In welchem Land wird am häufigsten gestreikt?

Momentan mag es vielen Pendler*innen vorkommen, als werde in Deutschland besonders viel gestreikt. Dabei zeigt die Statistik: Im europäischen Vergleich sind die Deutschen eher streikfaul. Deutlich mehr Arbeitskämpfe gibt es in anderen Ländern.

Streikende der EVG in Köln am 21. April 2023. (Bild: REUTERS/Thilo Schmuelgen)
Streikende der EVG in Köln am 21. April 2023. (Bild: REUTERS/Thilo Schmuelgen)

Es dürfte nur wenige überraschen, dass bei unseren westlichen Nachbarn eine völlig andere Gewerkschafts- und Streikkultur vorherrscht, als in Deutschland. Wie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung festgestellt hat, liegen in der Streik-Statistik zwei europäische Länder ganz vorne.

Hier wird am meisten gestreikt

Für die Studie wurde untersucht, wie viele Arbeitstage pro Beschäftigtem jedes Jahr in dem jeweiligen Land ausfallen. Dabei führt Belgien die Statistik deutlich an. Dort fielen im Schnitt der vergangenen zehn Jahre 96 Arbeitstage pro 1.000 Beschäftigte durch Streiks aus. Knapp dahinter liegt Frankreich, wo 92 Tage pro Jahr ausgefallen sind.

Dagegen trauen sich deutsche Beschäftigte sehr selten, für ihre Rechte mit Streiks einzutreten. Im Schnitt fallen hierzulande lediglich 18 Tage pro 1.000 Arbeitnehmer*innen im Jahr aus. Nur die Niederlande mit 22 Arbeitstagen pro Jahr haben laut der Böckler-Stiftung ein vergleichbar niedriges Niveau. Die Statista-Grafik zeigt die Anzahl der durch Streiks verpassten Arbeitstage im europäischen Vergleich.

Infografik: In Belgien und Frankreich wird am meisten gestreikt | Statista
Infografik: In Belgien und Frankreich wird am meisten gestreikt | Statista

Im Vergleich zum Vorjahr hat sich das Streikniveau in Deutschland nahezu unverändert gehalten. Deutlich ist aber zu sehen, dass in den beiden Pandemie-Jahren deutlich weniger gestreikt wurde, als im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre.

Infografik: Arbeitskämpfe 2022 auf Vorjahresniveau | Statista
Infografik: Arbeitskämpfe 2022 auf Vorjahresniveau | Statista

Im Jahr 2022 fielen auf Gesamtdeutschland bezogen 674.000 Arbeitstage durch insgesamt 225 Streiks aus. Daran beteiligt waren 930.000 Streikende, wie das WSI mitteilte: "Damit hat sich das Arbeitskampfgeschehen in Deutschland auf einem im Vergleich der letzten Jahrzehnte eher mittelhohen Niveau verstetigt." Im internationalen Vergleich bewege sich Deutschland "lediglich im unteren Mittelfeld," so das WSI.

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Das könnte sich im Jahr 2023 allerdings ändern. Denn schon in den ersten Monaten des Jahres gab es vermehrt Streiks im Öffentlichen Dienst sowie bei der Bahn und Flughäfen. Damit könnte es im laufenden Jahr zu einem höheren Streikvolumen kommen. Grund dafür dürfte zum Einen das Ende der Pandemie sowie der wirtschaftliche Druck durch den Krieg in der Ukraine und die steigende Inflation sein.