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Jochen Breyers Doku "Geheimsache Katar": Wie sich ein Land Anerkennung erkaufen will

In seiner Reportage deckte Sportmoderator Jochen Breyer auf, wie sich Katar die Unterstützung der Welt für die WM 2022 einkaufte. Es ging auch um die Verbindung der Bundesliga nach Katar.

Die Skyline von Doha, der Hauptstadt von WM-Gastgeber Katar, ist beeindruckend. Doch was entdeckte Sportmoderator Jochen Breyer hinter der Fassade? Die ZDF-Primetime-Doku
Die Skyline von Doha, der Hauptstadt von WM-Gastgeber Katar, ist beeindruckend. Doch was entdeckte Sportmoderator Jochen Breyer hinter der Fassade? Die ZDF-Primetime-Doku "Geheimsache Katar" förderte Interessantes zutage. (Bild: Mateusz Schmolka)

Jochen Breyers Film "Geheimsache Katar" hat schon vor der Ausstrahlung am Dienstagabend mächtig Staub aufgewirbelt. "Sie glauben, Schwulsein ist Sünde?", fragte Breyer einen WM-Botschafter Katars, den ehemaligen Fußballstar Khalid Salman. Den einzigen Katari, den er vor Ort - wo Medienarbeit streng kontrolliert wird - besuchen durfte. "Ja, ein geistiger Schaden", antwortet der Mann. Der katarische Aufpasser für Breyers ZDF-Filmteam wollte davor eigentlich das Interview bereits abbrechen. In dem Moment nämlich, als das Gespräch auf schwule WM-Gäste zu sprechen kam, die laut katarischem Gesetz "nicht erlaubt" sind.

Homophobe Aussagen des WM-Botschafters

"Khalid ist not the best person to comment on the law", unterbricht der Begleiter des offiziellen WM-Organisationskomitees das Interview. Keine weiteren Fragen dazu! Aber Khalid Salman hat noch nicht alles gesagt, was ihm wichtig ist. Er redet weiter, dass es ein Problem wäre, wenn Kinder Schwule sehen würden. "Because it is a damage in the mind", zu Deutsch etwa: "Schwulsein ist ein geistiger Schaden."

Überhaupt bringt Jochen Breyer in seiner Doku "Geheimsache Katar" erstaunliche Erkenntnisse aus dem Wüstenstaat mit: Auch über die Verbindung der deutschen Bundesliga nach Katar und der europäischen Top-Club-Vereinigung "European Club Association" im Besonderen. Karl-Heinz Rummenigge, der der Association bis 2017 vorstand, kommt laut Recherchen der ZDF-Doku ins Spiel, als die 2010 beschlossene WM-Vergabe nach Katar in den Folgejahren massiv unter Druck gerät. Viele europäische Fußball-Big-Player wie die englische Premier League sprachen sich gegen eine Winter-WM in Katar aus. Bei 40 bis 50 Grad im Sommer hätte ohnehin nie gespielt werden können.

Für seine Reise hatte sich Jochen Breyer (links) vorgenommen, auch mit Einheimischen ins Gespräch zu kommen. (Bild: Mateusz Schmolka)
Für seine Reise hatte sich Jochen Breyer (links) vorgenommen, auch mit Einheimischen ins Gespräch zu kommen. (Bild: Mateusz Schmolka)

Die Rolex-Uhren

Doch die Kritik am Turnier 2022 sei zunehmend verstummt, so Breyers Eindruck, als 2013 die European Club Association nach Katar reiste. Ein Kongress, für den laut ZDF-Recherchen Katar erhebliche Kosten übernommen haben soll.

Im Gepäck Rummenigges fand der Zoll bei der Rückkehr von Doha nach Deutschland zwei unverzollte Rolex-Uhren, die beschlagnahmt werden. Rummenigge gab an, die Uhren seien ein Geschenk gewesen. Er erhielt einen Strafbefehl über knapp 250.000 Euro, den er akzeptierte und bezahlte. Bis heute ist unklar, wer dieses Geschenk gemacht hat.

