Sie hat (ihren) Frieden gemacht: Yoko Ono wird 90

Ewige Revoluzzerin: Auch mit 80 Jahren weiß Yoko Ono noch ganz genau, wie sie am besten polarisiert. (Bild: EMI)
Ewige Revoluzzerin: Auch mit 80 Jahren weiß Yoko Ono noch ganz genau, wie sie am besten polarisiert. (Bild: EMI)

Mehr als nur John Lennons Witwe: Yoko Ono steht längst nicht mehr im Schatten ihres ermordeten Ehemanns. Die Avantgarde-Künstlerin, die immer noch die Welt verbessern will, feiert am 18. Februar ihren 90. Geburtstag.

Yoko Ono: ein Name, der seit einem halben Jahrhundert für freigeistige Schöpfung in Kunst und Musik steht. Aber auch ein Name, der Kontroversen ausgelöst hat. Die Japanerin polarisiert wie kaum eine andere Künstlerin ihrer Generation. Ihre Vorliebe für experimentellen Avantgardismus brachte ihr sowohl große Anerkennung als auch Missachtung ein. In Tokio geboren, blickt die Vorreiterin der modernen Popkultur auf ein langes und erfülltes Leben zurück. Natürlich verbindet man ihren Namen immer noch einem der größten Musiker aller Zeiten: John Lennon. Im Schatten ihres 1980 ermordeten Ehemann steht die vielseitige Künstlerin, die am 18. Februar ihren 90. Geburtstag feiert, aber nicht mehr.

Ende 1966 lernten sich John Lennon und Yoko Ono in London kennen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die aufstrebende Künstlerin bereits einen Namen in der New Yorker Kunst-Szene gemacht. Unter anderem bei der Etablierung des Begriffs "Fluxus" - einer freigeistigen Form der Aktionskunst, bei der nicht das Objekt, sondern die schöpferische Idee im Fokus steht. Lennon zeigte sich beeindruckt vom Charme und Witz der selbstbewussten Avantgardistin. Keine zwei Jahre später hatte der Musiker bereits einige Kunst-Projekte der Japanerin finanziert - die Chemie zwischen den beiden stimmte einfach.

Yoko Onos natürliche Unbefangenheit faszinierte den Liverpudlian, und ihre kindliche Energie wirkte auf Lennon ansteckend. Das Knistern zwischen den beiden ging weit über das gegenseitige Kunstverständnis hinaus. Ihre Ehrlich- und Schonungslosigkeit sollte einen großen Synergieeffekt besitzen. Die zierliche Künstlerin war stets ein wichtiger Teil auf Lennons Solo-Alben - sei es bei der Produktion, der Covergestaltung oder beim Songwriting.

In Bed with Yoko: John Lennon mit Ehefrau Yoko Ono bei einem ihrer berühmten "Bed-Ins". (Bild: Ivor Sharp / Worldwide Press And Promo In Perpetuity)
In Bed with Yoko: John Lennon mit Ehefrau Yoko Ono bei einem ihrer berühmten "Bed-Ins". (Bild: Ivor Sharp / Worldwide Press And Promo In Perpetuity)

Yoko Ono und John Lennon: ein unzertrennliches Paar

Mit dem in nur einer Nacht spontan entstandenen Experimental-Album "Unfinished Music No.1: Two Virgins" besiegelten die beiden ihre mentale wie sexuelle Partnerschaft. Der von jeglichen Songkonventionen entkoppelte Inhalt und das kontroverse Cover, auf dem beide nackt zu sehen sind, löste damals einen Skandal aus. Zudem erschien das krude Werk im November 1968 fast zeitgleich mit dem "White Album" der Beatles. Das befeuerte die Spekulationen über einen vermeintlichen Zusammenhang zwischen dem bereits zerrütteten Verhältnis der Fab Four und Lennons Beziehung zu Yoko Ono.

