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Keine rasche Einigung auf Teamlösung für CDU-Spitze in Sicht

CDU-Politiker Wolfgang Schäuble: «Wir müssen jetzt über die inhaltliche Positionierung der CDU sprechen (...) und erst danach die Personalfrage klären.»
CDU-Politiker Wolfgang Schäuble: «Wir müssen jetzt über die inhaltliche Positionierung der CDU sprechen (...) und erst danach die Personalfrage klären.»

Zerreißt es die CDU bei der Suche nach einem Nachfolger von Parteichefin Kramp-Karrenbauer? Eine Lösung ist kompliziert - auch, weil damit eine Richtungsentscheidung verbunden ist.

Berlin (dpa) - Die CDU-Spitze ringt weiter um eine Teamlösung für die künftige Parteiführung.

Mit einer raschen Einigung über die Frage des Parteivorsitzes zwischen Ex-Fraktionschef Friedrich Merz und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet noch vor der Sitzung der CDU-Spitzengremien an diesem Montag wurde allerdings nicht mehr gerechnet. In der Partei hieß es am Sonntag, die scheidende Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer werde wohl einen Fahrplan für das weitere Vorgehen vorlegen. Einen Sonderparteitag zur Wahl eines neuen Vorsitzenden könnte es im Mai oder Juni geben.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) sagte dem «Handelsblatt», hinter dem Versuch einer Teamlösung stecke der Wunsch, eine Kampfkandidatur und damit weiteren Personalstreit zu vermeiden. Nur «konnte man sich aber wohl nicht darauf einigen, wer das Team anführt». Der Ex-CDU-Chef empfahl seiner Partei, erst gegen Jahresende oder 2021 über Vorsitz und Kanzlerkandidatur zu entscheiden - dem regulären Bundestagswahljahr. «Wir müssen jetzt über die inhaltliche Positionierung der CDU sprechen, über das Grundsatzprogramm und erst danach die Personalfrage klären. Das reicht Ende des Jahres oder Anfang des kommenden Jahres völlig aus.»

Zum Vorschlag von CSU-Chef Markus Söder, vor der Sommerpause über den CDU-Vorsitz zu entscheiden und erst später gemeinsam über den Kanzlerkandidaten, sagte Schäuble, das sei genau das Gegenteil von dem, was Kramp-Karrenbauer vorgeschlagen habe. «Ich werbe dafür, am ursprünglich besprochenen Fahrplan der CDU-Gremien festzuhalten.» Ansonsten habe die CDU demnächst einen neuen Chef, aber das grundlegende Problem, dass aktuell Parteivorsitz und Kanzleramt getrennt sind, werde nicht gelöst.

An diesem Montag beraten die CDU-Spitzengremien in Berlin über den Personalstreit und den weiteren Fahrplan. In der Parteispitze wird eine Formation mit einer Art Integrationsfigur als künftigem Parteichef und starken Vertretern verschiedener Flügel für die nächste Bundestagswahl favorisiert. Die drei chancenreichen Bewerber um den Vorsitz - Merz, Laschet und Gesundheitsminister Jens Spahn - haben eine öffentliche Festlegung auf eine Kandidatur bislang vermieden. Der CDU-Außenpolitiker und Ex-Bundesumweltminister Norbert Röttgen hat bisher als einziger seine Kandidatur offiziell gemacht.

In der Partei wird mit Sorge gesehen, wie der Machtkampf zwischen Merz und Laschet ausgehen wird. Laschet gilt vielen als mögliche Integrationsfigur, die die Flügel der Partei einen und auch künftig eine «CDU der Mitte» repräsentieren könnte. Zugleich ist die Meinung verbreitet, man könne auf Merz und seine Fähigkeiten im Wirtschafts- und Finanzbereich nicht verzichten. Im konservativen und im Wirtschaftslager gilt Merz vielen als Wunschkandidat, der auch etliche unzufriedene Unionsanhänger von der AfD zurückholen könnte.

An diesem Montag kommt zunächst das CDU-Präsidium, der engeste Führungszirkel um Kramp-Karrenbauer, zusammen. Auch Kanzlerin Angela Merkel gehört dem Gremium an. Anschließend tagt der Parteivorstand. Dort könnte bereits ein Beschluss für einen Sonderparteitag fallen, der frühestens acht Wochen später stattfinden kann. Merz plant für den frühen Abend einen Auftritt beim Traditionellen Heringsessen im Wahlkreis des jungen CDU-Abgeordneten Philipp Amthor in Ueckermünde in Mecklenburg-Vorpommern. Am Mittwoch will Merz auf einer Aschermittwochsveranstaltung im thüringischen Apolda auftreten.

Für fast zwei Drittel der Deutschen spielt es keine Rolle, ob eine Partei einen Mann oder eine Frau ins Rennen um das Kanzleramt schickt. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sagten 63 Prozent, das Geschlecht sei für sie bei der Kandidatenbewertung nicht relevant. Für 21 Prozent ist es von nachrangiger und nur für 8 Prozent von wesentlicher Bedeutung. 69 Prozent der Männer und 58 Prozent der Frauen sagen, das Geschlecht ist bei einer Kanzlerkandidatur egal.

Nach mehr als 14 Jahren Merkel an der Regierungsspitze und nach dem angekündigten Rückzug Kramp-Karrenbauers werden für die Spitzenkandidatur der Union bei der nächsten Bundestagswahl bis jetzt nur Männer gehandelt. Nur 15 Prozent finden diese Einseitigkeit eher gut, aber auch nur 24 Prozent eher schlecht. 49 Prozent ist es egal. Selbst von den Frauen sagen 43 Prozent, es sei für sie nicht von Bedeutung. Allerdings ist unter ihnen die Zahl derer, die das schlecht finden, mit 31 Prozent deutlich höher als bei den Männern mit 18 Prozent. Von den Wählern der Union ist sogar 55 Prozent egal, dass bisher nur Männer für die Kanzlerkandidatur im Gespräch sind. 21 Prozent finden das eher schlecht, 19 Prozent eher gut.