Im Lusail Stadion in Doha rollt schon bald der Ball: Journalist und Sportmoderator Jochen Breyer besuchte die Stadien in Katar. (Bild: Mateusz Schmolka)
Im Lusail Stadion in Doha rollt schon bald der Ball: Journalist und Sportmoderator Jochen Breyer besuchte die Stadien in Katar. (Bild: Mateusz Schmolka)

Theo Zwanziger: "Ich wäre kaum mit zwei Rolex-Uhren aus Katar zurückgekommen."

Rummenigge ließ über einen Anwalt verkünden, dass er nicht für ein ZDF-Interview zur Verfügung steht. Dies war beim ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger, einem Katar-Kritiker, anders. Er empfing Breyer und kommentierte die "Rolex-Affäre" so: "Wenn ich das annehme, erwarten die eine Gegenleistung: Wohlverhalten. Ich wäre kaum mit zwei Rolex-Uhren aus Katar zurückgekommen."

Noch eine weitere Spur nach Deutschland deckte "Geheimsache Katar" auf. Der katarische Sender "bein" überträgt jedes Wochenende unter anderem auch die Fußball-Bundesliga aus Deutschland. Angeblich zu einer deutlich überhöhten Summe, heißt es in der Doku. Bereits 2015 wurde deswegen verhandelt.

Ein Informant, der damals dabei war, erinnert sich in der ZDF-Doku daran, dass die Kataris gefragt hätten: "Sagt uns, wie viel ihr braucht?" Auch für die Rechte an anderen europäischen Ligen habe bein-Sports deutlich mehr bezahlt als man erwarten dürfte, heißt es im ZDF-Film.

Jochen Breyer wollte sich vor Ort ein eigenes Bild von Katar machen. Unter anderem wurde im Al-Bayt-Stadion in Doha gedreht. (Bild: Mateusz Schmolka)
Jochen Breyer wollte sich vor Ort ein eigenes Bild von Katar machen. Unter anderem wurde im Al-Bayt-Stadion in Doha gedreht. (Bild: Mateusz Schmolka)

Die seltsame Redseligkeit des Sepp Blatter

Insgesamt deckt der Film auf, wie sich Katar mit anscheinend unerschöpflichen Geldreserven die Welt im Sinne seines Sportswashing-Masterplans gefügig machen wollte. Das Land wolle sich damit Wahrnehmung und Anerkennung in der Welt erkaufen, um sich so Sicherheitsgarantien in einer fragilen geopolitischen Situation zu erkaufen. Das winzige Land ist von mächtigen "Feinden" wie Saudi-Arabien und dem Iran umgeben. Zu Beginn des Films besucht Jochen Breyer auch den ehemaligen FIFA-Präsidenten Sepp Blatter, der 2010 während der Vergabe nach Katar im Amt war. "Was haben Sie gedacht, als Sie den Umschlag mit der Entscheidung über den Austragungsort 2010 aus dem Umschlag genommen haben?", fragt Breyer den mittlerweile 86-Jährigen.

Jochen Breyer blickt von unten auf die Wolkenkratzer von Doha. Katar will mit der WM hoch hinaus. (Bild: Mateusz Schmolka)
Jochen Breyer blickt von unten auf die Wolkenkratzer von Doha. Katar will mit der WM hoch hinaus. (Bild: Mateusz Schmolka)

Und der antwortet überraschend: "Für mich war das eine sehr bittere Enttäuschung. Ich war doch etwas ..." - und dann macht Blatter eine Bewegung, die man als enttäuschtes Zusammensinken bezeichnen könnte. "Warum wurde die Bewerbung zugelassen?", will Breyer wissen. Blatter: "Weil man nicht daran glaubte, dass sie gewinnen. Zu Beginn ... ganz sicher. Nachher haben die angefangen zu arbeiten."

Und noch eine letzte Frage stellt Breyer in einem Zürcher Café Blatter, der sich diese Location ausgesucht hat: "Ist es offensichtlich, dass diese WM gekauft war?" Daraufhin der ehemalige Präsident des mächtigen Fußballweltverbandes: "Das ist möglich. Ich war nicht dabei, als man etwas gekauft hat."

Im Video: "Geistiger Schaden": Katars WM-Botschafter äußert sich homophob