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"Die Kneipe ist aktuell wohl mein Sehnsuchtsort"

Leonie Benesch, 30, ist der deutsche Star der internationalen Koproduktion "In 80 Tagen um die Welt". Jules Vernes klassischer Abenteuerstoff wurde als achtteilige Miniserie mit internationalem Cast in englischer Sprache gedreht. Nun ist die Serie innerhalb von drei Tagen beim ZDF - oder in der Mediathek - zu sehen. (Bild: ZDF / Tudor Cucu)
Leonie Benesch, 30, ist der deutsche Star der internationalen Koproduktion "In 80 Tagen um die Welt". Jules Vernes klassischer Abenteuerstoff wurde als achtteilige Miniserie mit internationalem Cast in englischer Sprache gedreht. Nun ist die Serie innerhalb von drei Tagen beim ZDF - oder in der Mediathek - zu sehen. (Bild: ZDF / Tudor Cucu)

Leonie Benesch ist eine der erfolgreichsten jungen deutschen Schauspielerinnen im internationalen Geschäft. Jetzt spielt die in London ausgebildete 30-Jährige in der international produzierten Neuauflage von Jules Vernes klassischem Abenteuerstoff "In 80 Tagen um die Welt" - der Weihnachts-Mehrteiler im ZDF.

Leonie Benesch, für ihre Rolle als "Greta" in "Babylon Berlin" mit dem Deutschen Schauspielpreis 2018 für die "Beste Nebenrolle" ausgezeichnet, hat mit gerade einmal 30 Jahren eine ziemlich spannende Darstellerinnen-Karrieren Deutschlands hingelegt. Noch vor ihrem Abitur spielte sie in Michael Hanekes Meisterwerk "Das weiße Band". Nach der Schule "versackte" sie jedoch erst mal in Berlin und zweifelte an ihrer beruflichen Ambition. Ein wenig ziellos sei jene Zeit gewesen, erinnert sie sich heute. Dann traf Benesch die ungewöhnliche Entscheidung, sich als Deutsche an der renommierten Londoner "Guildhall School of Music and Drama" zu bewerben und ihre Schauspielausbildung in englischer Sprache zu absolvieren. Das kommt ihr - neben viel Talent und Aura - heute zugute. Für die achtteilige internationalen Koproduktion "In 80 Tagen um die Welt" (ab Dienstag, 21. Dezember, 20.15 Uhr, ZDF) wurde sie als Reporterin Abigail Fix ausgesucht, die den weltreisenden Phileas Fogg (David Tennant, "Broadchruch") und seinen Diener Passepartout (Ibrahim Koma) auf seinem legendären Trip von 1872 begleitet.

teleschau: Die Serie "In 80 Tagen um die Welt" umrundet den Planeten. Wie intensiv haben Sie die Welt für den Dreh der Serie bereist?

Leonie Benesch: Wir waren nur in zwei Ländern, Rumänien und Südafrika. Man kann grob sagen, dass wir die Nordhalbkugel in Rumänien und den Teil, der auf der Südhalbkugel spielt, in Südafrika gedreht haben. Den Wilden Westen drehten wir beispielsweise in der Nähe von Bukarest. Da stand schon ein Western-Dorf. In einem Studio in der Nähe haben wir auch viel aufgenommen. Die Stadt Bukarest ist ein vielseitiger Drehort, weil wir da sowohl das alte London wie auch das alte Paris nachstellen konnten. Beides hat erstaunlich gut funktioniert.

teleschau: Spielten die Abenteuergeschichten Jules Vernes eine Rolle in Ihrer Kindheit?

Leonie Benesch: Ich kannte einige der Geschichten, bin aber keine Expertin. Als meine Brüder und ich klein waren, glaube ich, haben wir ein paarmal "20.000 Meilen unter dem Meer" gesehen. Das Buch "In 80 Tagen um die Welt" habe ich nie gelesen, obwohl ich als Kind unglaublich viel las. Als ich die Rolle hatte, entschied ich mich bewusst dagegen, es jetzt zu lesen, weil es meine Figur im Roman gar nicht gibt. Trotzdem ist der Stoff für Engländerinnen und Engländer gerade jetzt sehr vertraut, weil vor allem in London viele Menschen besessen von den Theater-Adaptionen sind.

Gentleman Phileas Fogg (David Tennant, zweiter von links), Jean Passepartout (Ibrahim Koma) und Abigail Fix (Leonie Benesch) versuchen, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in nur 80 Tagen um die Welt zu reisen. Jules Vernes klassischer Abenteuerstoff wurde als europäische Koproduktion in eine achtteilige TV-Serie gegossen. (Bild: ZDF / Tudor Cucu)

"Der Plot hat etwas von einer Challenge"

teleschau: Liegt der aktuelle Erfolg in England daran, dass man sich über "In 80 Tagen um die Welt" an die Blütezeit des britischen Commonwealth zurückerinnern kann?

