Kommentar: Donald Trump hat gute Wahlchancen

Präsident Donald Trump gibt zwar eine Menge falsche Richtungen vor, aber immerhin gibt er sie vor - und dominiert (Bild: AP Photo/Andrew Harnik)
Präsident Donald Trump gibt zwar eine Menge falsche Richtungen vor, aber er gibt sie vor - und dominiert (Bild: AP Photo/Andrew Harnik)

Der US-Präsident ist eine globale Lachnummer. Umso möglicher ist sein Sieg bei den Wahlen im November.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Er ist dann mal weg, jeden Tag aufs Neue. Donald Trump wird regelmäßig abgeschrieben. Gab es jemals einen derart großen Fail, würde Chandler aus „Friends“ fragen – im White House?

Jeden Tag plumpe Lügen, intellektuelle Entblößung und Politik gegen die breite Masse der Bevölkerung. Jeder Tag ein verlorener für den Planeten, seine Natur. Würde die Erdbevölkerung über Amerikas Präsidenten abstimmen, wären Trumps Wahlchancen gering. In den USA selber aber ist damit zu rechnen, dass die vielen Umfragen und Kommentatoren genauso falsch liegen, wie sie es 2016 taten.

Noch im damaligen November wurde kein Pfifferling auf ihn gewettet. Und dennoch schaffte es Trump ins Amt. Wer garantiert, dass sich dies nicht wiederholt?

Kreativ ist er

Denn der Immobilientyp hat wirklich Großes geleistet, was niemand vor ihm im Weißen Haus schaffte. Alles, was er sagt, bezieht sich auf ihn. Jeder Fehler, den er begeht, schafft eine Aufmerksamkeit. Und dass diese oft sehr negativ ist, tut nicht zur Sache. Denn Bad News is Good News, jedenfalls für Trump, der alles gegen ihn Gewandte schlicht umdrehen kann. Er hat eine neue Zeitrechnung geschaffen: Fakten wirken längst nicht mehr so wie früher.

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Er hat einen Kulturkampf kreiert, in dem viele Menschen glauben, dass eine Kritik an Trump eine Kritik am guten alten Amerika ist – und dass Trump als starker Führer verteidigt werden muss. Zwar ist er nicht einmal der peinliche Onkel, den man zum Geburtstag lieber nicht einlädt – wegen ihm bläst man am besten gleich die ganze Party ab, in Angst vor diesem Crasher. Aber er hat eine Erzählung geschaffen, die Anhänger um sich versammelt.

Welche Erzählung hat sein demokratischer Herausforderer Joe Biden? Nur gegen Trump sein, das wird nicht ausreichen.

Auf seine Anhängerschaft kann Trump weiter zählen (Bild: Reuters/Andrew Kelly)
Auf seine Anhängerschaft kann Trump weiter zählen (Bild: Reuters/Andrew Kelly)

Auch hat Trump den nicht unmächtigen Parteiapparat der Republikaner auf seine Linie gebracht. Viele Politiker knüpfen ihre Wiederwahl an Trumps Schicksal. Daher folgen sie ihm, wenn auch zuweilen zähneknirschend. Immerhin denken nicht wenige, dass Trump zwar ein ziemlich unangenehmer Typ ist, aber deswegen gleich einen Demokraten wählen?

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Sehr wichtig für die Präsidentschaftswahl wird auch die Wirtschaftslage sein. Und bis zum Ausbruch von Corona sah die gut aus. Nun bricht vieles zusammen, aber Trump wird glaubhaft machen, dass er dafür nichts könne, immerhin habe er nicht dieses Virus erfunden. Alles weitere erledigt die Kommunikation der republikanischen Partei, der Sozialen Medien und der ihn noch favorisierenden Medien.

Was Trump auch helfen wird, ist das Wahlsystem. Die Mehrheit der Stimmen hatte er schon 2016 nicht. Entscheidend aber sind einige US-Staaten, so genannte Swing States, wo die Mehrheit mal für Demokraten, mal für Republikaner stimmt. Je nach Größe eines Bundesstaats erhält der jeweilige Sieger dort entsprechende Wahlmänner-Stimmen. Wirklich demokratisch ist das nicht. Aber Tradition. Dass Trump in diesen Swing States schon jetzt besonders aktiv ist, überrascht nicht.

Ungleichgewicht beim Hinhören

Seine schärfste Waffe ist dabei die Aufmerksamkeit. Jeder Tweet wird global kommentiert. Trump braucht nur einen fahren zu lassen, und ein Heer von Journalisten weltweit versucht ihn zu deuten. Biden schafft nur einen Bruchteil dieser Erregung.

Daher wird der Endspurt in diesem Wahlkampf zum heißesten Herbst, den die Politik in den USA jemals gesehen hat. Es wird ein großes Finale geben.

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Trump wird Biden verhöhnen, er wird ständig in der Offensive sein, während Biden als eigentlicher Angreifer aus der Opposition heraus sich verteidigen wird. Auch wird Trump Bidens Alter schamlos ausbeuten. Schlagfertiger ist er allemal. Und während er 2016 noch aus Angst vor Hillary Clinton direkte Duelle mied, wird er diesmal in Fernsehsendungen mit Biden gehen wie ein wilder Stier. Er wird sie in seine Shows umwandeln. Interessieren einen dann noch seine Fehler von anno dazumal?

Mit Trump ist zu rechnen. Er ist schwer zu packen. Seine Chancen auf eine Wiederwahl sind, in dieser neuen Zeitrechnung, leider gut.

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