Karnevals-Klassiker läuft nicht mehr um 20.15 Uhr - das ist der Grund
Seit 1950 verleiht der Aachener Karnevalsverein den "Orden wider den tierischen Ernst" - dies jedoch nicht mehr zur besten Sendezeit im Ersten. Trotz höchster Polit-Prominenz auch in diesem Jahr. Der WDR lässt in einer Stellungnahme aufhorchen.
Er ist eine Institution im rheinischen Sitzungskarneval und seit vielen Jahrzehnten auch im TV: Der Aachener Karnevalsorden "Wider den tierischen Ernst", 1950 erstmals verliehen, ist aus der "fünften Jahreszeit" kaum mehr wegzudenken. Den Weg ins Dreiländereck treten seit jeher auch Spitzenkräfte aus der Politik an. Christian Lindner, Markus Söder, Armin Laschet und zuletzt Annalena Baerbock gehörten zu den Preisträgerinnen und Preisträgern der zurückliegenden zehn Jahre.
Auch in diesem Jahr, zur 73. "Wider den tierischen Ernst"-Auflage, stieg ein Polit-Gast auf die Bühne im Aachener Eurogress: Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, wurde bereits am Samstag (28. Januar) zum Ordensritter ernannt. Doch die mediale Wirkung seines Auftritts könnte in diesem Jahr schmaler ausfallen als zuletzt. Im Ersten wird eine Aufzeichnung des Abends nicht mehr zur besten Sendezeit gezeigt.
"Krieg und Krisen könnten dabei eine Rolle gespielt haben"
Nicht um 20.15 Uhr, sondern erst um 22.35 Uhr wird die von Jessy Wellmer ("Tagesthemen") moderierte Festsitzung am Montag, 29. Januar, ausgestrahlt. Trotz A-Prominenz aus der Politik also nur ein zweitklassiger Sendeplatz. Auf Anfrage der Agentur teleschau begründet eine WDR-Sprecherin den Schritt damit, dass "das Interesse an einigen Karnevalsübertragungen in den letzten Jahren" bundesweit nachgelassen habe, "Krieg und Krisen könnten dabei eine Rolle gespielt haben". So hätten die Übertragungen des Ordens um 20.15 Uhr im Ersten "schon seit einigen Jahren an Zuschauern verloren".
2023 war die Ausstrahlung von "Wider den tierischen Ernst" noch für 20.15 Uhr geplant gewesen, wegen der Erdbeben-Katastrophe in der Türkei aber kurzfristig hinter "Brennpunkt", "Hart aber fair" und "Tagesthemen" auf 22.12 Uhr verschoben worden - mit "sehr gutem Marktanteil", wie der WDR im Rückblick befindet: "Die Zuschauerzahl lag 2022 früh und 2023 spät auf genau gleichem Niveau, jeweils bei knapp 2,5 Millionen."
"Abwägung getroffen, die wir als WDR akzeptieren müssen"
Dass die Entscheidung, den Sitzungsklassiker dauerhaft aus der Primetime zu verbannen, im ARD-Verbund nicht gänzlich unumstritten war, lässt sich aus dem WDR-Statement gleichwohl herauslesen. Der Aachener Karnevalsverein (AKV) sei frühzeitig informiert worden, Sender und AKV stünden in "konstruktivem Austausch". Die ARD-Programmdirektion habe letztlich "eine Abwägung getroffen, die wir als WDR akzeptieren müssen", sagte die WDR-Sprecherin.
Der WDR, so heißt es weiter, "steht zu Karneval und Brauchtum und zum traditionsreichen Orden wider den tierischen Ernst und hält es selbstverständlich für angemessen, für das Publikum in Nordrhein-Westfalen die Übertragung aus Aachen um 20.15 Uhr zu platzieren". Das geschehe am Samstag, 3. Februar, im WDR-Fernsehen.
An diesem Tag ist bis 23 Uhr eine "XL-Fassung" im Programm. Mitwirkende sind unter anderem Guido Cantz, Wilfried Schmickler als "Kaiser Karl", Cat Ballou sowie Außenministerin Annalena Baerbock, die als Vorjahrespreisträgerin traditionell die Laudatio hält.