"Gute Juristen waren bei dieser Serie auf jeden Fall vonnöten"

Max von der Groeben wurde durch seine Rolle als Proletenschüler "Danger" in drei "Fack ju Göhte"-Filmen berühmt. Das Kuriose: Hinter der Figur des Berliner Proleten, den er auch nun wieder - sehr viel ernster - in der Serie "Das Netz: Spiel am Abgrund" verkörpert, steckt in Wirklichkeit ein Graf aus Köln. (Bild: Gisela Schober / Getty Images for Netflix)

Fast jeder kennt Max von der Groebens Gesicht aus den "Fack ju Göhte"-Filmen. Nun spielt der 30-jährige Kölner in der ARD-Serie "Das Netz - Spiel am Abgrund" einen Union Berlin-Hooligan, der durch Zufall in die dunklen Machenschaften des internationalen Fußballs gerät.

Rund um die am 20. November beginnende Weltmeisterschaft in Katar ist das deutsche Fernsehprogramm voll mit kritischen Auseinandersetzungen mit dem Fußball. Neuerdings nicht mehr nur in Form von Dokus und Talks, sondern auch mit fiktionalen Programmen. In der achtteiligen Serie "Das Netz: Spiel am Abgrund" (ab Donnerstag, 3. November, 20.15 Uhr, im Ersten oder seit 21. Oktober in der ARD-Mediathek) spielt Fußballfan Max von der Groeben, bekannt als "Problemschüler" Danger aus den "Fack ju Göhte"-Filmen, einen Berliner Hooligan, der in die üblen Machenschaften des internationalen Fußballgeschäfts gerät. Ein Gespräch über Korruption und andere Verbrechen rund um das schöne Spiel mit dem Ball beziehungsweise darüber, wie man es schaffen kann, nicht vor dem Bösen im Fußball zu kapitulieren.

teleschau: Herr von der Groeben, Sie kommen aus adeligem Haus. In "Das Netz" spielen Sie einen Berliner Hooligan aus dem Plattenbau. Wie groß ist der Spagat zwischen Privatem und der Rolle?

Max von der Groeben: Na ja, schon recht groß. Ich bin zwar auch Fußball-Fan, aber die Hooligan-Szene war mir davor doch ziemlich fremd. Diese Leute gehen sehr viel weiter, als ich für meinen Verein, den 1. FC Köln, gehen würde. Dem Hooligan geht es ja nicht nur um den Verein, sondern um einen gewissen Lebensstil, eine Form der Inszenierung.

teleschau: Sie meinen den Wunsch, sich regelmäßig mit anderen zu prügeln ...

von der Groeben: Ja, genau. Das kenne ich so nicht.

Max von der Groeben als Fußball-Hooligan Marcel in "Das Netz: Spiel am Abgrund": Es ist die erste von mehreren paneuropäisch produzierten Serien unter dem Dachtitel "Das Netz", die sich rund um die Fußball-WM in Katar kritisch mit dem Business hinter dem beliebtesten Sport der Welt auseinandersetzen. (Bild: ARD Degeto/Sommerhaus Serien GmbH//Das Netz Gmbh/Stephan Rabold)

"Wir haben in Köln schon deutlich düsterere Zeiten erlebt"

teleschau: Sie kommen aus Köln. Der Verein, die Stadt und ihre Menschen gehören dort eng zusammen. Gibt es in Köln überhaupt die Chance, Fan eines anderen Vereins zu werden?

von der Groeben: Es wäre schon schwer. Alle Kölner, die ich kenne, sind Fans des 1. FC. Andere Entscheidungen würde man bei uns nur schwer verstehen (lacht).

teleschau: Dann geht es Ihnen als Fußball-Fan wahrscheinlich gerade ganz gut, denn Köln spielt bisher eine starke Saison ...

von der Groeben: Ja, ich bin zufrieden. Oder sagen wir es mal so: Wir haben in Köln schon deutlich düsterere Zeiten erlebt.

teleschau: Düster ist auch das Bild, dass die beiden Serien unter dem Dachtitel "Das Netz" vom Fußballgeschäft zeichnen. Es geht um Korruption, Menschenhandel und Mord. Welche Idee steckt hinter "Das Netz"?

von der Groeben: Es sind mehrere Serien über das Fußballgeschäft unter einem Dachtitel, die von verschiedenen europäischen Ländern - oft in Koproduktion - produziert werden. Auch in ihren Plots sind die Serien ein wenig miteinander verwoben. Allerdings nicht so sehr, als dass man nicht auch jede Serie für sich allein schauen könnte.

Fußball-Serie "Das Netz: Spiel am Abgrund": Hooligan Marcel (Max von der Groeben, rechts), eben frisch aus dem Knast entlassen, und sein Kumpel Kevin (Eric Cordes) treffen sich im Stadion. (Bild: ARD Degeto/Sommerhaus Serien GmbH/Das Netz Gmbh/Stephan Rabold)
Fußball-Serie "Das Netz: Spiel am Abgrund": Hooligan Marcel (Max von der Groeben, rechts), eben frisch aus dem Knast entlassen, und sein Kumpel Kevin (Eric Cordes) treffen sich im Stadion. (Bild: ARD Degeto/Sommerhaus Serien GmbH/Das Netz Gmbh/Stephan Rabold)

"Gute Juristen waren bei dieser Serie auf jeden Fall vonnöten"

teleschau: Die zeitliche Nähe der Ausstrahlung zur viel kritisierten Fußball-WM in Katar ist unübersehbar. Was wollen Sie mit "Das Netz" bewirken?

von der Groeben: Natürlich in erster Linie unterhalten, denn es sind Thriller-Serien. "Spiel am Abgrund", meine Serie, erzählt zumindest einen Kriminal-Thriller rund um das internationale Fußballgeschäft. Die Institutionen, Ämter und "Berufsgruppen" im Film sind fiktiv, aber natürlich von der Realität inspiriert. Ich denke, dass "Das Netz" Denkanstöße gibt, das System Fußball, also das Geschäft mit dem Fußball, deutlicher als bisher infrage zu stellen.

teleschau: Der Fußballweltverband in der Serie heißt WFA und es geht darin um eine "World League", die in der Realität als - geplante - "Super League" von sich reden machte. Saßen die Juristen bereits neben den Drehbuchautoren im Writers' Room?

von der Groeben (lacht): In der Tat muss man bei "Das Netz" ziemlich genau abwägen, was man in der Serie wie nennt. In unserem Drehbuch musste ein Satz einer Figur geändert werden, die man mit einer realen Figur verwechseln könnte ...

teleschau: Lassen Sie mich raten: In dem Satz ging es um einen Mordauftrag?

von der Groeben: Das haben Sie jetzt gesagt. Aber es stimmt: Man kann nicht alles behaupten, nur weil eine Figur fiktiv ist - sofern sie an eine reale Figur sichtbar angelehnt ist. Gute Juristen waren bei dieser Serie auf jeden Fall vonnöten.

Max von Groeben ist selbst Fußball-Fan und Anhänger seines Heimatvereins 1. FC Köln. Er findet, die Politik und das Fußball-System selbst müssten seinen Lieblingssport reformieren, nicht die Fans selbst. (Bild: ARD Degeto/Sommerhaus Serien GmbH//Das Netz Gmbh/Stephan Rabold)
Max von Groeben ist selbst Fußball-Fan und Anhänger seines Heimatvereins 1. FC Köln. Er findet, die Politik und das Fußball-System selbst müssten seinen Lieblingssport reformieren, nicht die Fans selbst. (Bild: ARD Degeto/Sommerhaus Serien GmbH//Das Netz Gmbh/Stephan Rabold)

"Es ist auch nicht die Aufgabe der Fans, das System zu verändern"

teleschau: Macht Kritik am Fußballgeschäft in Form einer Fiction-Serie überhaupt Sinn oder ist es nicht so, dass Fans trotz aller Kritik die Spiele weiter sehen werden und am Fußball Desinteressierte das ganze System ohnehin für verrucht halten?

von der Groeben: Ich denke, dass die meisten Leute, ob Fan oder nicht, davon ausgehen, dass der Weltfußball heute ein korruptes System ist. Dass zumindest Bestechung an der Tagesordnung ist. Allerdings gilt das auch für andere gesellschaftliche Bereiche. Überall, wo es um Macht geht, traut man den Mächtigen heute kein "fair play" mehr zu. Trotzdem glaube ich, dass man durch die Serie mehr über mögliche Strukturen und Vorgehensweisen in diesem Geschäft erfahren kann. Es ist auch nicht das Gleiche, wenn man sich eine Doku anschaut, denn wir erreichen mit einem Thriller-Format wahrscheinlich mehr Zuschauer und können auch ein bisschen mehr wagen und weiterdenken als eine Dokumentation.

teleschau: Jetzt frage ich Sie als Fan. Würden Sie Ihren Fußball-Konsum verändern, wenn Sie von Korruption und verbrecherischen Methoden im Fußballgeschäft erführen?

von der Groeben: Theoretisch weiß man von Korruption im Fußball, beziehungsweise man geht davon aus. Dennoch schaue ich mir Fußball im Fernsehen an und das als Fan des Sports und nicht wegen der korrupten Systeme dahinter. Man kann einen Sport gut finden, aber das Geschäft dahinter ablehnen. Das finde ich schon. Trotzdem glaube ich, dass sich das System dringend verändern muss, weil die Auswüchse immer schlimmer werden. Von vielen Machenschaften hört man schon länger, aber die absurde Vergabe der WM nach Katar hatte noch mal eine andere Qualität.

teleschau: Aber hat unser Gerede irgendeinen Effekt?

von der Groeben: Würden alle oder zumindest eine Mehrheit der Fans die Spiele in Katar nicht schauen, würde die FIFA vielleicht ihr System und die Herangehensweise der Vergabe überdenken. Aber aller Voraussicht nach wird dieser Boykott so nicht stattfinden. Und ich finde, es ist auch nicht die Aufgabe der Fans, das System zu verändern. Das müssten die Politik, die Verbände, die Sendeanstalten - also Menschen und Gremien in ähnlichen Machtpositionen - übernehmen. Oder vielleicht auch ein Stück weit das System selbst. Leider funktionierte es bisher nicht.

Hooligan Marcel (Max von der Groeben, rechts) fürchtet um das Leben seines Kumpels Kevin (Eric Cordes). (Bild: ARD Degeto/Sommerhaus Serien GmbH/Das Netz Gmbh/Stephan Rabold)
Hooligan Marcel (Max von der Groeben, rechts) fürchtet um das Leben seines Kumpels Kevin (Eric Cordes). (Bild: ARD Degeto/Sommerhaus Serien GmbH/Das Netz Gmbh/Stephan Rabold)

"Fack ju Göhte"- Rollen? : "Mache ich jetzt erst mal nicht!"

teleschau: Kommen wir weg vom Fußball und zu Ihrer Karriere. Ihr Vater ist der Sportjournalist Alexander Graf von der Groeben, doch Sie sind durch eine Proleten-Rolle in der Filmreihe "Fack ju Göhte" bekannt geworden. Jetzt spielen Sie wieder jemanden aus der Unterschicht. Ist das nicht lustig?

von der Groeben: "Fack ju Göhte" und "Das Netz" kann man nicht miteinander vergleichen. Weder das Genre noch meine Rolle. Ich wähle Rollen so, wie ich sie interessant finde und sie mich reizen. Aus welchem Umfeld die Figuren kommen, spielt bei der Entscheidung nur bedingt eine Rolle.

teleschau: Trotzdem kennt ja fast jeder Ihr Gesicht aus den "Fack Ju Göhte"-Filmen, wo Sie den Schüler "Danger" spielten. Haben Sie es nach den drei Blockbuster-Filmen vermieden, ähnliche Typen zu spielen?

von der Groeben: Natürlich kamen viele Projektanfragen nach "Fack ju Göhte", die im Comedy-Fach zu Hause waren. Da habe ich tatsächlich meistens gesagt: Mache ich jetzt erst mal nicht! Und so habe ich mich dann verstärkt auf ernstere Rollen und Dramen statt Komödien konzentriert. Letztendlich entscheidet man aber immer, ob man das Drehbuch mag, ob einen die Rolle anspricht oder eben nicht. Da ist das Genre erstmal zweitrangig. Mal schauen, was ich noch alles spielen darf. Derzeit sind es aber eher ernstere Rollen.

Heute 30 alt, aber schon länger gut im Geschäft: Max von der Groeben bei der "Goldenen Kamera"-Verleihung in Berlin 2019. (Bild: 2019 Getty Images)
Heute 30 alt, aber schon länger gut im Geschäft: Max von der Groeben bei der "Goldenen Kamera"-Verleihung in Berlin 2019. (Bild: 2019 Getty Images)