Hauch Pfirsichflaum: Ist «Peach Fuzz» die Farbe des Jahres?
Pfirsichfarben soll die angesagte Farbe des Jahres 2024 sein. Die Mischung aus Rosa und Orange ist aber bislang kaum im Handel zu sehen. Wie kommt es zu der Wahl?
Berlin/New York - Das Pantone-Institut dürfte vor allem nur kennen, wer Produkte entwickelt oder sich mit Trends beruflich beschäftigt. Doch einmal im Jahr geht es durch die Medien: Wenn das Institut die Trendfarbe ausruft. Für 2024 soll das ein ganz bestimmter Pfirsichton sein. Doch irgendwie ist der so gar nicht überwältigend im Handel zu finden. War es eine Fehlwahl?
Aber erst mal zu den Hintergründen der Kür: Pantone ist ein Unternehmen, das ein verbreitetes Farbsystem für die Grafik- und Druckindustrie führt. Und es lässt Trendscouts gesellschaftliche Entwicklungen analysieren, um auf dieser Basis eine Farbe des Jahres zu küren. Für 2024 eben eine Mischung aus Rosa und Orange mit dem Namen «Peach Fuzz» - übersetzt: Pfirsichflaum.
Trendfarbe symbolisiert aktuelles Lebensgefühl
Aber die Farbwahl des Jahres ist oft auch mehr als nur eine Farbe. Sie steht für ein Lebensgefühl und einen Zeitgeist. Mit samtig und weich wird dieser spezielle Pfirsichton beschrieben. Er soll laut Pantone-Begründung für die Wahl eine Aura haben, die «unserem Geist, unserem Körper und unserer Seele gut» tut. Die Farbe spiegele «die uns innewohnende Sehnsucht nach Nähe und Verbundenheit» wider.
Zwar ist Pantone nur eine von vielen Firmen, die von Trends eine Farbe ableiten, aber gerade die Pantone-Wahl übernehmen viele Firmen auf der ganzen Welt für ihre Kleidung, Taschen und Brillen, Vasen, Kissen, Möbel - und vieles, vieles mehr. Eine Werbemaschinerie gerät in Gang und aus Trendprognose wird so oft erst der Farbtrend. Aber nicht in jedem Jahr liegt Pantone damit ganz richtig. Und auch die jetzige Wahl lässt zumindest wundern.
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«Es ist zwar so, dass der Pfirsichton da sein wird, wir werden ihn im Handel sehen - aber es ist keine breit gestreute Basisfarbe, die wir, egal in welchen Laden wir gehen, ständig bemerken werden», sagt die Trendanalystin Gabriela Kaiser aus Landsberg. «Aber genau das würde ich von einer Jahresfarbe erwarten. Stattdessen gibt da viele andere Farben, denen wir nächstes Jahr hundertprozentig begegnen werden - sei es Rot, sei es Rosa, sei es Pink.»
Problematisch bei der Pantone-Wahl dürfte auch sein, dass sie immer erst zum Vorjahresende bekannt gegeben wird. Die Schauen und Messen, auf denen die Händler ihre Einkäufe machen, seien da längst vorbei. «Wenn es genau den Ton dort nicht gab, dann wird er nicht geordert - dann kommt er nicht in den Laden, dann kann ihn der Endverbraucher nicht sehen», erklärt Kaiser, die für Unternehmen zur Produktentwicklung und Warenbestellung Trendanalysen vornimmt.
Kann es eine Trendfarbe für die ganze Welt geben?
Auch die Farbexpertin Hildegard Kalthegener sieht die Wahl kritisch: «Es wird nicht eine Farbe für das ganze Jahr global geben», sagt die Trendanalystin. «Andererseits finde ich es natürlich sehr lobenswert, dass mit so einer Konsequenz versucht wird, den globalen Zeitgeist mit einer Farbfamilie zu verknüpfen.» Letztlich bleibe es nicht bei einer Farbe, da viele Unternehmen direkt nach der Verkündung schauen, was sie «so in die Richtung» im Sortiment haben.
«So betrachtet ist Pantone ganz gut am Puls der Zeit - denn wenn man dieses Peach ein bisschen kräftiger macht, kommt man in Richtung Lachs oder Terrakotta und wenn man es aufhellt, dann geht es in Richtung Cremeweiß», erläutert Kalthegener. «So ergibt sich eine Palette, die man auf jeden Fall gut gebrauchen und einsetzen kann. Und die den Zeitgeist trifft.»
Auch andere Firmen, die Farbtöne normieren und Paletten mit Modefarben zusammenstellen, gehen da mit: Im RAL-Trendbericht für 2023 und die Zeit darüber hinaus sowie in den NCS-Trends für 2024 und folgend finden sich unter anderen Weiß-Beige-Töne und kräftigeres Peach. Trendanalystin Kaiser sieht es ähnlich: «Ich habe über ein richtiges Orange als Trendton nachgedacht, aber das ist vielen Menschen zu speziell.» Sie setzt auf Creme, was «eine ähnliche Aussage wie Pfirsich hat, aber nicht ganz so supersüß ist».
So erfolgreich wie Magenta und Pink?
Supersüß, weich, fluffig - Pantone präsentiert seinen Fuzz-Ton in Bildern mit Pusteblumen und erklärt: «Er zaubert eine Atmosphäre der Ruhe und gibt uns einen Ort zu sein, zu fühlen, zu heilen und aufzublühen.» Trends sind oft Reaktionen auf eine Weltlage - die Coronajahre, das Kriegsgeschehen, die wirtschaftliche wie politische Unsicherheit befördern eine Sehnsucht nach einer Zufluchtsumgebung. Ein Beispiel dafür ist auch der derzeitige Einrichtungstrend mit Teddyfell und Sesseln, die zu umarmen scheinen.
Und so kann es gut sein, dass nach und nach mehr Produkte in der Farbe «Peach Fuzz» von Pantone oder eben der erweiterten Farbpalette von Pfirsich in den Handel kommen - und uns auffallen. Dafür sorgt allein schon Pantone mit seinen Partnerschaften mit diversen Firmen: Smartphones, Teppiche, Stoffe und Tapete, sogar Zahnbürsten werden in Pfirsich beworben. Und davon inspirierte Tees gemischt.
Aber wird es zur echten Trendfarbe reichen? Immerhin ist das Erbe groß: Der Vorgänger aus 2023 war Magenta, ein intensiver Pinkton. Auch von ihm waren anfangs nicht viele Experten überzeugt. Das Stil-Team der «New York Times» witzelte sogar, Magenta sei «die Farbe, nach der keiner fragte, für eine Welt, in der niemand lebt.» Und dann kam im Jahresverlauf Barbie - und die Pink-Welle.
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