Werbung

Kommentar: Das ist Donald Trumps Mann

In Georgia kandidiert für die Republikaner ein Mann von Gnaden Donald Trumps: Der ehemalige Footballstar Herschel Walker ist ein Paradebeispiel für Trumps Politik: Mir alles, euch nichts. Damit fährt Amerika an die Wand.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Herschel Walker bei einer Wahlkampfkundgebung für Donald Trump im September 2021. Ein Jahr später kandidiert er selbst - für den Senat, mit Hilfe Trumps (Bild: REUTERS/Dustin Chambers)
Herschel Walker bei einer Wahlkampfkundgebung für Donald Trump im September 2021. Ein Jahr später kandidiert er selbst - für den Senat, mit Hilfe Trumps (Bild: REUTERS/Dustin Chambers)

Es gibt in den USA Leute, die schließen einen Pakt mit dem Teufel, weil sie Höheres im Sinn haben. Das ist nicht nur selbstgerecht. Es ist auch verkommen. Und Donald Trump kam über sie, um ihnen den Spiegel vorzuhalten.

Kaum zu glauben, aber nach einer Masse an Eskapaden ist der ehemalige Präsident der USA alles andere als ehemalig. Er kokettiert mit einem Comeback, kontrolliert immer noch die Partei der Republikaner und setzt nicht wenige seiner Kandidaten für die Wahlen zum Repräsentantenhaus und zum Senat durch. Welche Menschen es sind und für welche Politik sie stehen, sagt einem der Blick nach Georgia.

Dort kandidiert ein echter Promi für den Senat. Herschel Walker war Footballstar, überhaupt ein Tausendsassa im Sport, mit schwarzem Gürtel in Taekwondo, knapp über zehn Sekunden im 100-Meter-Sprint und als Zweierbobfahrer. Was seine politischen Überzeugungen angeht, predigt er Familienwerte, Familienwerte und Familienwerte. Abtreibung ist für ihn nicht einmal bedenkenswert, und auch mit der Evolution hat er seine Probleme: „Es gab eine Zeit, da sagte die Wissenschaft, der Mensch stamme vom Affen ab“, sagte er einmal. „Stimmt das nicht? Nun, das ist das Interessante daran. Wenn das wahr ist, warum gibt es dann noch Affen? Denken Sie darüber nach.“ Ich hab darüber nachgedacht. Vielleicht sollte jemand bei ihm anrufen und aufklären: Der Mensch stammt nicht vom Affen ab, sondern beide haben die gleichen Vorfahren.

Nun, für die Alltagsprobleme der Bürger von Georgia ist es nicht unheimlich wichtig, was Walker über Menschen und Affen denkt. Praktischer aber wird es schon, wenn er seine Familienvorstellungen und seine Haltung etwa zu Schwangerschaftsabbrüchen den Bürgern zum Maßstab ihres Lebens zu machen gedenkt. Und grotesk wird es, wenn man sich Walkers eigenes Leben anschaut.

Ich und die Anderen

Um dieses zusammenzufassen, hat sich sein Sohn Christian zu Wort gemeldet. Der ist ein bekannter Influencer, übrigens auch ein Trump-Anhänger, aber dann doch mit einer persönlichen Erfahrungsnote. Zu seinem Vater sagte er: „Familienwerte, wirklich? Er hat vier Kinder, vier verschiedene Frauen, war nicht daheim, um nur eines von ihnen aufzuziehen. Er war draußen, hatte Sex mit anderen Frauen.“

In der Familie, sagt Walker Junior, habe jedes Mitglied ihn angefleht, nicht für den Senat zu kandidieren; man kannte ja seine Vergangenheit.

Und nun kommt hinzu: Der radikale Gegner von Schwangerschaftsabbrüchen, der auch keine Ausnahmen bei Vergewaltigung, Inzest oder Gefahr fürs Leben der Mutter machen will (sehr leicht, wenn es nicht um sich selbst geht), scheint in seinem Leben dann doch für die eine oder andere Ausnahme gewesen sein. Jedenfalls hat sich eine noch anonym zitierte Exfreundin Walkers gemeldet und erzählt, wie er sie im Jahr 2009 von einer Abtreibung überzeugt habe – sie sei schwanger von ihm gewesen. Das Geld für den Abbruch habe er auch gezahlt.

Walker bestreitet die Vorwürfe. Man wird sehen, was in den kommenden Tagen passieren wird.

Teufel oder nicht Teufel, das ist die Frage

Für die Republikaner aber, und vor allem für die fundamentalistisch-christlichen Kreise, ist die Sache klar: Dort wird Walker gefeiert, weil er ihre Vorstellung von Politik durchsetzen will. Frenetisch beklatscht wurde er, und zwar nach dem Motto: Jetzt erst recht. Die Vorwürfe werden als Lügen und Kampagnen abgetan. Das muss den Sohn, der selbst an diese rechten Werte glaubt, schmerzen. Aber so funktioniert der Pakt. Leute wie Trump und Walker verfahren, wie es ihnen gefällt. Sie predigen Wasser und trinken Wein. Die sie unterstützenden Christen müssen beim Studium der Bibel die Seiten verkehrtherum gehalten haben; sie scheinen da etwas falsch verstanden zu haben.

Und so tourt Walker weiter durch Georgia. Von Journalisten wird er ferngehalten, und wenn sie doch etwas über ihn schreiben, wird ihre Arbeit vorsorglich zur Fakenews erklärt. Oder er spricht von sich nebulös als verlorener Sohn, der heimgekehrt sei. Kennt man schon alles. Und es verfängt. Weil eines schlicht unumstößlich ist, jedenfalls derzeit: Wirklichkeit, Wahrheit und Wahrhaftigkeit interessiert diese Unterstützer nicht.

Im Video: „Ihr werdet glücklich sein": Trump deutet erneute Kandidatur an