Kommentar: Dealmaker Trump malt neue Kriege an die Wand

Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Conway im Februar (Bild: REUTERS/Sam Wolfe)
Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Conway im Februar (Bild: REUTERS/Sam Wolfe)

Man kriegt, was man verdient. So schildert Donald Trump die Welt. Nur werden die Verdienste von ihm bewertet. Seine jüngsten Äußerungen gegenüber der Nato sind eine Drohung: Wer nicht zahlt, wird nicht unterstützt – und kriegt Kettenhund Putin an den Hals geschickt. Was der Anwärter für das wichtigste Amt der Welt plant, läuft auf eine Welt im Chaos hinaus.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Donald Trump ist nicht nur süchtig nach Cola Light. Für ihn geht es auch nicht ohne Saft und Kraft. Den Mann, der US-Präsident werden will, drängt es auf die Throne dieser Welt wie eine Motte ans Licht. Von oben nach unten durchtreten, nichts anderes kennt er. Das ist in seinen geistigen Genen wie sein Trieb, zu lügen.

Eine Kostprobe seiner Talente gab er am vergangenen Samstag, mit der er es schaffte, mal wieder rund um den Globus in die Schlagzeilen zu kommen. Auch das ist ein Talent. Aber dafür haut Trump auch auf die großen Tasten.

Es war eine Wahlkampfveranstaltung im US-Bundesstaat South Carolina. Trump begann seinen Paukenschlag mit einer Märchenstunde. Der „Präsident eines großen Landes“ habe ihn gefragt, ob die USA sein Land auch dann noch vor Russland beschützen würden, wenn es die Verteidigungsausgaben nicht zahle, sagte Trump. Seine Antwort: „Nein, ich würde euch nicht beschützen.“ Dann kam die Kirsche auf die Torte: Er würde Russland „sogar dazu ermutigen, zu tun, was auch immer zur Hölle sie wollen.“

Das ist also die Welt, in der wir leben. Ein Mann mit realistischen Chancen auf das Amt des US-Präsidenten ergeht sich nicht nur in einem „Ich, ich, ich“, nachdem die Frage wäre, ob ER ein Land beschützen würde – als sei er Amerika. Nein, er ermutigt ein politisches System wie das des russischen Präsidenten, zu tun, was es will. Was das heißt, haben die Ukrainer erfahren. Putin mag Tod und Zerstörung. Das ist die Welt, in die Trump uns treiben will.

Kurz zusammengefasst: Es geht um die Nato. Das ist jenes transatlantische Verteidigungsbündnis, das angeblich so aggressiv gegenüber Russland aufgetreten sei, dass dem armen Wladimir nichts anderes übriggeblieben sei, als den Verwesungsgeruch über ein anderes Land zu verbreiten; und mit den vielen gestorbenen russischen Soldaten auch bei sich daheim.

Wer in der Nato ist, tritt keinem Golfclub bei, sondern einer Sicherheitsgarantie. Weshalb drängte Finnland, drängt Schweden ins Bündnis? Solch eine Nato aber funktioniert nur, wenn unter den Mitgliedern keine zweiter oder dritter Klasse sind. Trump will oder kann nicht verstehen, wie Außenpolitik geht.

Klar, seine Versteher werden zurufen, es gehe um etwas ganz anderes. Trump will dafür sorgen, dass die Nato-Mitgliedsländer ihre Zusagen zur gegenseitigen Verteidigungsbereitschaft und -fähigkeit auch einhalten. Da haben einigen Länder nämlich reichlich Nachholbedarf, und diese Inanspruchnahme von Solidarität mag nerven. Sie aber aufzukündigen wäre kollektiver Suizid.

Aber Trump tickt so. Er hat ein Ziel: Natoländer sollen mehr für ihre Kampfkräfte ausgeben. Um sie dorthin zu kriegen, baut er eine Drohkulisse namens Putin auf. Wenn der Beelzebub nicht kommen soll, so seine Botschaft, rüstet bittschön auf. Trump bleibt ein Dealmaker, jedenfalls ein selbsterklärter.

Infografik: Trump liegt in Umfragen vor Biden | Statista
Infografik: Trump liegt in Umfragen vor Biden | Statista

Die USA haben recht, die mangelnden Ausgaben zu kritisieren. Trump aber verwechselt seine Sandkastenspiele mit Weltpolitik, die Folgen für viele Millionen Menschen haben könnte, sollte er jemals wieder Verantwortung erhalten. Und wer „ermutigt“, ist selber ein wenig Beelzebub.

Trump malt Zeichen an die Wand. Mit ihm, der es in seiner Amtszeit als US-Präsident zwischen 2017 und 2021 tatsächlich geschafft hat, die USA aus Kriegen herauszuhalten, wird es in der Welt, wie sie jetzt gerade ist, nur mehr Gewalt und Leiden geben. Seine Deals öffnen eine Box. Sie schaffen Raum für Regierungschefs von Links bis Rechts (meistens von rechts), Krieg als Fortsetzung von Politik mit anderen Mitteln anzusehen. Für die Menschheit bedeutet diese Denkart eine Katastrophe. Für den Planeten möglicherweise eine Erholung. Wer so dämlich dealt wie Trump, „ermutigt“ die Häuptlinge in seinem Fahrwasser, ebenso zu zocken. Und am Ende wären Atomwaffen auf dem Tisch, damit die Erledigung der Zivilisation und das Ende der Zweibeinerherrschaft auf der Erde.

Ach ja, am Ende seiner Rede in South Carolina ging Trump noch einmal auf sein erwähntes Gespräch mit dem Staatschef jenes anderen Landes ein: „Nehmen wir an, das ist passiert.“ Nehmen wir an, dass Trump nicht Präsident wird. Das wäre ein Schritt weg vom Bullshit-Gau.

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