Früher als gedacht: Ab diesem Alter nimmt Dual-Tasking ab

Gehen und sprechen – wenn die Fähigkeit, beide Aufgaben gleichzeitig zu meistern, nachlässt, könnte einer neuen Studie zufolge ein ernstzunehmender Grund dahinterstecken. Außerdem verschlechtert sich die Dual-Task-Fähigkeit früher als bisher angenommen.

Wenn die kognitiven Fähigkeiten abnehmen, kann sich das auch auf die Gehleistung auswirken (Symbolbild: Getty Images)
Wenn die kognitiven Fähigkeiten abnehmen, kann sich das auch auf die Gehleistung auswirken (Symbolbild: Getty Images)

Eine neue Studie hat herausgefunden, dass die Dual-Task-Fähigkeit – also die Fähigkeit, beispielsweise gleichzeitig zu gehen und zu sprechen, fast ein Jahrzehnt früher nachlässt als bisher angenommen. Das Forscherteam hat zudem festgestellt, dass der Verlust dieser Fähigkeit ein Warnzeichen für Demenz sein könnte.

Gehen an sich ist schon komplex genug. Doch häufig wird diese Aufgabe zusammen mit anderen ausgeführt: Dazu gehören Sprechen, Schilder lesen oder Entscheidungen treffen. Während junge, gesunde Menschen solche Doppelaufgaben mit links bewältigen, fällt dies älteren Menschen zunehmend schwerer. Die kognitiven Fähigkeiten im Alter nehmen ab, alltägliche Dual-Task-Situationen bei vielen Senioren verschärfen sich. Das kann sich nicht nur auf die Gehleistung auswirken, sondern auch zu Unsicherheiten oder gar zu Stürzen führen.

Noch größer ist das Sturzrisiko, wenn weitere Risikofaktoren dazukommen, beispielsweise die altersbedingte Verzögerung des Balance-Reflexes als Folge von rheumatischen Gelenkschmerzen oder ähnlichen Einschränkungen. Dem Verband für Physiotherapie zufolge stürzt fast jeder dritte Mensch im Alter von über 65 Jahren und mehr als jeder zweite Pflegeheimbewohner mindestens einmal im Jahr.

Dual-Task-Fähigkeit bereits ab 55 schlechter

Bisher hat man angenommen, dass sich dieses Dual-Tasking ab dem 65. Lebensjahr verschlechtert. Nun haben Forscher der Harvard Medical School und Hebrew SeniorLife herausgefunden, dass das tatsächlich früher passiert als bisher gedacht. Die Studie, die im Lancet Healthy Longevity veröffentlicht wurde, kam zu dem Ergebnis, dass die Fähigkeit, das Gehen und eine zusätzliche Aufgabe zu meistern, bereits mit 55 nachlässt und "ab dem mittleren Alter routinemäßig überwacht werden sollte“, vor allem um Stürze und Verletzungen zu vermeiden.

"Wir haben eine große Anzahl von Personen im Alter zwischen 40 und 64 Jahren untersucht und festgestellt, dass die Fähigkeit, unter normalen, ruhigen Bedingungen zu gehen, in dieser Altersgruppe relativ stabil blieb“, sagte der leitende Forscher Junhong Zhou. Doch selbst in dieser relativ gesunden Gruppe hätten die Wissenschaftler subtile, aber wichtige Veränderungen im Gangbild ab der Mitte des sechsten Lebensjahrzehnts beobachten können, als die Teilnehmer aufgefordert wurden, gleichzeitig zu gehen und eine Kopfrechenaufgabe zu lösen.

Verschlechterung von Dual-Tasking ein Hinweis auf die Gesundheit des Gehirns

"Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine Verschlechterung des Dual-Taskings im mittleren Alter ein Indikator für eine beschleunigte Alterung des Gehirns oder eine anderweitige präsymptomatische neurodegenerative Erkrankung sein könnte“, so Zhou.

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Der Wissenschaftler weist jedoch daraufhin, dass das Dual-Tasking nicht unbedingt mit dem Alter abnehmen muss. Während der Tests hätte ein Teil der Teilnehmer über 60 Dual-Tasking ebenso gut ausführen können wie ein Teil der Teilnehmenden mit 50 Jahren oder jünger. "Das bedeutet, dass die Gehleistung bei zwei Aufgaben nicht unbedingt abnimmt, wenn wir älter werden, und dass manche Menschen widerstandsfähiger gegen die Folgen des Alterns zu sein scheinen“, erklärte Zhou.

Was kann man tun, um vorzubeugen?

Niemand muss sich seinem Schicksal ergeben. Dual-Tasking lässt sich üben. Studien, bei denen computergestützte Interventionen wie elektronische Tanz-Videospiele à la Stepmania zum Einsatz kamen, haben den positiven Effekt von Doppelaufgaben auf das Gehirn bestätigt. Dabei war das Computerspiel, welches das kognitive Element der Intervention darstellt, mit einer Bewegungsaufgabe verbunden Als Sturzprophylaxe empfiehlt es sich also, Bewegungsformen mit koordinativen oder kognitiven Aufgaben zu koppeln. Durch solche Übungen lässt sich das Dual-Tasking signifikant verbessern. Je eher man damit beginnt, umso besser.

Jonglieren beispielsweise fördert die Augen-Hand-Koordination. Dabei muss stabil stehen, schauen und überlegen, wie hoch man den Ball wirft. Auch beim Lauf-und-Fang-Spiel wird dieser Fähigkeit trainiert. Dabei läuft der Fänger im Kreis um den Werfer. Dieser wirft dem Fänger Gummibälle zu, die er fangen muss, während er läuft.

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