Wie ein haushoher Favorit es Jahr für Jahr vergeigt
Dass ausgerechnet der frühere Kassel-Stürmer Corey Trivino die Aufstiegsträume der Kassel Huskies endgültig zerfetzte, war irgendwie die passende Pointe des erneuten Scheiterns der Schlittenhunde. Mit seinem Treffer ins leere Tor zum 4:2-Endstand schoss Trivino die Eisbären Regensburg zum Zweitligameistertitel - und sein Ex-Team ins Tal der Tränen. Wieder einmal.
„Das ist ein Scheißgefühl“, ärgerte sich Kassels Verteidiger Maximilian Faber beim HR. „Es tut mir leid für den Verein und die Fans, dass wir es nicht geschafft haben dieses Jahr.“
Seit der Einführung des sportlichen Auf- und Abstiegs zwischen DEL und DEL2 zur Saison 2020/21 haben die Kassel Huskies, 1997 immerhin deutscher Vizemeister, immer wieder versucht, den Traum von einer Rückkehr ins Oberhaus zu verwirklichen.
Doch das Unternehmen scheiterte regelmäßig, mitunter dramatisch und teilweise auch kurios. Der vergebliche Kampf um den Aufstieg erinnert mittlerweile schon an die erfolglosen Versuche der Fußballer des Hamburger SV, die auch im sechsten Anlauf die angestrebte Bundesliga-Rückkehr zu verpassen drohen.
Peinliche Panne nach dramatischem Scheitern
2021 fehlte den Schlittenhunden sogar nur ein Sieg, um erstmals seit der Insolvenz und dem Lizenzentzug 2010 wieder erstklassig zu sein. Doch in der coronabedingt verkürzten Finalserie verspielten die Huskies gegen die Bietigheim Steelers eine 2:0-Führung und unterlagen auch im entscheidenden fünften Spiel.
In der folgenden Saison wurde es kurios: Der Klub verpasste die Frist für die Beantragung der DEL-Lizenz. Die entsprechende Bewerbung muss bereits vor Saisonbeginn eingereicht werden, nur dann ist im Falle einer sportlichen Qualifikation mit dem Gewinn der Finalserie am Saisonende ein Aufstieg in die DEL überhaupt möglich.
Diese Fristen habe man „am Ende knapp verfehlt“, räumten die Huskies in einem damaligen Statement etwas zerknirscht ein: „Im Nachhinein wissen wir, dass wir der Einreichung der Unterlagen sorgfältiger hätten nachgehen müssen.“
Kassel Huskies: Bitteres Playoff-Aus nach Rekord-Hauptrunde
In der darauffolgenden Saison unternahmen die Huskies einen neuen Versuch. Dieser startete vielversprechend. In der Hauptrunde dominierte das Team die Liga, stellte am Ende mit 131 Punkten einen DEL2-Rekord auf - nur um dann im Halbfinale der Playoffs am Lokalrivalen EC Bad Nauheim zu scheitern.
Doch Kassel stand nach diesem Rückschlag wieder auf, spielte auch in dieser Saison eine dominante Hauptrunde und lag mit deutlichem Vorsprung auf Rang 1. Zu Beginn des letzten Saisondrittels begann es allerdings zu holpern.
Ende Februar erfolgte der erste Knall: Der Tabellenführer feuerte Coach Bo Subr und holte den früheren Mannheimer Meistercoach Bill Stewart für die „Mission Aufstieg“ aus dem Ruhestand zurück.
Wirbel um Kneipenschlägerei
Doch die Unruhe blieb. Anfang März sorgte eine Meldung von Hit Radio FFH für Aufsehen. Demnach sollen Spieler der Huskies vor einem Pub in eine Schlägerei verwickelt gewesen sein. Die Huskies kündigten in einem Statement eine interne Aufarbeitung an.
Eine ideale Vorbereitung auf die Playoffs sieht anders aus - dennoch gingen die Huskies als Hauptrundensieger einmal mehr als klarer Favorit in die Playoffs.
Im Viertelfinale drohte der große Favorit dann um ein Haar gegen die Lausitzer Füchse eine 3:1-Führung noch zu verspielen, schaffte schließlich aber noch im entscheidenden Spiel 7 den Halbfinaleinzug.
Relativ souverän gelang gegen Kaufbeuren das Erreichen der Finalserie, doch Überraschungsteam Regensburg wurde Kassel schließlich zum Verhängnis.
Kurzfristiger Trainerwechsel verpufft
Nachdem der Hauptrundenzweite sich in Spiel fünf am Sonntag in der Kasseler Nordhessen Arena den Matchpuck gesichert hatte, feuerten die Huskies in einer Art Panikreaktion Coach Stewart.
„In den vergangenen Tagen wurde sich von unserer Klubidentität entfernt. Ich sehe mich in der Verantwortung, diese Tendenzen sofort zu stoppen und somit die Organisation zu schützen“, sagte Geschäftsführer Paul Sinizin.
Der Effekt verpuffte. Unter U20-Coach Sven Valenti und Ex-Nationalspieler Daniel Kreutzer als Co-Trainer an der Bande unterlag Kassel am Dienstagabend mit 2:4 - und die Geschichte der gescheiterten Aufstiegsversuche der Huskies ist um ein Kapitel reicher.
„Da ist jetzt eine Leere. Das Ganze tut mir unglaublich leid für die Jungs“, konstatierte Valenti.
Der Blick nach vorne fällt erst einmal schwer. Immerhin fand Verteidiger Maximilian Faber auch noch kämpferische Worte: „Wir Spieler geben nicht auf, die Kassel Huskies geben nicht auf, die Fans geben nicht auf. Dieser Verein und die Umgebung haben es verdient, in der DEL zu spielen.“
Darauf muss Kassel aber nun ein weiteres Jahr warten. Mindestens.