Warum es um Draisaitl so viele Fragezeichen gab
Bei den deutschen Eishockey-Fans sorgte diese Nachricht wohl erstmal für lange Gesichter.
Nach dem Aus in den NHL-Playoffs mit den Edmonton Oilers wird Leon Draisaitl nicht zur Eishockey-WM 2023 in Finnland und Lettland (LIVE auf SPORT1) nachreisen. Dies bestätigte DEB-Sportdirektor Christian Künast am Mittwoch vor der Trainingseinheit des deutschen Teams.
Geht es jedoch nach SPORT1-Experte Rick Goldmann, sollte man die Absage des deutschen NHL-Stars nicht zu hoch hängen. Natürlich sei es extrem schade, dass Draisaitl nicht zur WM komme, gab Goldmann zu. „Er würde die Mannschaft besser machen, weil mit ihm einer der Besten der Welt kommen würde.“
Dennoch sei fraglich, inwieweit der gebürtige Kölner dem deutschen Team wirklich hätte helfen können. Für die Oilers absolvierte der 27-Jährige seit Oktober des vergangenen Jahres 92 Spiele - 80 Partien in der Regular Season und zwölf Auftritte in den Playoffs.
Zum Vergleich: Joshua Kimimch zum Beispiel absolvierte im gleichen Zeitraum 33 Spiele für den FC Bayern München und sechs weitere Spiele im DFB-Dress.
Viele Fragezeichen vor Draisaitl-Entscheidung
Angesichts dieser Vielzahl von Spielen wäre die Sinnhaftigkeit einer Nachnominierung des NHL-Stars für die Weltmeisterschaft durchaus fraglich gewesen. „Da stellt sich schon mal die Frage nach dem Körper“, wies auch Goldmann auf diese Problematik hin.
Zudem darf man das Mentale nicht unterschätzen. Im Draft 2014 wurde Draisaitl an Position drei von dem Team aus Kanada, das eng mit der NHL-Legende Wayne Gretzky verbunden ist, ausgewählt. Seitdem soll der Deutsche im Verbund mit Connor McDavid die seit 1990 andauernde Titel-Flaute beenden und den Stanley Cup zum sechsten Mal nach Alberta bringen.
Aber Jahr für Jahr scheitern Draisaitl und Co. - trotz teils überragender Leistungen in der Regular Season - an diesem großen Ziel. Das ist auch für den Kopf nicht einfach. „Kann Draisaitl da rüberkommen und das wirklich abschütteln? Ist da ein Neustart möglich?“, sieht Goldmann das erneute Verpassen des großen Traums auch durchaus als ein mögliches Problem.
Entscheidungsspiel gegen Dänemark zu früh für Draisaitl
Zumal in den Sternen gestanden hätte, wann Draisaitl überhaupt ins Geschehen eingreifen hätte können. „Bei der Schweiz sind heute zwei NHL-Spieler gelandet“, erinnerte Goldmann an das gleiche Szenario bei den Eidgenossen. Dort lagen zwischen letztem Playoff-Spiel und erstem WM-Auftritt fünf Tage. Für Draisaitl hätte das bedeutet, dass er am 20. Mai das erste Mal im DEB-Trikot auf dem Eis hätte stehen können.
Der NHL-Star hätte dann also gegen Ungarn (21. Mai ab 16.20 Uhr LIVE auf SPORT1) sein Debüt gefeiert und hätte auch gegen Frankreich (23. Mai ab 12.20 Uhr LIVE auf SPORT1) eingesetzt werden können. „Das Entscheidungsspiel ist aber gegen Dänemark (18. Mai ab 20.20 Uhr LIVE auf SPORT1). Da muss man sich dann die Frage stellen, ob das Sinn macht.“
Aber auch für die Mannschaft ist es von Vorteil, dass die Diskussion um den deutschen Superstar nun beendet ist. Und geht es nach Goldmann, hätte der Zeitpunkt der Entscheidung kaum besser sein können. „Das war vor dem Training. Das heißt: Jeder geht nochmal auf das Eis und weiß, dass Leon nicht kommt“, beschrieb der 47-Jährige die Situation für die Mannschaft und fügte hinzu: „Jeder kann sich auf sich selbst konzentrieren und die Mannschaft. Und die Mannschaft weiß. Das machen wir allein.“
Deutschland vor wegweisendem Spiel
Damit können die Spieler, die für Deutschland bei der Weltmeisterschaft um das erste WM-Edelmetall seit 70 Jahren kämpfen, den kompletten Fokus auf die anstehenden Aufgaben legen.
Dass die DEB-Kufencracks mit den besten Nationen der Welt mithalten können, haben sie in den ersten Spielen gegen Schweden, Finnland und die USA bereits unter Beweis gestellt. Allerdings stehen auf der Habenseite noch null Punkte.
Daher zählen in den noch ausstehenden Partien nur noch Siege. Der erste Dreier muss gegen Dänemark kommen. Die Skandinavier liegen aktuell mit acht Punkten auf Rang zwei der Gruppe A, haben bislang aber mit Ungarn, Frankreich und Österreich noch keiner Top-Nation gegenübergestanden.
Der erste wirkliche dänische Härtetest ist nun also gegen ein deutsches Team ohne Leon Draisaitl. Entspannt zurücklehnen wird sich Dänemark deswegen jedoch nicht.