Flüchtlinge im Karneval: Mail der NRW-Polizei wurde irrtümlich weitergeleitet

Flüchtlingshelfer kritisieren die „ausgrenzenden Formulierungen“.

Die interne Mail der NRW-Polizei, in der Flüchtlinge aufgefordert werden, Karneval zu meiden, hat Kritik und Unverständnis ausgelöst. „Ich werde unseren Familien nicht sagen, dass sie nicht zum Zug gehen sollen“, sagte Petra Jennen von der Arbeiterwohlfahrt Leverkusen. Der Verband betreut für die Bezirksregierung Köln die dortige Landesunterkunft für Flüchtlinge. Jennen, die in dem Heim die Fachbereichsleitung Flüchtlingshilfe verantwortet, fühlt sich von dem Schreiben „peinlich berührt“. „Selbst in einer internen Mail dürfen Bezirksregierung und Landespolizei nicht so kommunizieren. Das war zu pauschal und undifferenziert.“ „Unerwünschte Wechselwirkungen“ In besagtem Schreiben hatte das Landesamt für zentrale polizeiliche Dienste NRW (LZPD) Heimleitungen davon abgeraten, Ausflüge zu Karnevalsveranstaltungen für ihre Bewohner zu organisieren. Derlei Aktionen könnten angesichts der aktuellen Sicherheitslage „leider zu unerwünschten Wechselwirkungen“ mit der Bevölkerung führen. Jörg Detjen von den Kölner Linken bewertete dies als „erschütterndes Eingeständnis“, dass die Polizei Geflüchtete nicht entsprechen schützen könne. „Ich würde mich freuen, wenn das Festkomitee Kölner Karneval Konsequenzen ziehen und insbesondere Geflüchtete zum Karneval einladen würde.“ Subjektives Sicherheitsgefühl Marion Heuser, sozialpolitische Sprecherin der Grünen, schrieb via Facebook: „Jetzt sollen Flüchtlinge von Karneval ferngehalten werden? Geht’s hier wieder um das subjektive Sicherheitsgefühl? Es nimmt alles schon seltsame Blüten an.“ Und Ratsfrau Lisa Gerlach von den Piraten erklärte: „Wir befürworten ausdrücklich, dass Flüchtlingshelfer den Asylsuchenden die Bedeutung des Karnevals erklären und ihn dann auch mit ihnen feiern – denn nur so kann Integration gelingen.“ Das Festkomitee wollte sich inhaltlich nicht äußern. Sprecherin Sigrid Krebs sagte nur so viel: „Im Kölner Karneval sind alle Menschen willkommen. Wir grenzen niemanden aus.“ LZPD-Direktor meldet sich zu Wort Das Innenministerium wie auch das LZPD hatten sich auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ von dem Schreiben distanziert. Eine Sprecherin der Polizeibehörde sprach von einem „internen“ und „nicht autorisierten“ Schreiben. Fragen wirft dies gleichwohl auf: Immerhin ist das LZPD dem Innenministerium direkt unterstellt. In der Mail wird ausdrücklich um „Informationsweitergabe an die Leiter der Landeseinrichtungen“ gebeten. Weiter heißt es dort: „Dass die kommunalen Einrichtungen auf diese Weise nicht erreicht werden können, ist bekannt und mit dem MIK (A1) abgesprochen.“ Die Abteilung 1 des Innenministeriums ist für Ausländerangelegenheiten zuständig. Die Formulierungen in der Mail seien „ausgrenzend und verletzend“, bekräftigte am Sonntag der Direktor des LZPD, Rainer Pannenbäcker: „Ich bedauere das sehr.“ Die NRW-Polizei schütze alle Menschen, die friedlich Karneval feiern. „Ganz egal, wo sie herkommen oder welche Hautfarbe sie haben.“ Bei der Mail habe es sich um einen Entwurf gehandelt, „der in der Abstimmung auf Leitungsebene bereits zu Bedenken und Gesprächsbedarf geführt hatte und gestoppt wurde“. Irrtümlich sei das Papier dennoch an die Bezirksregierungen „weitergesteuert“ worden. „Wir werden jetzt mit allen Beteiligten Gespräche führen, um dafür Sorge zu tragen, dass solche Fehler künftig nicht mehr geschehen“, so Pannenbäcker. Zuwanderern den Karneval erklären Dabei werde auch „die inhaltliche Gestaltung des Entwurfs, die sich in gravierenden Punkten nicht mit der eigentlichen Intention dieses Schreibens deckt, eine Rolle spielen“. Schon in Kürze würden alle Landeseinrichtungen Informationen in geeigneter Form erhalten. „Es geht darum, Zuwanderern den Karneval zu erklären“, betonte Pannenbäcker. Bereits im Vorjahr seien „die Betreuungsverbände in den Landeseinrichtungen gebeten worden, die Bewohner über die Hintergründe von Karneval zu informieren“, ergänzte ein Sprecher des Innenministeriums. In Abstimmung mit dem Ministerium seien diese Informationen dann nicht an die Kommunen gegangen. „Offensichtlich hat man sich jetzt in der aktuellen Mail hierauf bezogen“, so der Sprecher: „Das Schreiben ist dem Ministerium nicht vorgelegt worden und wurde auch nicht mit ihm abgestimmt.“ Unverständnis auf allen Seiten Dass die Mail so nicht gehe, stehe außer Frage, betonte auch der Kölner Landtagsabgeordnete Martin Börschel. Es sei „richtig und gut, dass das Ministerium und der Landesdienst das sofort und unmissverständlich klargestellt haben“. Joachim Stamp, Vize-Chef der FDP-Landtagsfraktion, indes kritisiert: „Offenbar herrscht im Ministerium von Herrn Jäger wieder einmal Kommunikationschaos.“ Die fehlende Souveränität trage zur Verunsicherung bei allen Beteiligten bei. „Ich erwarte, dass einerseits Flüchtlinge am Karneval teilnehmen können, und andererseits klare Verhaltensregeln kommuniziert werden.“ Auch CDU-Innenexpertin Ina Scharrenbach findet es „mindestens fragwürdig, wenn das Innenministerium sich von etwas distanziert, das mit der eigenen zuständigen Abteilung vom Grunde her abgestimmt ist“. Mittlerweile scheine der Reflex „Minister schützen und Verantwortung nach unten schieben“ schneller zu laufen als die hausinterne Prüfung....Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta