Nach Hängepartie: Bundestag beschließt Heizungsgesetz

Berlin (dpa) - Der Weg zum Heizungsgesetz war steinig: schwere Vorwürfe innerhalb der Ampel, zahlreiche Nachbesserungen unter den Augen der Öffentlichkeit und sogar ein zwischenzeitlicher Stopp durch das Bundesverfassungsgericht.

Am Nachmittag hat der Bundestag das umstrittene Gebäudeenergiegesetz beschlossen. Es zielt darauf ab, durch einen schrittweisen Austausch von Öl- und Gasheizungen das Heizen in Deutschland klimafreundlich zu machen. Für das Gesetz stimmten am Freitag 399 Abgeordnete, mit Nein 275. 5 Abgeordnete enthielten sich. Ende September muss das Gebäudeenergiegesetz - oft als Heizungsgesetz bezeichnet - noch den Bundesrat passieren.

Kern des Gesetzes

Das neue Gebäudeenergiegesetz sieht im Kern vor, dass künftig jede neu eingebaute Heizung mit 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Das Gesetz soll Anfang 2024 in Kraft treten - aber unmittelbar erst einmal nur für Neubaugebiete gelten. Für Bestandsbauten soll eine kommunale Wärmeplanung der Dreh- und Angelpunkt sein, die schrittweise kommen soll.

Auf der Grundlage einer Wärmeplanung sollen Hausbesitzer entscheiden können, was sie machen - ob sie sich etwa an ein Wärmenetz anschließen lassen oder eine Wärmepumpe oder eine andere klimafreundlichere Heizung einbauen. Die kommunale Wärmeplanung soll in Kommunen über 100.000 Einwohnern ab Mitte 2026 und für die restlichen Kommunen ab Mitte 2028 vorliegen. Das Gesetz dafür ist allerdings noch nicht beschlossen.

Kontroverse Debatte

Vor dem Beschluss des Heizungsgesetzes gab es im Bundestag eine kontroverse und lautstarke Debatte. Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) verteidigte das Gesetz gegen scharfe Kritik der Opposition. Er sagte: «Ich finde es berechtigt, mit konkreten und auch besorgten Nachfragen auf dieses Gesetz einzugehen. Was man allerdings nicht durchgehen lassen sollte, ist, den Menschen Sand ins Auge zu streuen - zu sagen, wir machen Ziele, aber wir tun nichts dafür, dass diese Ziele erreicht werden.»

Die unionsgeführte Bundesregierung habe beschlossen, dass Deutschland 2045 klimaneutral sein solle. Es seien aber keine konkreten Maßnahmen vorgeschlagen worden, sagte Habeck. Nun werde es konkret, Millionen von Menschen seien betroffen. Er nehme Sorgen sehr ernst. Das Gesetz schaffe Rechtssicherheit, schütze die Verbraucherinnen und Verbraucher vor hohen Energiepreisen und sorge für eine soziale Ausbalancierung.

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge räumte Fehler ein. Sie sagte, die Koalition habe hart miteinander gerungen, zu oft auch öffentlich - und bei den Bürgern Verunsicherung erzeugt, die nicht nötig gewesen wäre.

Über das Gesetz hatte es monatelange Konflikte auch in der Koalition aus SPD, Grünen und FDP gegeben. Auf Druck vor allem der FDP hatte es grundlegende Änderungen des ursprünglichen Entwurfs gegeben. Die FDP betont vor allem «Technologieoffenheit» - nach dem Motto: «Die Heizung muss zum Haus passen und nicht umgekehrt.»

Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner schrieb auf der Plattform X (früher Twitter): «Es ist nun kein Gesetz mehr, vor dem Menschen Angst haben müssten, weil der Staat in ihren Heizungskeller steigt.» Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb auf X unter Verweis auf das Ziel der Klimaneutralität: «Ein weiterer guter Schritt.»

Oppositionskritik und rechtliches Risiko

Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) nannte das Gesetz «Irrsinn» und ein «Konjunkturprogramm für Populisten». Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sprach von einem kommunikativen «Desaster». CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, die vorgesehene künftige staatliche Förderung sei unzureichend. «Dieses Gesetz macht die Menschen arm.»

Das Gesetz sollte eigentlich Anfang Juli und damit vor Beginn der Sommerpause beschlossen werden. Das Bundesverfassungsgericht aber stoppte eine Verabschiedung vor der Sommerpause. Das Gericht hatte Zweifel daran angemeldet, dass die Rechte der Abgeordneten ausreichend gewahrt blieben. Der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann hatte wegen des engen Zeitplans im Gesetzgebungsverfahren einen Antrag auf eine einstweilige Anordnung gestellt.

Heilmann kritisierte am Freitag im Bundestag, dass es keine erneute Sitzung des zuständigen Bundestagsausschusses gegeben habe. Er hatte mit Blick auf eine weiter anhängige Klage bereits gesagt, er halte die letzte Lesung im Bundestag allein für nicht ausreichend. Sollte die Regierung nicht nachsteuern, würde sie ein formell verfassungswidriges Gesetz beschließen - es bleiben also Risiken für das Gebäudeenergiegesetz. Eine Zustimmung im Bundesrat gilt aber als sicher.

Koalition begründet Gesetz

Die Koalition begründet die Reform im Gesetzentwurf damit, dass Deutschland ohne ein schnelles Umsteuern bei der Gebäudewärme weder die Klimaziele erreichen noch die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen rasch reduzieren könne. Mehr als 80 Prozent der Wärmenachfrage werde aktuell noch durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern gedeckt, dabei dominiere Erdgas.

Zudem dürfte eine auf erneuerbaren Energien basierende Wärmeversorgung mittel- bis langfristig eine sehr viel kalkulierbarere, kostengünstigere und stabilere Wärmeversorgung gewährleisten: «Insbesondere der Nutzung der überall kostenlos verfügbaren erneuerbaren Umweltwärme mittels Wärmepumpen und Solarthermie wird dabei eine entscheidende Rolle zukommen.»

Neue Förderung

Im Zuge der Gesetzesänderungen soll auch die staatliche Förderung des Heizungstauschs reformiert werden, das soll gelten ab 2024. Nach Informationen der dpa strebt das Wirtschaftsministerium an, den ursprünglichen Vorschlag für die Kostendegression bei Mehrfamilienhäusern zu verbessern.

Demnach werden die maximal förderfähigen Investitionskosten für den Heizungstausch auf 30.000 Euro für ein Einfamilienhaus beziehungsweise die erste Wohneinheit in einem Mehrparteienhaus angepasst. Das heißt, der maximal erhältliche Investitionskostenzuschuss für den Heizungstausch betrage im Einfamilienhaus - bei einem Fördersatz von 70 Prozent - 21.000 Euro. Für die 2. bis 6. Wohneinheit in einem Mehrparteienhaus sollen förderfähige Kosten von maximal 15.000 Euro je Wohneinheit gewährt werden, ab der 7. Wohneinheit jeweils 8.000 Euro.