Das gefällt Eberl mit Sicherheit nicht
Liebe Fußball-Freunde,
die Trainer-Suche beim FC Bayern um die Nachfolge für den zum Saisonende scheidenden Trainer Thomas Tuchel ist nach nun zig Absagen weiterhin das alles bestimmende Thema der Bundesliga.
Egal, ob nun Xabi Alonso, Sebastian Hoeneß vom VfB Stuttgart, Bundestrainer Julian Nagelsmann oder nun Ralf Rangnick - das waren ja nie Entscheidungen gegen den FC Bayern, sondern für ihre Vereine.
Und alle Entscheidungen sind völlig nachvollziehbar, weil diese Trainer ihren Weg ja weitergehen wollen. Trainer beobachten ja auch, wie in einem Verein kommuniziert wird. Und die Kommunikation bei den Bayern ist - Stand heute - nicht gut.
In den vergangenen 30, 40 Jahren war es Uli Hoeneß, der etwas gesagt hat - und zwar nur Uli Hoeneß. Mit Abstrichen vielleicht noch Karl-Heinz Rummenigge. Nun aber sind auf der höchsten Ebene drei oder vier Leute, die zu den ganzen Trainer-Fragen antworten - das ist nicht gut für den Verein.
Effenberg: Bayern braucht Ruhe
Für einen Trainer ist es doch wichtig, dass du Ruhe hast. Wenn jetzt ein neuer Mann kommt - mit welchen Fragen wird der denn dann konfrontiert? Da ist doch jetzt schon klar, dass man ihm sagt: „Du bist ja nur vierte oder fünfte Wahl.“ Es geht dann doch gar nicht mehr ums Sportliche - und dieses Fass haben sich die Bayern selbst aufgemacht und für Unruhe gesorgt.
Um erfolgreich zu sein, vor allem bei Bayern, brauchst du aber Ruhe. Wenn ich das mal mit Borussia Dortmund vergleiche: Da wird Lars Ricken neuer Sportchef, und du hast davon vorher nichts gehört. Genau so musst du solche Personalien bekanntgeben.
Dabei sollte bei Bayern ein Sport-Vorstand wie nun Max Eberl Nebengeräusche eigentlich wegmoderieren. Aber du hast daneben eben einen Ehrenpräsidenten und einen Vorstandsvorsitzenden, die immer mal Wasserstandsmeldungen abgeben - das gefällt Eberl mit Sicherheit nicht.
Das ist eine große Herausforderung für die Bayern. Es sind nun so viele Namen im Umlauf: Wahrscheinlich wird es in Richtung Hansi Flick laufen, das ist mein Gefühl, denn so viele Alternativen gibt es ja nicht mehr. Jürgen Klopp nimmt sich seine Auszeit, Christian Streich hat ja auch gesagt, dass er es nicht wird.
Das kannst du beim FC Bayern nicht machen!
Im Raum steht bei der Trainer-Debatte ja auch immer wieder, ob ein Coach beim FC Bayern tatsächlich keine Spieler zu entwickeln vermag.
Wenn du so wie bei Bayern jedes Jahr permanent unter Druck stehst und erfolgreich sein musst, dann ist es schwierig, junge Spieler zu entwickeln. Nur Louis van Gaal hat das mal geschafft.
Dann würde Uli Hoeneß auch Bayerns Philosophie umschreiben, denn er hat immer gesagt: „Wir sind kein Ausbildungsverein.“ Und jetzt sagt er: „Wir müssen junge Spieler entwickeln.“
Selbst wenn einer wie Aleksandar Pavlović vielleicht eine große Zukunft hat: In den entscheidenden Spielen, wie jetzt in einem Halbfinale der Champions League, wird er nicht spielen. Da greifst du zurück auf Erfahrene mit einer hohen Qualität, die das schon auf hohem Niveau gezeigt haben. Das Andere kannst du in Stuttgart machen, auch in Leipzig oder sogar in Dortmund - aber nicht bei Bayern München.
Riesenkompliment an den VfB Stuttgart
Und einer wie Angelo Stiller, der bei den Bayern alle Jugendmannschaften durchlaufen hat, der hätte bei den Bayern doch niemals diese Entwicklung genommen wie nun beim VfB.
Den Stuttgartern muss man - nicht nur wegen des jüngsten Erfolgs auch über die Bayern (3:1) - ohnehin ein Riesenkompliment machen, was sie in dieser Saison geleistet haben.
Sie haben wirklich konstant auf hohem Niveau gespielt, auch die Champions-League-Qualifikation völlig verdient geschafft. Jetzt aber kommt die Herausforderung, und es gibt mit Union Berlin ein warnendes Beispiel, die in der Folgesaison abgestürzt sind.
Die Gefahr sehe ich beim VfB aber nicht, weil sie eine absolut homogene und funktionierende Mannschaft sind. Viele Spieler haben auch gesagt, dass sie Teil der Mannschaft bleiben werden, auch Sebastian Hoeneß bleibt. Man kann also davon ausgehen, dass es eine weitere erfolgreiche Saison geben wird.
Reus hat Bundesliga Stempel aufgedrückt
Abschließend noch eine Würdigung für Marco Reus, der nach so vielen Jahren beim BVB Abschied nimmt: Er ist ein herausragender Spieler gewesen, nicht nur für Dortmund und Gladbach, sondern für die ganze Bundesliga.
Die Art und Weise, wie Reus Fußball gespielt hat, das macht ihn zu einer Ikone - er hat dem Spiel seinen Stempel aufgedrückt. Er hat sich damals entscheiden, von Gladbach in die Heimat zurückzugehen, wo er dann so viele Jahre geblieben ist - das ist fast noch mehr wert als alle sportlichen Erfolge, auch wenn es mehr Titel hätten sein können als zwei Pokalsiege.
Von daher tut es mir ein bisschen weh, dass er sich nun aus der Bundesliga verabschiedet. Reus war in vielen Bereichen ein Unterschiedsspieler.
Für mich ist nun aber Fakt, dass er nicht mehr innerhalb der Bundesliga wechseln, sondern das Ausland suchen wird. Dort wird er als Persönlichkeit noch mal reifen. Ich bin mir auch sicher, dass er wieder zum BVB zurückkommen und dort dann in irgendeiner Form weiterarbeiten wird, wenn diese Reise in ein, zwei Jahren beendet ist - das hat sich Reus verdient.
Bis bald, euer Stefan Effenberg
Stefan Effenberg hat 2001 mit dem FC Bayern die Champions League gewonnen. Mit den Bayern und Borussia Mönchengladbach wurde er zudem mehrmals Deutscher Meister und Pokalsieger. Seit Sommer 2018 gehört der 55-Jährige zum festen Experten-Team des STAHLWERK Doppelpass auf SPORT1.