Frida Gold-Sängerin Alina Süggeler: "Ich habe oft Versagensängste"

Alina Süggeler ist die Sängerin und das Gesicht von Frida Gold

Mit "Liebe ist meine Religion" landeten Alina Süggeler und Andreas Weizel alias Frida Gold vor drei Jahren an der Spitze der Charts. Es war ein lautes Album; ein voller Erfolg. Mit ihrem neuen Werk "Alina" ließ sich das nicht mehr wiederholen. Doch darum ging es der Sängerin auch gar nicht. "Alina" ist ruhiger und intimer als der Vorgänger. Und genau das spiegelt sich auch im Interview wider. Mit spot on news spricht die 31-Jährige offen über ihre Ängste und erklärt, warum sie sich für ein Musikvideo nackt ausgezogen hat, für den "Playboy" aber nicht die Hüllen fallen lassen will.

Ist das Euer bisher persönlichstes Album?

Alina Süggeler: Beim zuletzt geschriebenen Album hat man immer das Gefühl, dass es ein bisschen wahrhaftiger und echter ist. Wir hatten diesmal den Mut, noch mehr von uns zu zeigen. In mir ist ganz explizit das Gefühl gewachsen, dass irgendwie alles das, was Alina ist, auch in Frida Gold stattfinden kann.

Im Musikvideo zu "Langsam" zeigen Sie sehr viel von sich und stehen nackt vor der Kamera. Wie war das für Sie?

Alina: Was im Video zu sehen ist, hätte niemals eine solche Intimität und Ehrlichkeit, wenn die Leute drum herum nicht auch gleichermaßen ehrlich gewesen wären. Es war eine Entwicklung über zwei, drei Tage. Wir haben uns für dieses Video viel Zeit genommen. Emotionalität kann man nicht erzwingen, die muss sich auch ein Stück weit entwickeln. Wir haben ganz bewusst auf Styling, Make-up oder einen Look verzichtet. Dadurch, dass teilweise auch mein Bruder hinter der Kamera stand, ist es mir etwas leichter gefallen, in so einen intensiven Austausch mit der Kamera zu gehen.

Ist das wirklich leichter, wenn der Bruder hinter der Kamera steht?

Alina: Ich habe zu meinen Geschwistern ein ganz inniges Verhältnis. Die kennen mich in allen Momenten und Lebenslagen. Unsere Gesellschaft macht Nacktsein immer zu einer totalen Intimität, aber eigentlich ist das doch unser Ursprungszustand; etwas ganz Natürliches und Schönes.

In dem Song singen Sie davon, dass Sie Blockaden abgelegt haben. Welche Blockaden hatten Sie?

Alina: Ich habe manchmal einfach kein besonders ausgeprägtes Selbstbewusstsein. Das hat sicherlich auch immer damit zu tun, wie ich aufgewachsen bin. Ich habe relativ früh angefangen zu singen und Klavier zu spielen. Und das auch recht gut. Die Aufmerksamkeit war dadurch recht früh schon mehr auf mein Tun als auf mein Sein gerichtet. Das Resultat ist heute: Ich muss immer irgendwas tun, einfach nur sein reicht meiner Definition von mir selbst nicht aus.

In vielen Kommentaren unter dem Video kommt die Frage auf, warum Sie einen Handtuchturban tragen, obwohl Sie so kurze Haare haben. Was entgegnen Sie diesen Leuten?

Alina: Eigentlich kann ich dazu gar nicht viel sagen. Es gibt dafür keinen triftigen Grund. Diese permanente Definition über meine kurzen Haare ist zu viel. Ich finde es schön, dass ich auf dem Albumcover den Turban trage. So steht nicht gleich wieder das Bild im Raum: "Das ist doch die Frau mit den kurzen Haaren."

Sie hatten vor drei Jahren dem "Playboy" eine Absage erteilt. Bei dem Video zu "Langsam" hat Autumn Sonnichsen Regie geführt. Die hat auch bereits für den "Playboy" fotografiert. Hat sich ihre Meinung nun geändert?

Alina: Ich habe meine Meinung nicht geändert. Es ist für mich eine andere Form der Nacktheit. Autumn macht großartige Bilder - auch für den "Playboy". Aber die Nacktheit, die bei uns stattgefunden hat, hat einen ganz anderen Ursprung und das ist Nacktheit, die ich mag und die ich wichtig finde. Ich bin stolz darauf, dass wir diese Geschichte in dem Video so erzählen. In unserer Gesellschaft findet eine Nacktheit, die nicht an Sexualität geknüpft ist, kaum noch statt. "Langsam" zeigt den natürlichen, menschlichen Aspekt. Dieses Pure und Authentische.

Auf dem Album singen Sie auch über das Thema Angst. Was sind Ihre persönlichen Ängste?

Alina: Ich habe oft Versagensängste und auch eine große Verlustangst.

Wie gehen Sie mit diesen Ängsten um?

Alina: Ich habe das Gefühl, Angst sucht sich immer ihre Wege. Wenn ich das Gefühl habe, ich habe die eine Angst im Griff, dann ploppt sie woanders auf. Ich glaube ein wichtiger Part mit seiner Angst umzugehen ist, ihr zu begegnen. Da wo wir sie als etwas wahrnehmen was zu uns gehört, gibt es die Chance sie mit einzubeziehen und wir verschwenden keine Energien mehr, sie zu bekämpfen. Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich ein wirklich tolles Umfeld habe. Ich habe eine Familie, die mich sehr gut kennt und alle Schritte mit mir gegangen ist. Es gibt Andi und noch ein paar andere Menschen, mit denen ich offen über meine Ängste sprechen kann und das hilft.

"Wer einmal lügt" ist ebenfalls ein sehr emotionaler Song. Wie halten Sie es denn mit kleinen Notlügen?

Alina: So grundsätzlich haue ich eigentlich immer alles ungefiltert raus. Das ist natürlich für mein Gegenüber nicht immer angenehm. Ich habe aber auch einfach Angst davor, dass wenn man sich selbst zu oft einen in die Tasche lügt, man irgendwann nicht mehr klar sieht.

Was war der Auslöser für "Wer einmal lügt"?

Alina: Diesen Song habe ich morgens erlebt, mittags geschrieben und abends aufgenommen. Das ist alles so in einem Moment passiert. Es war jemand, der mir total wichtig war und auf den ich einfach gesetzt habe; eine wichtige Schlüsselfigur in meinem Leben zu der Zeit war. Diese Lügen haben mich sehr verletzt.

Ende November geht Ihr auf Tour. Werdet Ihr nur Songs Eures neuen Albums spielen?

Alina: Nein, endlich können wir aus so viel Material wählen. Als wir mit der ersten Platte auf Tour waren, war das der Horror für uns, weil wir ja tatsächlich nur 45 Minuten Material zur Verfügung hatten.

Foto(s): Mischa Meyer