«Dry January» oder «Veganuary»: Was bringen die Trends?

Berlin (dpa) - Willkommen im Januar: Neben dem November ist er der unbeliebteste Monat in Deutschland - das ergab eine repräsentative Umfrage unter Erwachsenen. Kein Wunder, denn der Januar fühlt sich wegen der verschwindenden Weihnachtslichter oft besonders dunkel an, die Tage werden nur ganz langsam länger, der milde Frühling ist noch weit - und der Sommer sowieso. Und unter diesen Umständen kämpfen dann viele auch noch mit ihren guten Vorsätzen fürs neue Jahr.

Populär geworden zu sein scheinen dabei in jüngster Zeit zwei Kampagnen: nämlich im Januar eine Auszeit vom Alkohol zu nehmen (neudeutsch «Dry January») oder mal ein paar Wochen keine Tierprodukte zu verzehren («Veganuary»).

Wird dem Jahreswechsel und dem armen Januar damit nicht zuviel aufgebürdet? «Eigentlich ja», sagt die Psychologin Sonia Lippke. Das zeige auch die Forschung. «Wir haben wissenschaftliche Studien gemacht - auch zu Zielen allgemein und ihrer Umsetzung», sagt die Professorin von der Constructor University in Bremen. «Und dabei haben wir festgestellt, dass es das ganze Jahr über sinnvoll ist, sich Ziele zu setzen, genau zu planen und den Schweinehund an die Leine zu nehmen anstatt ihn zu verteufeln. Das hilft Menschen, mit sich zufriedener zu sein und sich entsprechend zu verhalten - und das nicht nur in Bezug auf Alkohol oder Ernährung.»

Vorübergehende Maßnahmen haben begrenzten Effekt

Einprägsame Trends wie «Dry January» oder «Veganuary» seien aber dennoch nicht schlecht, findet Lippke. «Weil sie mit einer höheren Wahrscheinlichkeit in die Tat umgesetzt werden und wenn man erfolgreich war, dann kann man sich bei anderen Versuchen an diese positiven Erfahrungen erinnern.» Ein Nachteil sei vielleicht, «dass vorübergehende Maßnahmen nur einen begrenzten Effekt auf Gesundheit und Wohlbefinden haben». «Lebensstil-Umstellung kann nicht in einem einzigen Monat passieren. Aber der Januar kann ein Anstoß sein.»

Auch der Psychologe Sebastian Bartoschek sagt: «Am Anfang des Jahres haben viele das Gefühl, dass etwas Neues beginnt. Und mit dem Neubeginn soll es auch besser werden.» Vorsätze gehörten in gewisser Weise einfach zum sozialen Mindset unserer Gesellschaft. «Psychologisch gesehen geht es dabei meist um eine Art Selbstoptimierung: sich selbst besser finden, so zu werden, wie man glaubt, dass man sein sollte.» Oft gehe es dann ums Abnehmen oder eben weniger Fleisch, weniger Alkohol. «Da setzen auch die Kampagnen an, die uns einen «Trockenen Januar» oder «Veganuar» nahelegen. Sie sind insofern gut, weil sie Vorsätze nicht gleich für immer festlegen, sondern erstmal nur auf einen Zeitraum begrenzen.»

Keine zu hohen Ziele

Sich zu hohe Ziele zu stecken, sei immer ungünstig, sagt der Psychologe. «Wenn ich mir vornehme, fünf Mal die Woche zwei Stunden ins Fitnessstudio zu gehen oder eben nie mehr Fleisch zu essen oder Alkohol zu trinken, dann ist oft schnell klar: Das ziehe ich nicht durch, ich werde scheitern.» Wichtig sei, sagt Bartoschek, sich zu fragen: Kriege ich das ganz konkret hin und kann ich es im Alltag gut einbauen? «Auch sollte man sich immer fragen: Mache ich das wirklich für mich oder für jemand anderen oder das Bild der anderen von mir?»

Wer jetzt nicht dringend aus gesundheitlichen Gründen sofort vom Alkohol oder Fleisch die Finger lassen müsse, der könne auch versuchen, nicht einen Zeitraum wie bei einer Diät zu versuchen, also eben den Dry January oder Veganuary, sondern langfristig einfach weniger von beidem zu sich zu nehmen, sagt Bartoschek. «Das heißt also, zum Beispiel freitags oder auch an mehreren Tagen der Woche kein Fleisch mehr essen. An Werktagen keinen Alkohol trinken. Das ist kontrollierbar. Diese Vorsätze kann ich abhaken und ich kann gut und entspannt prüfen, ob ich mich daran gehalten habe oder nicht.»

Eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der DAK-Gesundheit ergab übrigens kürzlich, dass bei den guten Vorsätzen fürs Jahr 2024 «Weniger Fleisch essen» und «Weniger Alkohol trinken» eigentlich eher abgeschlagen landeten. Weit wichtiger war vielen der Befragten dagegen zum Beispiel Stressvermeidung, sich mehr zu bewegen und vor allem, sich mehr Zeit für Familie und Freunde zu nehmen.