Nach Flüchtlingsgipfel: Bartsch erwartet "gewaltige Auseinandersetzungen"

Am Mittwochabend wurde bei Talkmasterin Sandra Maischberger (ARD) kurz nach dem Flüchtlingsgipfel in Berlin heiß diskutiert: "Die Milliarde ist nicht das letzte Wort", prophezeite Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch warnend. Für ihn sei die Verhandlung "ein Gipfel der Enttäuschung" gewesen. (Bild: ARD)
Am Mittwochabend wurde bei Talkmasterin Sandra Maischberger (ARD) kurz nach dem Flüchtlingsgipfel in Berlin heiß diskutiert: "Die Milliarde ist nicht das letzte Wort", prophezeite Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch warnend. Für ihn sei die Verhandlung "ein Gipfel der Enttäuschung" gewesen. (Bild: ARD)

"Eine Milliarde ist relativ viel Geld" - aber einfach nicht genug: Linken-Fraktionsvorsitzender Dietmar Bartsch prangerte das Ergebnis des Flüchtlingsgipfels am Mittwochabend bei Sandra Maischberger (ARD) an. Er diskutierte mit Christian Dürr (FDP) hitzig über das "Zögern" von Kanzler Olaf Scholz.

Seit Monaten beklagen Länder und Kommunen, dass die große Anzahl an Geflüchteten, die derzeit nach Deutschland kommen, große Probleme verursachen. Beim Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt wurde zur Lösung nun ein Teilkompromiss geschlossen: Der Bund gibt den Ländern eine Milliarde Euro mehr für die Unterbringung, zudem sollen Georgien und Moldau als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden. Hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Bittsteller damit vergleichsweise billig abgespeist?

Darüber diskutierten am Mittwochabend unter anderem die Fraktionschefs Christian Dürr (FDP) und Dietmar Bartsch (Linke) bei Sandra Maischberger. Außerdem zu Gast waren die "Zeit Online"-Redakteurin Yasmine M'Barek, der ehemalige "Tagesthemen"-Moderator Ulrich Wickert und Robin Alexander, stellvertretender "WELT"-Chefredakteur. Beide Politiker forderten ein neues Einwanderungsgesetz, hinsichtlich der Kosten schieden sich jedoch die Geister. Im Hinblick auf die Schuldenbremse sei die eine Milliarde "zum Glück" im Vergleich zu dem, was der Bund bereits tut - etwa 16 Milliarden allein stelle man in diesem Jahr zur Verfügung - relativ wenig, zeigte sich Dürr in der ARD-Talkshow erleichtert.

"Die Milliarde ist nicht das letzte Wort", prophezeite hingegen Linken-Fraktionschef Bartsch warnend. Für ihn sei die Verhandlung "ein Gipfel der Enttäuschung" gewesen. Das versprochene Vermögen für ein atmendes System der Flüchtlingsfinanzierung sei beispielsweise im Vergleich zum Sondervermögen für die Bundeswehr noch immer "verdammt wenig", um angesichts der riesigen Anzahl von Geflüchteten adäquat reagieren zu können. Der Politiker warnte: "Jetzt gibt es einen Verschiebebahnhof, die Kommunen werden weiter leiden". Damit sei das Problem nur aufgeschoben. Bartsch ist sich sicher: "Es wird gewaltige Auseinandersetzungen in den nächsten Wochen geben. Es wird so von der Ampel nicht durchgehalten werden können."

Über die eine Milliarde, die Kanzler Olaf Scholz (SPD) bereit war, im Rahmen des Flüchtlingsgipfels für die Asylpolitik für die Länder und Kommunen zur Verfügung zu stellen, diskutierten am Mittwochabend unter anderem die Fraktionschefs Christian Dürr (FDP, Mitte) und Dietmar Bartsch (Linke) bei Sandra Maischberger. (Bild: ARD)
Über die eine Milliarde, die Kanzler Olaf Scholz (SPD) bereit war, im Rahmen des Flüchtlingsgipfels für die Asylpolitik für die Länder und Kommunen zur Verfügung zu stellen, diskutierten am Mittwochabend unter anderem die Fraktionschefs Christian Dürr (FDP, Mitte) und Dietmar Bartsch (Linke) bei Sandra Maischberger. (Bild: ARD)

Bartsch: "Der Horst Seehofer kann doch jetzt nicht die Politik der Ampel sein"

Als konkrete Forderungen zur Sprache kamen, zeigten sich die beiden Diskussionsgegner einig: Bartsch sprach sich für ein modernes Einwanderungsrecht aus, will das Asylrecht aber unangetastet lassen. "Das muss human bleiben", postulierte der Linke-Politiker und erinnerte sich: "Der Horst Seehofer kann doch jetzt nicht die Politik der Ampel sein", sagte Bartsch und bezog sich dabei auf eine Pressekonferenz, auf der sich der ehemalige Innenminister gefreut hatte, dass an seinem 69. Geburtstag 69 Afghanen abgeschoben worden waren. "Das war absurd", stimmte ihm Dürr zu.

Für Kanzler Scholz' finanzielles Zögern hatte"WELT"-Vizechefredakteur Alexander eine einfache Erklärung: "Das Geld ist weg. Nach den hohen Sonderausgaben für die Pandemie versucht der Kanzler, jetzt wieder einen Haushalt hinzubekommen, der nicht gemogelt ist". Auch Dürr äußerte seine Bedenken: "Das Geld ist endlich."2022 habe der Bund nur drei Milliarden Euro Schuldzinsen gezahlt. Der FDP-Politiker prognostizierte zu erwartende Schuldzins-Zahlungen von mehr als 40 Milliarden Euro im kommenden Jahr. Und "mehr Schulden bedeuten wesentlich mehr Zinsen." Die Konsequenz: Man könne weniger Flüchtlinge unterstützen.

Laut Dürr brauche Deutschland zwar Migration, um den Wohlstand auf Jahre halten zu können: "Es darf aber keine große Migration ins Sozialsystem geben", postulierte er. Nichtsdestotrotz heiße er jeden, der Lust habe, in Deutschland zu arbeiten, herzlich willkommen, so der FDP-Politiker.