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"Das ist doch irre!": Scharfe Kritik an Sahra Wagenknecht bei Markus Lanz

Bei "Markus Lanz" erklärte Sahra Wagenknecht, was hinter ihrem "Manifest für Frieden" steckt. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)
Bei "Markus Lanz" erklärte Sahra Wagenknecht, was hinter ihrem "Manifest für Frieden" steckt. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Das von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer veröffentlichte "Manifest für Frieden" sorgte auch bei "Markus Lanz" für hitzige Diskussionen. Vor allem SPD-Politiker Kevin Kühnert und die ehemalige russische TV-Journalistin Marina Owsjannikowa verurteilten die Sichtweise der früheren Linken-Fraktionschefin am Dienstagabend aufs Schärfste.

Gemeinsam mit Alice Schwarzer veröffentlichte Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht vor Kurzem das sogenannte "Manifest für Frieden", in dem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dazu aufgerufen wird, die Waffenlieferungen an die Ukraine einzustellen und sich "an die Spitze einer starken Allianz für einen Waffenstillstand und für Friedensverhandlungen zu setzen". Zudem solle es bei den Kriegsparteien "Kompromisse" geben - "auf beiden Seiten". Bei "Markus Lanz" wurde die Politikerin nun für ihre Petition, die zum Zeitpunkt der Ausstrahlung der ZDF-Sendung über 586.000 Menschen unterzeichnet hatten und auch Zuruf aus der AfD bekam, heftig kritisiert.

Ukraine-Expertin Ljudmyla Melnyk und Wissenschaftlerin vom "Institut für Europäische Politik" nannte die Initiative von Wagenknecht und Schwarzer einen "Akt von Arroganz": "Ich habe das Gefühl, dass viele Deutsche wirklich glauben, wir Ukrainer müssten nur ein paar Territorien abgeben."

Wagenknecht begründete ihre Angst vor Eskalation unter anderem mit dem Blitz-Besuch von US-Präsident Joe Biden in Kiew, den sie als weitere Provokation in Richtung Russland wahrnehme. Markus Lanz fragte die Politikerin daher kritisch: "Ist die Ukraine eine amerikanische Marionette?" Wagenknecht antwortete vorsichtig: "Wolodymyr Selenskyj ist abhängig vom Westen. Natürlich haben sich die USA massiv in die ukrainischen Belange eingemischt."

Die ehemalige russische Journalistin Marina Owsjannikowa wollte dies nicht umkommentiert stehen lassen und richtete den Blick auf das unerschütterliche ukrainische Militär und Volk: "Das heldenhafte Volk der Ukraine kämpft nicht nur für seine eigene Freiheit, sondern die Freiheit der demokratischen Welt."

Bei "Markus Lanz" lieferten sich Sahra Wagenknecht und Kevin Kühnert eine hitzige Debatte. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)
Bei "Markus Lanz" lieferten sich Sahra Wagenknecht und Kevin Kühnert eine hitzige Debatte. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Sahra Wagenknecht warnt: "Wir werden immer tiefer in diese Krise hineingezogen"

Dass Sahra Wagenknecht einen Stopp aller Waffenlieferungen fordert, ist für Owsjannikowa unbegreiflich. Sie erklärte in der ZDF-Sendung: "Man kann unter diesen Umständen nicht von Verhandlungen sprechen. Russland erinnert gerade an das damalige Nazi-Deutschland. Ich weiß nicht, mit wem Sie verhandeln wollen? Wir müssen darüber reden, wie wir auf die russische Bevölkerung einreden können, damit sie die Realität erkennen. Sie sind zu Zombies gemacht worden. Alle müssen verstehen, dass Russland ein Aggressor ist."

Wie das russische Staatsfernsehen funktioniert, weiß Owsjannikowa nur allzu gut. Sie selbst arbeitete dort lange Zeit und wurde am 14. März 2022 weltberühmt, als sie vor laufenden Kameras mit einem "No War"-Schild gegen den Ukraine-Krieg protestierte. Über ihre Aktion sagt die mutige Journalistin heute nüchtern: "Ich wurde dreimal bestraft, war auch in Untersuchungshaft und wurde unter Hausarrest gestellt. Mittlerweile bin ich auf einer Fahndungsliste. Wenn ich in Russland wäre, würde ich sofort verhaftet werden. Die Verbreitung von Falschinformationen bedeutet bis zu zehn Jahre Haft."

