"Das ist fast schon gespenstisch"

"Das ist fast schon gespenstisch"
"Das ist fast schon gespenstisch"

Dieses Mal will Robert Farken es wissen. Der beste deutsche Mittelstreckenathlet hat sich für die Leichtathletik-EM in Rom einiges vorgenommen - zumal er über weite Strecken des vergangenen Jahres verletzungsbedingt passen musste und einiges nachzuholen hat.

Dass ihn derzeit nicht einmal kleinere Wehwehchen plagen, findet der 26-Jährige „fast schon gespenstisch“ - so ungewohnt ist das Gefühl.

Mit seinem Sieg beim Diamond-League-Meeting von Stockholm über 1500 Meter hat sich Farken zuletzt jede Menge Selbstvertrauen geholt. Im SPORT1-Interview spricht er über die harte europäische Konkurrenz, den deutschen Rekord - und ein Duell zweier Superstars, das ihn nicht weiter beschäftigt.

Farken reiste am Samstag in die italienische Hauptstadt an und wird am Montag um 11 Uhr im Vorlauf über 1500 Meter an der Startlinie stehen.

„Neunter zu werden, ist nicht das geilste Gefühl“

SPORT1: Herr Farken, zuletzt haben Sie in Oslo die Olympianorm geknackt und drei Tage später in Stockholm sogar gewonnen – die Form scheint also zu stimmen, oder?

Robert Farken: Die Richtung stimmt auf jeden Falll. Die Form scheinen wir in diesem Jahr richtig aufgebaut zu haben - Tendenz steigend. Oslo und Stockholm waren nochmal richtige Härtetests, innerhalb weniger Tagen zwei so Hochkaräter zu laufen. Das hat gut funktioniert und stimmt positiv.

SPORT1: Ist so ein Sieg auch fürs Selbstvertrauen wichtig?

Farken: Ja, das war ein schönes Gefühl. Klar ist es gut, 3:32 Minuten wie in Oslo zu rennen, aber Neunter zu werden ist halt auch nicht das geilste Gefühl.

SPORT1: Was nehmen Sie sich für die EM in Rom vor?

Farken: Es ist ja bekannt, dass das europäische Niveau über 1500 Meter fast genauso hoch ist wie das Weltniveau. Dementsprechend wird das nicht leichter als bei den Olympischen Spielen. Schon bei den Vorläufen wird es extrem hart, die Hausaufgaben zu machen und sich für den Endlauf zu qualifizieren. Das sieht man daran, dass alle Athleten Normerfüller sind. Die Norm war 3:36,00 Minuten – und das Niveau zwischen 3:33 und 3:36 Minuten ist so eng, dass es das Allerwichtigste ist, erstmal den Vorlauf zu überstehen. Und dann im Finale kann immer alles passieren.

SPORT1: Der Fokus liegt aber auf den Spielen in Paris, oder?

Farken: Klar, die Olympischen Spiele stehen über allem, aber trotzdem ist es von der Planung her okay. Es liegt genügend Zeit zwischen den beiden Ereignissen, um sich jetzt zu 100 Prozent auf Rom zu konzentrieren und dann den Fokus neu auf Paris zu richten. Nach Rom ist dann erst einmal reines Training bis zu den Deutschen Meisterschaften angesagt.

„Haben in den letzten Monaten einen guten Job gemacht“

SPORT1: In der vergangenen Saison waren Sie länger verletzt und mussten auch die WM in Budapest auslassen. Haben Sie das alles hinter sich gelassen?

Farken: Ich habe gerade gar keine Probleme. Meine Achillessehne spüre ich momentan nicht mal, das ist fast schon gespenstisch. Letztes Jahr konnte ich irgendwann keinen Schritt mehr machen. Dieses Jahr habe ich viel die Spikes angehabt und schon vier 1500er absolviert – und immer noch ist alles gut. Aber ich nehme das natürlich gerne so hin.

SPORT1: Wie haben Sie ihre Probleme in den Griff bekommen?

Farken: Das hat natürlich nichts mit Glück zu tun. Wir haben an vielen Stellschrauben gedreht, dass das nicht mehr passiert. Da musste ich viele Sachen beachten und die Wadenmuskulatur stärken. Aber wenn man das eine Problem behoben hat, ist es oft so, dass das nächste aufbricht. Da mussten wir auch gegenwirken und alle möglichen Gefahrenstellen im Auge behalten. Und jetzt bin ich tatsächlich problemfrei – da haben wir in den letzten Monaten einen guten Job gemacht.

SPORT1: Der deutsche 1500-Meter-Rekord von Thomas Wessinghage (3:31,58 Minuten) ist jetzt fast schon 44 Jahre alt. Fällt der Rekord dieses Jahr?

Farken: Ich habe schon oft über den Rekord gesprochen und habe ihn natürlich auch im Kopf. Dafür muss natürlich einiges stimmen, dass man solch ein Rennen hat, in dem alles passt. Aber er ist auf jeden Fall fällig, da möchte ich in diesem Jahr einen Haken dran machen.

SPORT1: In den letzten Wochen haben sich Jakob Ingebrigtsen und Josh Kerr, die beiden Dominatoren auf den 1500 Metern, nicht nur auf der Laufbahn, sondern auch verbal duelliert. Wie finden Sie das?

Farken: Damit beschäftige ich mich nicht. Man kriegt es in den Medien mit, aber ich habe daran keine Aktien. Die können sich gerne aneinander reiben – und der Rest kann dann abstauben.