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"Das Geld hat uns Menschen unterjocht": Franziska Weisz über ARD-Serie "Tage, die es nicht gab"

Franziska Weisz, 42, ist eine der bekanntesten und meistbeschäftigten österreichischen Schauspielerinnen,die auch in Deutschland sehr gefragrt ist. Nun kommt aus ihrem Heimatland eine famose Drama-Krimi-Serie, die den internationalen Vergleich nicht scheuen braucht: "Tage, die es nicht gab". (Bild: Nadja Klier)
Franziska Weisz, 42, ist eine der bekanntesten und meistbeschäftigten österreichischen Schauspielerinnen,die auch in Deutschland sehr gefragrt ist. Nun kommt aus ihrem Heimatland eine famose Drama-Krimi-Serie, die den internationalen Vergleich nicht scheuen braucht: "Tage, die es nicht gab". (Bild: Nadja Klier)

Die österreichisch-deutsche Serie "Tage, die es nicht gab" ist ein loses Remake des US-Serienhits "Big Little Lies". Die Geschichte von vier gut situierten Freundinnen und Müttern begeistert jedoch mit eigener Qualität. Hauptdarstellerin Franziska Weisz spricht über Frauen und ihre Freundschaften.

Franziska Weis, 1980 in Wien geboren, zählt zu den bekanntesten und meistbeschäftigten österreichischen Schauspielerinnen in Deutschland. Aus dem Heimatland der "Tatort"-Kommissarin an der Seite Wotan Wilke Möhrings kommt nun die achtteilige Serie "Tage, die es nicht gab" (ab Dienstag, 14. Februar, 20.15 Uhr), die in deutscher Koproduktion entstand und zum Cleversten und Besten zählt, was in diesem Jahr aus deutscher Serienproduktion zu sehen ist. Dabei ist die Dramaserie, die sich als Krimi tarnt, eigentlich eine lose Adaption des US-Hits "Big Little Lies" mit Nicole Kidman und Reese Witherspoon, jedoch mit ganz viel österreichischer "Eigenart". Franziska Weisz spricht im Interview über die Menschheitsgeisel "Geld", Frauenfreundschaften und Dreharbeiten in der Nähe ihrer verhassten alten Schule, die trotzdem traumhaft waren.

teleschau: "Tage, die es nicht gab" wird relativ offen als österreichische Variante der preisgekrönten US-Serie "Big Little Lies" verkauft. War das schon so, als Sie gefragt wurden, ob sie mitmachen?

Franziska Weisz: Ja, ich habe das Drehbuch im Weihnachtstrubel 2020 zum Lesen bekommen mit den Worten: "Das ist so ein bisschen 'Big Little Lies' auf Österreichisch." Was ich natürlich sehr interessant fand, weil ich ein Riesenfan von "Big Little Lies" bin. Aber gerade deshalb bin ich froh, dass wir etwas ganz Eigenes geschaffen haben - denn eine exakte Kopie hätte nur schiefgehen können.

teleschau: Was ist anders - in Ihren Augen?

Franziska Weisz: Sehr viel. Ich kann besser erzählen, was in unserer Serie davon inspiriert ist: Es geht um vier Freundinnen in der tendenziell besseren Gesellschaft. Sie leben in schönen Häusern, in einer schönen Gegend, haben Kinder und komplexe Geheimnisse.

Die achtteilige Serie "Tage, die es nicht gab" erzählt von vier engen Jugendfreundinnen, verkörpert durch (von links) Franziska Hackl, Franziska Weisz, Diana Amft und Jasmin Gerat. Deren Kinder besuchen dieselbe Eliteschule, wie einst sie selbst. Ein Todesfall am Edel-Gymnasium löst Nachforschungen und eine Kaskade von Überraschungen aus. (Bild: ARD/ORF/MR Film)

"Freundschaften unterliegen weniger Konventionen als Beziehungen"

teleschau: Und worin liegt der "österreichische Ansatz" der Erzählung?

Franziska Weisz: Es ist gut gelungen, eine österreichische Kompromisslosigkeit in die Erzählung hineinzubringen. Etwas Drastisches, das sich manch andere in Primetime-Programmen nicht so recht trauen. Und natürlich unser besonderer Humor, der hier vor allem von zwei Kommissaren verkörpert wird, die es so in der US-Vorlage auch nicht gab. Die sind dermaßen trocken, lethargisch und schwarzhumorig, dass ich sie auf den Nenner "Columbo meets Kottan" bringen würde.

teleschau: Glauben Sie, dass Freundschaften in den "besseren Kreisen" anders funktionieren als bei den sogenannten normalen Leuten?

Franziska Weisz: Ich glaube, dass Freundschaften niemals gleich funktionieren. Allein deshalb, weil sie nicht funktionieren müssen. Das ist der Unterschied zu Beziehungen, von denen man erwartet, dass sie funktionieren müssen. Freundschaften unterliegen weniger Konventionen als Beziehungen, sie sind flexibel und frei. Klar ist natürlich auch, wenn man von einer Freundin oft versetzt oder hängengelassen wird, macht man sich natürlich über den Stellenwert dieser Freundschaft Gedanken (lacht). Freundschaften sind so unterschiedlich wie die Menschen an sich.

teleschau: Aber Geld allein macht die Frauen Ihrer Serie auch nicht glücklicher, oder?

