Asteroiden auf Kollisionskurs: Wie groß ist die Gefahr aus dem All?

Sie sorgen bei vielen Menschen für ein mulmiges Gefühl: Asteroiden. Am vergangenen Freitag kam ein solcher Himmelskörper der Erde wieder einmal gefährlich nahe. Zu einer Kollision kam es nicht – noch nicht. Doch die Angst vor Asteroiden ist durchaus begründet, sagen Forscher. Früher oder später rechnen sie mit einem Einschlag. Wie groß die Gefahr ist und wie ein Asteroid womöglich abgewehrt werden könnte, erläutert Experte Professor Alan Harris im Interview mit Yahoo! Nachrichten.

Wie knapp der Asteroid „2012 BX34" an der Erde vorbeigeschlittert ist, lässt sich verdeutlichen, wenn man ihn mit Satelliten vergleicht: „Diese befinden sich zum Teil in Höhen von 35.000 bis 36.000 Kilometern“, erklärte Prof. Dr. Alan Harris vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gegenüber Yahoo! Nachrichten. „Der Asteroid war gerade mal doppelt so weit entfernt, wie diese künstlichen Flugkörper.“

„2012 BX34 wäre wohl verglüht“
Allerdings drohte der Erde bei diesem Asteroiden keine Gefahr. Er wäre wohl selbst dann harmlos gewesen, wenn er direkt auf uns zu- statt nur vorbeigeflogen wäre. Für einen Einschlag auf dem blauen Planeten war der 19 Meter lange und sechs Meter breite Brocken zu klein. „Wenn er tatsächlich in die Erdatmosphäre gekommen wäre, dann wäre er wohl durch die Effekte in der Atmosphäre zerstört worden. Er wäre wahrscheinlich verglüht“, erklärte der Wissenschaftler weiter. 

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Doch die Gefahr aus dem All ist damit nicht gebannt, im Gegenteil. Auch künftig werden uns Himmelskörper immer wieder bedrohen, fürchten Forscher. Dabei ist allerdings zwischen Asteroiden und Kometen zu unterscheiden. Beide weisen eine steinartige, harte Konsistenz auf, wobei Kometen zusätzlich noch Eis enthalten. Wenn ein Komet von der Sonne erwärmt wird, verdampft dieses Eis und der Druck innerhalb des Objekts erhöht sich. Gase und Staub werden aus dem Kern hinausgeschoben, und es bildet sich eine sogenannte Koma, die Hülle eines Kometen, die später zu dessen Schweif wird.

"In den nächsten 100 Jahren wird es passieren"
Wesentlich gefährlicher für die Erde seien jedoch Asteroiden, erläutert Harris. „Zwar sind diese meist kleiner als Kometen, doch ihre Umlaufbahnen befinden sich oft näher an unserem Planeten.“ Das Risiko, dass ein solches Objekt mit der Erde kollidiert, sei daher größer.

Dass sich ein Zusammenstoß ereignen wird, dessen ist sich Harris absolut sicher: „Es wird sich wiederholen. In den nächsten 100 Jahren wird etwas passieren. Dabei handelt es sich um einen statistischen Prozess. Irgendwann kommt ein großes Objekt und trifft die Erde, das ist wissenschaftlich erwiesen.“

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Schon ein Himmelskörper von 50 Metern Durchmesser wäre möglicherweise groß genug, um einen Flug durch die Erdatmosphäre zu überstehen. „Trifft er auf die Erde, hätte das einen Krater zur Folge. Wenn er  dann auch noch an der falschen Stelle aufschlägt, könnte eine ganze Stadt verschwinden.“
Problematisch wäre es vor allem, wenn man einen Kollisionskurs zu spät erkennt. „Wenn wir das erst Monate oder wenige Jahre zuvor feststellen, hätten wir keine Zeit, darauf zu reagieren.“

Raumsonden könnten uns retten

Ohnehin beschäftigt die Wissenschaft die große Frage: Wie lässt sich ein möglicher „Zerstörungskurs“ verhindern? „Vor allem überlegen wir, was wir gegen größere Objekte tun könnten, da sie eine Gefahr für ganze Länder darstellen könnten“, so Harris. Die größten Brocken sind dabei nicht zwangsläufig die gefährlichsten: „Je größer, desto wahrscheinlicher ist es, dass man sie vorher durch Teleskope entdeckt.“ Suchprogramme mit relativ kleinen Teleskopen spüren jede Nacht durchschnittlich zwei erdnahe Objekte auf. 

„Wenn ein Objekt nicht zu groß ist - sagen wir bis zu 500 Meter -, dann würden wir eine computergesteuerte Raumsonde mit integrierter Kamera starten. Mit dieser Sonde würde man versuchen, den Asteroiden mit sehr hoher Geschwindigkeit zu treffen. Das würde ihm einen Impuls verpassen und ihn vom Kurs abbringen. Diesen vielversprechenden Vorgang bezeichnet man als kinetischen Impaktor.“ Bislang wurde ein solcher Prozess allerdings nur in der Theorie durchgespielt – eine Demonstrationsmission gab es noch nicht.

„Bedroht ein großes Objekt von etwa einem Kilometer Durchmesser die Erde, würde man das wohl 20 bis 30 Jahre im Voraus entdecken. Daraufhin würde man seinen Kurs natürlich stetig beobachten und studieren. Wenn sich herausstellt, dass das Objekt tatsächlich Kurs auf die Erde nimmt, könnte man eine Erkundungssonde starten, um den Himmelskörper vor Ort zu erörtern.“ Anschließend sei man hoffentlich in der Lage, mehrere Ablenkungsmissionen durchzuführen. 

Anders stelle sich der Sachverhalt dar, wenn das Objekt relativ plötzlich auftauche, so dass man wenig Zeit hätte, eine Reaktion zu planen. „Dann würde man es mit einer nuklearen Mission versuchen“, so Harris. Das allerdings wäre „letzte Verzweiflung“.

Ohnehin seien bislang viele Ideen und Theorien vorhanden, aber getestet wurden diese noch nicht. Wissenschaftler führten Gespräche mit der NASA und der ESA. Man sei unter anderem dabei, eine Mission zu entwerfen, bei der man verschiedene Methoden zur Abwehr von Himmelskörpern testen kann.

„Im Ernstfall wird man schwere Entscheidungen treffen müssen. Allerdings kann man auch nur mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten“, so der Experte. „Wenn wir eine Wahrscheinlichkeit von zehn bis 30 Prozent haben, dass ein Asteroid die Erde trifft, müssen wir vielleicht trotzdem die Hemmschwelle überschreiten. Selbst, wenn nicht klar ist, ob ein Objekt Erde trifft, muss man, um Schlimmeres zu verhindern, möglicherweise handeln.“