Kann zu viel Wassertrinken wirklich tödlich sein?

Gerade in den Sommermonaten wird immer wieder betont, wie wichtig es sei, ausreichend Wasser zu trinken, damit der Körper mit genügend Flüssigkeit versorgt wird. Die empfohlene Trinkmenge für einen Erwachsenen liegt bei eineinhalb bis zwei Litern pro Tag. Doch was passiert eigentlich, wenn wir zu viel Wasser zu uns nehmen? In Extremfällen kann das fatale Folgen haben.


Kann zu viel Wassertrinken wirklich tödlich sein? (Bild: thinkstock)
Kann zu viel Wassertrinken wirklich tödlich sein? (Bild: thinkstock)

Regelmäßig Wasser trinken ist wichtig. So bleibt der Kreislauf stabil, die Sauerstoffversorgung unserer Zellen wird verbessert, Haut und Schleimhäute trocknen weniger stark aus und das Blut wird verdünnt. Wer beim Sport oder im Sommer besonders stark schwitzt, der sollte sogar noch mehr als die empfohlene Tagesmenge von eineinhalb bis zwei Litern trinken. In dem Fall empfehlen Experten eine bis zu dreifach höhere Menge als sonst. Denn Wassermangel ist gefährlich: Nehmen wir zu wenig Flüssigkeit zu uns, können Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Schwindel, Verwirrung oder sogar der Tod die Folge sein.

Lebensgefährlich kann allerdings auch ein zu viel des Guten sein. „Trinken wir zu viel Wasser, ist es grundsätzlich möglich, dass wir unseren Körper ertränken“, erklärte Mathias Steinach, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Weltraummedizin Berlin, gegenüber Yahoo! Nachrichten. Dafür benötige man jedoch im normalen Alltag zwischen zwölf und 15 Liter, so Ingo Froböse, Professor für Prävention und Rehabilitation an der Sporthochschule Köln, im Gespräch mit n-tv.de.

Bei einer Wasservergiftung spricht man von einer sogenannten „hypotonen Hyperhydratation“. Das bedeutet, so Steinach, „ dass dem Körper zu viel an Wasser zugeführt wird  und das dabei das aufgenommene Wasser - einfach ausgedrückt - weniger Salze enthält, als es z.B. im Blutplasma der Fall ist.“ Diese Salzkonzentration betrage etwa 285 mosmol/ kg H2O (sprich „Milli-Osmol pro Kiligramm Wasser").

„Werden Körperzellen also nun mit einer Flüssigkeit in Kontakt gebracht, die weniger Salze enthält als oben genannt, dann kommt es zu einem Zustand der Osmose.“ In solch einem Fall strömt Wasser von einem Ort mit wenig Salzen zu dem Ort mit hoher Salzkonzentration.

Das einströmende Wasser von außen durch die Zellmembran könne nun zum Anschwellen der Zelle führen. Besonders problematisch könne sich das aufs Gehirn auswirken, „ da sich das Gehirn wegen des umgebenden Schädels nicht viel ausdehnen kann.“ Mögliche Folgen sind ein erhöhter Hirndruck mit Symptomen wie Übelkeit, Kopfschmerz, Erbrechen bis hin zu Bewusstlosigkeit mit akuter Lebensgefahr.

Auch in einzelnen Körperbereiche können diese Effekte auftreten. Als Beispiel nannte Steinach „Zellen in der Rachenhöhle, die mit Wasser in Kontakt kommen“ oder „wenn man die Augen unter Wasser (Süßwasser) öffnet. Auch dort kommt es zu den beschriebenen Effekten, die von den betroffenen Zellen durch einen Salzausstrom jedoch schnell wieder kompensiert werden können.“

Normalerweise spürt man, wieviel Flüssigkeit man benötigt. Die körpereigenen Regulationsmechanismen regeln Flüssigkeitsvolumen und die Salzkonzentrationen. Durst spürt man laut Steinach, wenn Wasserverluste - etwa durch Schwitzen - ca. 0,5 Prozent des Körpergewichts erreichten. Dass sich ein gesunder Mensch durch exzessives Wassertrinken vergiftet, sei recht selten, so Steinach.

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Eher zu finden seien solche Fälle bei bei entsprechenden Hormon- oder Regulationsstörungen. Zur sogenannten hypotonen Hyperhydratation könne es zum Beispiel bei einer Nebennierenrindeninsuffizienz kommen. Hierbei handelt es sich um eine Unterfunktion der Nebenniere, in deren Folge es zu Salzverlusten über die Niere kommen kann.

Als weiteres Beispiel nannte Steinach auch den Fall einer psychisch erkrankten Frau, die „erhebliche Wassermengen zu sich genommen hatte, so dass es zu den beschriebenen Effekten kam.“ Die Frau sei Frau bewusstlos aufgefunden worden. Auch hier handelte es sich um einen Fall von versagendem Regulationsmechanismus.

Kommt es wie beschrieben zu einer Vergiftung, wird mit über Infusionen verabreichtes Blutplasma die Salzkonzentration wieder erhöht. „Im Falle eines Hirnödems würden weitere Medikamente hinzukommen, die eine antientzündliche, die Schwellung bekämpfende Wirkung haben. Dies muss jedoch natürlich im Einzelfall entsprechend entschieden werden“, so Steinach gegenüber Yahoo! Nachrichten.