Kommentar: Die Bhakdi-Fans kriegen nicht den Fuß vom Gaspedal

Frauen mit Plakaten bei einer Demonstration gegen die staatlichen Schutzmaßnahmen gegenüber Corona im März 2022 in Berlin  (Bild: REUTERS/Annegret Hilse)
Frauen mit Plakaten bei einer Demonstration gegen die staatlichen Schutzmaßnahmen gegenüber Corona im März 2022 in Berlin (Bild: REUTERS/Annegret Hilse)

In einem Gerichtsprozess wurde der Mikrobiologe Sucharit Bhakdi vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen. Seine Anhänger aus Impfgegnern und so genannten Corona-Zweiflern jubeln. So ist es, wenn man verzweifelt zur eigenen Party rennt.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Eine leichte Übertreibung gab es gleich zu Beginn vor den Toren des Amtsgerichts in Plön. „Schleswig liebt dich“, stand auf einem Transparent der Unterstützer, als Sucharit Bhakdi das Justizgebäude betrat. Dass diese Aussage auf einer Meinungsumfrage unter den 24.000 Einwohnern dieser Mittelstadt beruht, ist zu bezweifeln. Aber Übertreibungen gehören zum Handwerk dieser Schar, und das führte auch Bhakdi dorthin.

Immerhin war der Professor für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene wegen einer solchen geladen worden. Der Star der selbst ernannten Querdenker hatte sich dem Vorwurf der Volksverhetzung zu stellen. Also, jener, der zu Zeiten der Pandemie dazu aufgerufen hatte, Masken niederzureißen und einander die Hand zu geben – ganz im Stile eines Freiheitskämpfers für Liebe und so.

Wie kommt man auf solchen Vergleich?

Vor Gericht wurde ihm mitunter die Aussage vorgeworfen, die Zulassung von Covid-19-Impfstoffen sei mit einem „Endziel“ und einem zweiten Holocaust vergleichbar. Also, eine formidable Übertreibung ist sowas durchaus. Und geht man von einem funktionierenden Verstand aus, ist bei Bhakdi auch eine mehr oder weniger bewusste Falschaussage zu vermuten – oder die Lust, auch mal ein tolles Opfer zu sein, bloß mit dem Luxus einer Echo- statt einer Gaskammer. Wer sowas sagt, hat ein Problem mit seiner Persönlichkeit, mit der Empathie mit Anderen, die Leid erlitten. Ich finde sowas sehr gemein. Und dass Bhakdi einen echten Knacks mit Juden hat, dokumentiert ein anderer Worterguss über Juden: „Das Volk, das geflüchtet ist aus diesem Land, aus diesem Land, wo das Erzböse war, und haben ihr Land gefunden, haben ihr eigenes Land in etwas verwandelt, was noch schlimmer ist, als Deutschland war. (…) Das ist das Schlimme an den Juden: Sie lernen gut. Es gibt kein Volk, das besser lernt als sie. Aber sie haben das Böse jetzt gelernt - und umgesetzt. Deshalb ist Israel jetzt living hell - die lebende Hölle.“ Aha. Die Politik des Staates Israels ist schlimmer als Auschwitz? Bhakdi öffnet die ganz große Schublade und attestiert den Juden an und für sich, denn sie haben in seiner Weltsicht allesamt einende Eigenschaften, dass sie Quick Learner seien. Dümmer und rassistischer geht es kaum. Ob dies justiziabel ist oder nicht, entzieht sich meiner Kenntnis als Nichtjurist. Es ist jedenfalls abscheulich. War bis gestern im Westjordanland unterwegs, habe schon eine Menge Unrecht gesehen, aber nichts, das „noch schlimmer ist, als Deutschland war“. Er sollte sich schämen.

Nun wurde Bhakdi freigesprochen. Nicht von seiner Sicht auf Corona, wegen der er berühmt geworden ist, sondern vom Vorwurf der Volksverhetzung. Und dies geschah durch ein Gericht, das angeblich Organ einer Meinungsdiktatur sei, welche die Freiheit zu untergraben suche – so die allgemeine Erzählung unter „Querdenkern“. Wie kann man einen Typen mit solch einem Judenknacks, der nichts anderes als ein Menschenknacks ist, zu einer Ikone erheben? Nur, wenn das alles eh schon erbärmlich ist.

DJ Bhakdi legt auf

Denn seine Fans kriegen einfach nicht den Fuß vom Gaspedal. Die Pandemie wurde niedergerungen, und die Impfgegner, Corona-„Zweifler“ und Kritiker jeder Schutzmaßnahme sind als Fußnote in dieser Geschichte eingegangen: Sie waren jene, die irrten. Punkt. Alles lief anders, als von ihnen vorhergesehen und vor dem sie gewarnt hatten.

Einsicht aber sieht man bei ihnen vergebens. Und so stehen sie weiter abseits der „Mainstream“-Meinung zu Corona & Co und laden sich deshalb zu ihren eigenen Partys ein, bei denen sie unglaublich gute Laune an den Tag legen. Sollen sie. Ist ja in unserer angeblichen Diktatur nicht verboten. Sie haben die Ikone, die sie verdienen.