Leonie Benesch: Das kann ich nicht einschätzen. Was ich aber weiß, ist, dass die Engländer große Geschichtenerzähler und Liebhaber guter Storys sind. Und "In 80 Tagen um die Welt" ist einfach eine großartige Geschichte. Der Plot ist genial, weil die Aufgabe so klar ist: Schaffen sie es, innerhalb jener 80 Tage die Welt zu umrunden und wieder im Londoner Club anzukommen - oder schaffen sie es nicht? Der Plot hat etwas von einer Challenge, das ist extrem spannend und zeitlos. Deshalb gab es wahrscheinlich auch schon so viele Adaptionen.

teleschau: Bietet die Serie noch eine zweite Ebene an, also gibt es eine Erzählung hinter dem Abenteuer-Plot?

Leonie Benesch: Ich glaube, die Geschichte funktioniert vor allem über den Plot, aber auch deshalb, weil Drehbuchautor Ashley Pharoah dreidimensionale Figuren erschaffen hat. Im ursprünglichen Roman ist die Hauptfigur Phileas Fogg ein sehr abgeklärter Englishman. Er begegnet den Dingen stoisch. In der Serienversion ist er hingegen ein zutiefst verunsicherter Mensch, der zwar alles theoretisch versteht, aber keinerlei praktische Lebenserfahrung hat. Die menschlichen Farben, die unsere drei Hauptfiguren bekommen haben, leuchten wirklich hell. Die Tiefe der Charaktere ist, wenn man so will, die zweite Ebene der Abenteuergeschichte.

"In 80 Tagen um die Welt", Variation 2021: Phileas Fogg und Passepartout haben Abigail Fix (Leonie Benesch) die Reise durch die Wüste nicht zugetraut und sie im Hotel zurückgelassen. Schließlich kommt sie den verdurstenden "Helden" zu Hilfe. (Bild: ZDF / Tudor Cucu)
"In 80 Tagen um die Welt", Variation 2021: Phileas Fogg und Passepartout haben Abigail Fix (Leonie Benesch) die Reise durch die Wüste nicht zugetraut und sie im Hotel zurückgelassen. Schließlich kommt sie den verdurstenden "Helden" zu Hilfe. (Bild: ZDF / Tudor Cucu)

US-Reporter-Legende Nellie Bly schafft die Reise in 72 Tagen

teleschau: Hat man Ihre Figur der Reporterin, die den Trip des Phileas Fogg und seines Dieners begleitet, einfach erfunden, damit es auch eine weibliche Hauptrolle in der Serie gibt?

Leonie Benesch: Ja und nein. Der Roman "In 80 Tagen um die Welt" kam zunächst als wöchentliche Kolumne in einer Tageszeitung heraus. Man konnte als Leserin oder Leser also glauben, dass die Wette tatsächlich stattfand. Diesen journalistischen Aspekt haben Drehbuchautor Ashley Pharoah und sein Team aufgegriffen und der Geschichte eine Journalistin hinzugefügt. Und dann gibt es ja noch Nellie Bly als Vorbild, die ebenfalls als Inspiration für meine Figur Abigail Fix diente. 1888 entschied sich Blys Zeitung, die New York World, dass sie die Reise aus Jules Vernes Roman nachreisen sollte, was sie dann 1890 in einer Rekordzeit von 72 Tagen auch schaffte. Sie reiste übrigens allein.

teleschau: Wie begeistert sind Sie selbst vom Reisen?

Leonie Benesch: Ich befinde mich da, wie wahrscheinlich viele andere auch, in einen gewissen Konflikt. Einerseits bin ich in eine weiße, wohlhabende Mittelschicht hineingeboren worden, in der Reisen stets möglich war. Deshalb gibt es bei mir viele Kindheitserinnerungen, die mit Urlauben zu tun haben. Wir sind zum Beispiel mit dem Auto nach Schweden oder Kroatien gefahren. Ich träumte auch früh davon, mal in die Karibik zu reisen. Mein ökologischer Fußabdruck ist jedoch etwas, das mich in den letzten Jahren stark beschäftigte. Beziehungsweise habe ich mich darauf verlassen, dass der Job mich an die entlegenen Orte dieser Welt bringt, was ja auch ganz gut geklappt hat. Privat möchte ich da nicht noch einen drauf setzen. Das fühlt sich für mich nicht richtig an. Wobei ich natürlich ab und zu reise!

teleschau: Leben Sie denn noch abwechselnd in London und Berlin?

