiatische Produktionen konzentriert hatte, feiert er nun mit "Silent Night" sein Hollywood-Comeback.

"Silent Night - Stumme Rache", so lautet der vollständige Titel von John Woos erstem größeren US-Film seit 20 Jahren ("Paycheck", 2003). Und auch hier präsentiert sich Woo wieder als ein Visionär mit vielen spannenden Ideen: In dem Actionthriller, in dem Joel Kinnaman ("RoboCop", "Suicide Squad") die Hauptrolle spielt, wird (fast) nicht gesprochen.

Der konsequente Verzicht auf Dialoge ist ein durchaus interessanter Kniff in einem Genre, in dem es ja ohnehin nicht so sehr ums Reden geht, bei "Silent Night" passt es aber auch zur Handlung. An Heiligabend geraten Familienvater Brian Godlock (Kinnaman) und sein Sohn bei einer Schießerei zwischen zwei rivalisierenden Straßengangs ins Kreuzfeuer. Der Junge stirbt. Und Brian wird so am Hals verletzt, dass er seine Stimme verliert. In seiner stummen Verzweiflung fasst er bald schon einen Entschluss: Er wird Rache nehmen an denen, die seinen Sohn getötet haben. Wortlos zwar, aber doch mit jeder Menge Action-Krawall.

Brian Godlock (Joel Kinnaman) trauert um seinen Sohn, der bei einer Schießerei ums Leben kam. (Bild: 2023 Lionsgate)
Brian Godlock (Joel Kinnaman) trauert um seinen Sohn, der bei einer Schießerei ums Leben kam. (Bild: 2023 Lionsgate)