Franziska Weisz: Nein, Geld macht oft sogar unfreier. Wer viel hat, sieht sich in vielen Zwängen gefangen. Diese schöne Welt, die die Frauen vor sich hertragen, stellt auch eine Bürde dar. In dem Moment, wo man etwas darstellen muss, nimmt man sich viel Freiheit.

In der achtteiligen ARD-Serie "Tage, die es nicht gab" spielt Franziska Weisz eine Staatsanwältin, Mutter von drei Kindern und Freundin, die an vielen, wahrscheinlich zu vielen Fronten zu kämpfen hat. (Bild: ARD/ORF/MR Film)
In der achtteiligen ARD-Serie "Tage, die es nicht gab" spielt Franziska Weisz eine Staatsanwältin, Mutter von drei Kindern und Freundin, die an vielen, wahrscheinlich zu vielen Fronten zu kämpfen hat. (Bild: ARD/ORF/MR Film)

"Menschen haben das 'Talent', sich unglücklich zu machen"

teleschau: Würden Sie generell sagen, dass Geld nicht glücklich macht?

Franziska Weisz: Entweder man hat das Talent, glücklich zu sein oder man hat es nicht. Ich glaube nicht, dass dies wirklich eine Frage des Geldes ist. Na klar, mit Geld hat man mehr Möglichkeiten - objektiv gesehen. Doch es gibt Menschen mit sehr viel Geld, die niemals glücklich sind, und es gibt Menschen mit wenig Geld, die glücklich sind, weil sie es schaffen, auf ihre Bedürfnisse zu achten. Letzteres spielt, glaube ich, eine große Rolle, wenn man sich die Frage nach dem eigenen Glück stellt.

teleschau: Aber ist das nicht eine sehr romantische Sichtweise? Immerhin schafft Geld viele Möglichkeiten im Leben, wie man sich ein glückliches Leben aufbauen könnte ...

Franziska Weisz: Geld ist ein unglaublich komplexes Thema. Es ist ein Wahnsinn, wie dieses soziale Konstrukt - denn wir Menschen haben ja das Prinzip Geld erfunden - unser Leben bestimmt, wie darüber hinaus nur noch die fundamentalen Naturgesetze. Das Geld hat uns Menschen unterjocht. Kaum etwas hat so viel Einfluss auf unser Leben. Wir treffen fast schon minütlich Entscheidungen, die mit Geld tun haben: Nehme ich ein Taxi oder den Bus? Oder gehe ich vielleicht zu Fuß, weil die Sonne scheint und ich mir die Zeit einfach nehme. Letzteres wäre die Glücksentscheidung. Aber Menschen haben das "Talent", sich unglücklich zu machen - in allen möglichen Positionen.

teleschau: Vom Geld zurück zu den Frauen. Funktionieren Frauenfreundschaften anders als die von Männern?

Franziska Weisz: Im Klischee heißt es immer, das wäre so. Aber ich kann dazu gar nicht so viel sagen. Na klar, an Klischees ist meist etwas Wahres dran. Aber ich bin auch nicht dabei, wenn Männerfreundschaften stattfinden. Ich kann nur sagen, dass meine Frauenfreundschaften sehr unterschiedlich sind - so unterschiedlich wie die Frauen. Man hört, dass Männer über andere Dinge reden. Wenn Männer sich zum Fußball treffen, noch ein Klischee, wird gefragt: "Und, zu Hause alles okay?". Und dann heißt es: "Ja, alles okay." Mit so einem Gespräch würden sich Frauen nicht zufriedengeben, weder die Fragende noch die Antwortende (lacht).

Vier erwachsene Frauen, die sich seit ihrer Schulzeit kennen und "eng" miteinander verbunden sind, stehen im Mittelpunkt der achtteiligen Serie "Tage, die es nicht gab": Miriam Hintz (Franziska Weisz, unten links), Doris Hauke (Diana Amft, unten rechts), Christiane Boj (Franziska Hackl, oben links) und Inès Lemarchal (Jasmin Gerat).

 (Bild: ARD/ORF/MR Film)

"Ich war auf jeden Fall früher oft Außenseiterin"

teleschau: Sind Sie eher im Team "alte Freundschaften", oder kommen bei Ihnen im Laufe des Lebens immer wieder neue dazu?

Franziska Weisz: Über mein bisheriges Leben ist das eher bunt gemischt. Allerdings habe ich aus der Schulzeit keine Freundschaften mehr, was daran liegen mag, dass ich sehr ungern zur Schule gegangen bin. Ich habe eine Freundin, die ich noch aus dem Kindergarten kenne. Wir haben uns dann mit 20 Jahren wiedergetroffen und sofort eine starke Verbindung gespürt. Auch wenn wir uns mal ein Jahr nicht sehen, bin ich mir sicher: Diese Freundschaft wird ein Leben lang halten.

teleschau: Wie ist es mit Freundschaften in der Filmbranche?