Leonie Benesch: Grundsätzlich schon, aber ich war seit Dezember 2020 nicht mehr in London. Damals bin ich nach Kapstadt geflogen, um "In 80 Tagen um die Welt" zu Ende zu drehen. Im Februar 2021 waren wir fertig. Danach wollte ich eigentlich zurück nach London, aber mit der südafrikanischen Virusvariante war das zu kompliziert. Es hätte eine längere Hotel-Quarantäne in England bedeutet. Ich bin also stattdessen nach Berlin gegangen, war dort anderthalb Monate, dann gingen in Italien die Vorbereitungen für "Der Schwarm" los. Gerade jetzt bin ich das erste Mal seit Dezember 2020 wieder in London, sehe meine Freunde, meine Katze und freue mich sehr. Ich bin allerdings auch weiterhin in Berlin zu Hause.

Phileas Fogg (David Tennant, links), Abigail Fix (Leonie Benesch) und Passepartout (Ibrahim Koma) sind Ehrengäste auf einer indischen Hochzeit. (Bild: ZDF)
Phileas Fogg (David Tennant, links), Abigail Fix (Leonie Benesch) und Passepartout (Ibrahim Koma) sind Ehrengäste auf einer indischen Hochzeit. (Bild: ZDF)

"Habe es einmal geschafft, zweieinhalb Minuten nicht zu atmen"

teleschau: Gibt es so etwas wie Sehnsuchtsorte für Sie?

Leonie Benesch: Ach ja, es sind weniger Orte als Lebensweisen, die ich an diesen Orten suche. Dass ich monatelang in Südafrika war und dort neben den Dreharbeiten auch einiges von Land und Leuten mitbekommen habe, war sehr erfüllend. Für meinen letzten Job, die Verfilmung von "Der Schwarm", musste ich Tauchunterricht nehmen. Deshalb hatte ich schon nach "In 80 Tagen" in Kapstadt einen Free Diving Kurs gebucht. Ich wollte meine Stunts für "Der Schwarm" unbedingt selbst machen. Beim Free Diving taucht man ohne Sauerstoffflasche - und das hat mich absolut angefixt, dieses Tauchen auf einem Atem. So etwas kann man in Deutschland eher nicht machen. Dafür fahren die Leute nach Indonesien oder auf die Malediven. Aber natürlich frage ich mich: Wo soll ich diesen Sport, dieses Hobby abseits der Arbeit betreiben, ohne ein extrem schlechtes Gewissen zu haben?

teleschau: Hat Sie "Der Schwarm" zu einem Tauchfreak gemacht?

Leonie Benesch: Also Tauchfreak würde ich mich nicht bezeichnen. Dafür ist das Ganze noch zu frisch. Das Tauchen interessiert mich total, und ich würde gerne weitermachen. Es ist aber eben auch eine Frage der Umstände. Ich möchte Free Diving nicht unbedingt in kaltem Gewässer mit dickem Neopren-Anzug betreiben.

teleschau: Was ist am Free Diving so faszinierend für Sie?

Leonie Benesch: Ich weiß es nicht genau. Vielleicht ist es das Besserwerden, das Erweitern der eigenen Möglichkeiten, die Unabhängigkeit? Ich habe es mittlerweile einmal geschafft, zweieinhalb Minuten nicht zu atmen. Wenn man merkt: "Ich schaffe das, mein Körper kann das" - diese Erfahrung ist total faszinierend. Ich liebe zudem die Ruhe und das Meditative unter Wasser. Auch, dass man sich gut kennen und total aufeinander verlassen muss. Das Tauchen lehrt einen sehr viele Dinge.

teleschau: Existieren auch oberhalb der Wasserkante Orte auf dieser Welt, zu denen Sie sich hingezogen fühlen?

Leonie Benesch: Das ist bei mir eher sehr personenbezogen. Orte an sich ziehen mich nicht so sehr an wie Menschen und das, was ich an jenen Orten mit ihnen erlebe. Ich war die letzten zwei Jahre beruflich sehr viel unterwegs - trotz Corona. In einem meiner beiden Zuhause war ich während dieser Zeit nur sehr selten. Am liebsten würde ich momentan einfach in Ruhe gelassen werden oder mit meinen Londoner Freunden in einem Pub oder in einer Berliner Bar sitzen. Die Kneipe ist aktuell wohl mein Sehnsuchtsort (lacht).

Phileas Fogg (David Tennant, links),Abigail Fix (Leonie Benesch) und Passepartout (Ibrahim Koma) sind im wilden Westen Amerikas gelandet. (Bild: ZDF / Tudor Cucu)
Phileas Fogg (David Tennant, links),Abigail Fix (Leonie Benesch) und Passepartout (Ibrahim Koma) sind im wilden Westen Amerikas gelandet. (Bild: ZDF / Tudor Cucu)