Doch trotz der vielen Argumente der anwesenden Gäste blieb Sahra Wagenknecht ihrer Sichtweise treu. Sie erklärte bei "Markus Lanz": "Was mir Angst macht, ist, dass Russland angekündigt hat, aus dem 'New Start'-Vertrag auszutreten. Wir gehen in eine Welt mit immer weniger Vertragswert, wo immer mehr aufgerüstet wird. Es gibt keine diplomatischen Anzeichen und kein Angebot. So schaukelt sich das immer weiter hoch. Wir werden immer tiefer in diese Krise hineingezogen." Im sogenannten "New Start"-Vertrag bekannten sich Russland und die USA bislang zur gegenseitigen Kontrolle und Verringerung ihrer strategischen Waffen. Die Teilnahme an diesem Abkommen setzte Wladimir Putin in seiner jüngsten Rede zur Lage der Nation aus.

Für die ehemalige Linken-Fraktionschefin steht es deshalb außer Frage: "Wir müssen endlich ein Friedensangebot machen, statt über noch mehr Waffenlieferungen zu reden." Doch Owsjannikowa warnte: "Putin lebt in einer parallelen Realität. Innerhalb seiner Regierungszeit hat er bereits fünf Kriege geführt. Er will die Sowjetunion wieder herstellen. Wenn man Putin den Erfolg in der Ukraine gönnt, wird er von Nichts zu stoppen sein. Unsere Aufgabe besteht darin, dieses Regime zu demontieren."

Im Gespräch mit Markus Lanz erklärte die russiche Journalistin Marina Owsjannikowa, dass sie in Lebensgefahr schwebt. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)
Im Gespräch mit Markus Lanz erklärte die russiche Journalistin Marina Owsjannikowa, dass sie in Lebensgefahr schwebt. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Kevin Kühnert stichelt gegen Sahra Wagenknecht: "Sie machen die Ukraine zum Spielstein des Westens"

Auch SPD-Politiker Kevin Kühnert stellte sich entschieden gegen Sahra Wagenknecht: "Nur, weil wir militärisch unterstützen, heißt das ja nicht, dass wir nicht auf einen Frieden aus sind. Niemand hat etwas gegen Verhandlungen, denn das Sterben soll aufhören. Die Frage ist ja nur, was denn das Ziel für diejenigen ist, die überfallen worden sind? Worüber soll genau verhandelt werden? Hätte niemand Waffen geliefert, könnten wir heute nicht mehr über die Ukraine sprechen."

Darüber hinaus ging Kühnert Sahra Wagenknecht direkt an: "Sie reden über mögliche Lösungen, ohne einmal zu hinterfragen, ob die Ukraine damit einverstanden wäre. Sie machen die Ukraine zum Spielstein des Westens. Das ist eine ganz schiefe Ebene, die Sie hier aufmachen. Sie umschiffen die Ukraine in jeder einzelnen Aussage!"

Nachdem Sahra Wagenknecht erneut dafür plädiert hatte, keine weiteren Panzer mehr zu schicken, sondern den Krieg sofort mit Verhandlungen zu lösen, stichelte Ukraine-Expertin Ljudmyla Melnyk: "Das ist eine Weiterführung der russischen Propaganda. Sie tragen doch eine politische Verantwortung. Warum sind Sie noch nie in die Ukraine gefahren und haben dort versucht, mit den Menschen zu sprechen?" Diesen Vorwurf wollte Wagenknecht nicht auf sich sitzen lassenr: "Dieser Polit-Tourismus, bei dem man bewacht in ein Land fährt und Fotos macht und danach sagt, dass man weiß, wie die Stimmung im Land ist, daran glaube ich nicht."

Ein Satz, der bei Marina Owsjannikowa offenbar jegliche Alarmglocken auslöste, denn sie sagte erbost: "Seit 2014 habe ich das Gefühl, dass Sahra Wagenknecht von Putin bezahlt wird. Sie wollen mit einem Kriegsverbrecher verhandeln, der das ukrainische und das eigene Volk ausrottet. Was er macht, ist Völkermord und Sie vertreten seine Narrative. Ich bin in Lebensgefahr und Sie forcieren seine Propaganda!"

ZDF-Moderator Markus Lanz intervenierte kurz darauf mit den Worten: "Ich lege meine Hand ins Feuer, dass hier niemand sitzt, der von Putin bezahlt wird." Dass die geladenen Gäste allesamt gegen sie argumentierten, wurde für Sahra Wagenknecht im Laufe der Sendung zu viel. Sie machte ihrem Ärger Luft und sagte laut: "Das ist doch irre! Die deutsche Debatte ist doch verrückt! Die Reaktionen auf unser Manifest sind aberwitzig! Ich finde, dass der Westen auch eine Verantwortung hat. Wir sind in gewisser Weise ein Teil dieses Krieges. Das, was wir machen, ist doch keine Solidarität mit der Ukraine, das ist doch zynisch."