Franziska Weisz: Die sind definitiv möglich. Was auch daran liegen könnte, dass sich in dieser Branche viele Außenseiter-Typen tummeln, die wegen ihrer Lebenserfahrungen in diese Richtung gegangen sind. Ich war auf jeden Fall früher oft Außenseiterin, und im Film habe ich oft leichter Freundschaften gefunden als zuvor. Diese Beziehungen sind jetzt aber teilweise auch schon wieder 20 Jahre alt, weil ich schon so lange dabei bin.

teleschau: Sie sind selbst mit einem Regisseur verheiratet. Die kreative Arbeit am Set stellt man sich intensiv vor. Könnten Sie überhaupt außerhalb der Arbeit noch neue Freunde kennenlernen?

Franziska Weisz: Na klar, auch Schauspielerinnen und Schauspieler kennen andere Lebenszusammenhänge neben dem Job. Vielleicht sind wir Mütter, Sportlerinnen, haben ein Hobby und so weiter. Grundsätzlich ist es natürlich wie in jedem Beruf. Man verbringt dort viel Zeit und teilt - je nach Job - vielleicht die gleiche Leidenschaft. Das steigert natürlich die Wahrscheinlichkeit, dass man sich miteinander anfreundet. Pro Film lernt man etwa 50 neue Menschen kennen. Selbst bei Schauspielerinnen und Schauspielern geht es mir so, dass ich immer wieder Menschen treffe, die ich zuvor nicht kannte. Und dann gibt es Jobs beim Film, da kommt man sich automatisch sehr nahe und verbringt viel Zeit miteinander - zum Beispiel mit Maskenbildnerinnen oder eben Regisseurinnen.

Die Ehe von Staatsanwältin Miriam Hintz (Franziska Weisz) mit ihrem Mann Joachim (Andreas Lust) driftet in Richtung Rosenkrieg. (Bild: ARD/ORF/MR Film)
Die Ehe von Staatsanwältin Miriam Hintz (Franziska Weisz) mit ihrem Mann Joachim (Andreas Lust) driftet in Richtung Rosenkrieg. (Bild: ARD/ORF/MR Film)

"Wir sind echte Freundinnen geworden"

teleschau: Versteht man bei Freundschaften unter Filmschaffenden Dinge, die Menschen außerhalb der Branche merkwürdig finden?

Franziska Weisz: Ja, das glaube ich schon. Dass sich der andere einfach mal für drei Monate verabschiedet und man nichts hört, das ist unter Menschen, die gerade drehen, normal. Wer sich eine Freundschaft nach dem Motto "jeden Mittwoch nach der Arbeit gehen wir einen trinken" wünscht - das funktioniert mit Schauspielern eher nicht. Bei uns braucht man in Sachen Freundschaft manchmal Geduld.

teleschau: Wie war es mit ihren Co-Stars Diana Amft, Jasmin Gerat und Franziska Hackl? Verspürt man, wenn man beste Freundinnen spielen soll, Druck nach dem Motto: Wir müssen jetzt alles dafür geben, um uns auch im wahren Leben gut zu verstehen?

Franziska Weisz: Es war genau andersherum. Wir wussten, als die Rollen vergeben wurden, nicht, wer die anderen Schauspielerinnen sein würden. Erst kurz vor Drehbeginn gab es eine Online-Leseprobe, während der wir uns kennengelernt haben. Damals war Lockdown. Jasmin Gerat und Diana Amft kannten sich schon ganz lange. Wir anderen kannten uns nur aus der Ferne. Es hat aber derart gut funktioniert zwischen uns, dass ich heute sagen kann: Wir sind echte Freundinnen geworden und mögen uns von Herzen gern. Es ist faszinierend, dass eine Casterin dafür verantwortlich ist (lacht).

teleschau: Werden Sie sich wiedersehen - eventuell in einer zweiten Staffel?

Franziska Weisz: Diese Möglichkeit würden wir uns alle wünschen. In Österreich ist die Serie ja schon letzten Herbst mit sensationell guten Quoten gelaufen. Jetzt warten wir die deutsche Ausstrahlung ab. Wir haben ja schon vor zweieinhalb Jahren gedreht. Es war ein heißer Wiener Sommer, teilweise um die 40 Grad warm. Wir hatten eine so schöne Zeit, dass wir uns ein Wiedersehen und gemeinsames Weitererzählen wirklich wünschen würden. Lustigerweise haben wir in der Nähe von Wien in einer Gegend gedreht, in der auch meine alte Schule steht. Dass ich es trotzdem genossen haben, spricht wirklich für die tolle Atmosphäre rund um dieses Projekt (lacht).

Freundinnen, ein Leben lang, von links: Miriam Hintz (Franziska Weisz), Doris Hauke (Diana Amft), Inès Lemarchal (Jasmin Gerat) und Christiane Boj (Franziska Hackl). (Bild: ARD/ORF/MR Film)
Freundinnen, ein Leben lang, von links: Miriam Hintz (Franziska Weisz), Doris Hauke (Diana Amft), Inès Lemarchal (Jasmin Gerat) und Christiane Boj (Franziska Hackl). (Bild: ARD/ORF/MR Film)