Italien trauert um Ex-Präsidenten Giorgio Napolitano

Der Ex-Kommunist Giorgio Napolitano war so lange italienischer Präsident wie kein anderer. Jetzt ist der allseits geschätzte Politiker mit 98 Jahren gestorben.

Italien trauert um seinen ehemaligen Präsidenten Giorgio Napolitano. (Bild: Ettore Ferrari/ANSA/AP/dpa)
Italien trauert um seinen ehemaligen Präsidenten Giorgio Napolitano. (Bild: Ettore Ferrari/ANSA/AP/dpa)

Rom - Italien trauert um seinen ehemaligen Präsidenten Giorgio Napolitano. Der ehemals kommunistische Politiker starb am Freitagabend im Alter von 98 Jahren in einem Krankenhaus in Rom. Über alle politischen Grenzen hinweg bekundeten ihm die Parteien in seinem Heimatland Respekt. Napolitano war achteinhalb Jahre lang Italiens Staatsoberhaupt - so lange wie kein anderer. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bezeichnete ihn als «außergewöhnlichen Mann, ein europäisches Geschichtsbuch mit scharfem Blick für Realitäten».

Napolitano gehörte zu den prägenden Figuren der italienischen Nachkriegsgeschichte. Der einstige Kommunist war der erste Präsident, der wiedergewählt wurde. Auch international genoss er hohes Ansehen. In seine Amtsjahre von 2006 bis 2015 fiel auch die Eurokrise. In dieser Zeit war er für viele Regierungen aus dem Ausland in Rom wichtigster Ansprechpartner. Aufgrund seines hohen Alters trat er im Januar 2015 vorzeitig zurück. Die letzten Jahre verbrachte er zurückgezogen.

Reaktionen

Italiens heutige ultrarechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sprach der Witwe Clio Napolitano und den anderen Hinterbliebenen ihr Beileid aus. Präsident Sergio Matterella würdigte seinen Vorgänger als «Garant der Werte» der italienischen Gesellschaft, der diese Aufgabe stets treu zur Verfassung und mit hoher Intelligenz ausgeübt habe. Auch die Parteien zollten ihm für die Lebensleistung Respekt. Papst Franziskus lobte Napolitano für «große intellektuelle Gaben».

Der spätere Präsident wurde 1925 in der süditalienischen Stadt Neapel geboren, die er zehn Legislaturperioden lang als Abgeordneter im Parlament vertrat. Bereits in jungen Jahren wurde der Jurist Mitglied der Kommunistischen Partei (PCI), wo er es bis ins Politbüro schaffte. Die PCI galt viele Jahre als wichtigste kommunistische Partei Westeuropas. Napolitano wurde dort zum Reformflügel gerechnet.

Niemand war länger italienischer Präsident als Napolitano

Noch vor dem Fall der Berliner Mauer 1989 sprach er sich für die Umbenennung der Kommunistischen Partei aus, die dann zur Linkspartei PDS wurde. In den 1990er Jahren war Napolitano Präsident der italienischen Abgeordnetenkammer und dann Innenminister einer Mitte-Links-Regierung. Zwischenzeitlich saß er auch im Europaparlament. Für seine Verdienste bekam er den Titel eines Senators auf Lebenszeit verliehen.

2006 wurde Napolitano als erster Ex-Kommunist zum Präsidenten gewählt. Entgegen der eigenen ursprünglichen Pläne trat er 2013 für eine zweite Amtszeit an. Zuvor waren alle Bemühungen um eine Nachfolge gescheitert. Aus Altersgründen verkündete er zum Jahreswechsel 2014/15 seinen vorzeitigen Rücktritt. Mit mehr als 3000 Tagen hält er trotzdem den Rekord der längsten Amtszeit eines italienischen Präsidenten.

International galt er als unparteiischer und zuverlässiger Gesprächspartner

In seiner Zeit im Quirinalspalast - dem Sitz des Staatsoberhaupts in Rom - genoss Napolitano über die Parteigrenzen hinweg hohe Autorität. Vielfach galt er als moralisches Korrektiv zum populistischen Regierungschef Silvio Berlusconi, der 2011 zurücktreten musste. Napolitano bereitete damals den Weg für eine Expertenregierung. Auch international galt er als unparteiischer und zuverlässiger Gesprächspartner.