Zwei weitere konzeptionell ähnlich gestrickte Werke sollten jeweils im Abstand von einem halben Jahr folgen: "Unfinished Music No. 2: Life With The Lions" thematisiert eine Fehlgeburt von Yoko, das "Wedding Album" (beide 1969) experimentiert mit den Hochzeitserfahrungen des frisch vermählten Paares. Das Werk porträtiert die legendären "Bed-In"-Aktionen der Eheleute, bei denen sie Frieden und Liebe skandierten und ein Ende der weltweiten Kriegstreibereien forderten. Doch nicht nur im Duett zeigte sich das Paar äußerst produktiv: Happenings und großartige Songs ("Give Peace A Chance", 1969) entstanden auch mit der Plastic Ono Band, einer losen Gruppe gleichgesinnter Künstler und Musiker.

Kunst muss alles, kann alles und darf auch alles: Yoko Ono ist die Grande Dame des Avantgardismus. (Bild: EMI)
Kunst muss alles, kann alles und darf auch alles: Yoko Ono ist die Grande Dame des Avantgardismus. (Bild: EMI)

Yoko Ono: Entspannt und unbeirrbar

Nach der Ermordung ihres Mannes am 8. Dezember 1980 kümmerte sich Yono Oko mit Geschick und Weitblick um die Verwaltung des künstlerischen Vermächtnisses John Lennons und etablierte sich zugleich als ebenso entspannte wie unbeirrbare Avantgarde-Apologetin. Ihr scheint wirklich nur eines egal zu sein: was die Leute, die sie nicht mögen, über sie denken. Diese gesunde Einstellung führt bis zum heutigen Tag zu einer bunten Ansammlung an (politischen) Botschaften, Kunstobjekten und Musik.

Gerade die letzten Jahre führten zu einem recht konstanten Strom abwechslungsreicher Alben: Auf dem Remix-Album "Yes, I'm A Witch" (2007) kollaborierte Ono mit so unterschiedlichen Künstlern wie Peaches, Porcupine Tree, DJ Spooky, The Polyphonic Spree oder The Flaming Lips, die voller Respekt ihre Songs neu vertonen und dabei uneigennützig hip klingen. Im gleichen Jahr präsentierte Ono mit "Open Your Box" ein Werk in aufbrausendem House-Sound. Für das Album "Between My Head And The Sky" reaktivierte sie 2009 das Konzept der Plastic Ono Band: Gemeinsam mit Elektronikern und New Yorker Jazzern, agierte Yoko Ono mit ihrem Sohn Sean Lennon als Botschafterin zwischen den Stilen und betrieb dabei ihre unnachahmliche Stimmakrobatik - ein vokales Inferno aus Gurgeln, Schreien, Schnaufen, Heulen und Singen. Ihr bislang letztes reguläres Studioalbum "Warzone" erschien 2018, erneut prangerte sie darauf Gewalt an und rief zu Frieden auf der Welt auf.

Ungeachtet ihres fortgeschrittenen Alters verbringt Ono viel Zeit in Flugzeugen: Amerika, Europa, Asien. Sie ist auf der ganzen Welt ein gern gesehener Gast bei (nicht nur ihren eigenen) Vernissagen, hält Vorträge, gibt Konzerte, nimmt Preise und Auszeichnungen entgegen. Und zu ihrem 90. Geburtstag auch gerne Glückwünsche entgegen: Auf der Website www.wishtreeforyokoono.com können Menschen Nachrichten für Yoko Ono hinterlassen, in Zusammenarbeit der NGO "One Tree Planted" werden - wie bei ihrer 1996 gestarteten Kunstinstallationsreihe - Bäume auf der ganzen Welt gepflanzt - frei nach dem Motto: Give trees a chance.

Lässt sich nicht den Mund verbieten: Yoko Ono macht Dinge, die sich andere nicht trauen würden. (Bild: EMI)
Lässt sich nicht den Mund verbieten: Yoko Ono macht Dinge, die sich andere nicht trauen würden. (Bild: EMI)