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Kommentar: Gespaltene Union

Armin Laschet muss sich zu Beginn seines Vorsitzes als Krisenmanager in der eigenen Partei bewähren (Bild: Clemens Bilan/Pool/Getty Images)
Armin Laschet muss sich zu Beginn seines Vorsitzes als Krisenmanager in der eigenen Partei bewähren (Bild: Clemens Bilan/Pool/Getty Images)

Ein unsichtbarer Armin Laschet, zwei Landtagswahlen, die zum Nachdenken anregen, eine Taskforce mit unbeliebter Besetzung und Korruption - in der Bundesrepublik und in Bayern: Die Union kämpft nicht nur mit ihrem vielfach kritisierten Corona-Management, sondern auch mit sich selbst.

Armin Laschet muss sich derzeit in einem Déjà vu befinden, und zwar als Reinkarnation von Annegret Kramp-Karrenbauer. Nach seinem allseits gefeierten Sieg als neuer CDU-Parteivorsitzender wird er überschüttet von Problemen. Zunächst wirkt er, obwohl die Kanzlerin wenig Souveränität in diesen Tagen ausstrahlt, wie unsichtbar. Wenn Laschet kurz spricht, setzt er aus Versehen fest, dass er Kanzlerkandidat wird. Um viel mehr scheint es ihm auch nicht zu gehen. Er ist nicht präsent, er scheint seine Partei wenig im Griff zu haben, so wie Helge Braun seine Mannschaft im Kanzleramt nicht. Die Maskenaffäre, passend zu Merkels Showdown als Kanzlerin, erinnert an den Spendenskandal am Ende der Ära Helmut Kohl. Aber Laschet wirkt nicht wie der Sieger, der das Steuer erfolgreich übernimmt.

Das korrupte Image ist zurück

Die Union kämpft wiedermal mit einem korrupten Image. Es wirkt zunächst wie eine Krise von CSU-Chef Markus Söder, der nach dem Höhenflug sich nun in ständiger Tobsucht befinden muss, weil der Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein immense Summen im Zuge der Maskenbeschaffung einkassierte. Zumal die Affäre immer mehr die CSU-Spitze bedroht, denn heute wurde das Landtagsbüro der langjährigen Parteigröße Albert Sauter durchsucht. Aber Laschet setzt mit familiären Verbindungen einen drauf. Sein Sohn modelt für Van Laack, und diese Firma wurde in NRW ohne Vergabeverfahren mit Maskenbeschaffung beauftragt. Von der Opposition wurde dies vielfach kritisiert, aber ohne Konsequenzen. Darauf folgten Hauptmann (CDU) und Löbel (CDU), die ebenfalls hohe Summen in die eigene Tasche steckten. Der Dschungel der Nebenverdienste der Union wirkt vollends undurchsichtig.

Die Maskenaffäre zieht in der CSU immer weitere Kreise (Bild: Peter Kneffel/Pool via REUTERS)
Die Maskenaffäre zieht in der CSU immer weitere Kreise (Bild: Peter Kneffel/Pool via REUTERS)

Diese Aufreger würden eventuell weniger Bühne finden, wenn die Union ein gutes Pandemiemanagement vorweisen würde. Nach dem Aussetzen des AstraZeneca-Impfstoffes fordern mehr Menschen als zuvor den Rücktritt von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), auch die sinkenden Beliebtheitswerte weiterer CDU-Minister unterstreichen die Unzufriedenheit mit der Union als Regierungspartei. Deutschland hinkt im internationalen Vergleich hinterher, föderales Chaos im Bezug auf Vorschriften für Schulen, Öffnungen oder Reserven ungenutzter Impfstoffe reihen sich Tag für Tag aneinander. Während Jens Spahn Journalisten untersagt, Informationen über seine Villa zu recherchieren, reist sein einst engster Vertrauter, Karl Lauterbach (SPD), von Talkshow zu Talkshow und predigt, was sich eine Mehrheit dieses Landes wünscht: eine sichere, verantwortungsvolle Coronapolitik.

Schnelltest-Taskforce als Strafexpedition?

Jens Spahn könnte sich zum Beispiel um die ihm zugeteilte Taskforce kümmern, in der er gemeinsam mit Andreas Scheuer (CSU) dafür sorgen soll, dass die Bereitstellung der Schnelltests reibungslos und zügig erfolgt. Heißt es in internen Kreisen, dies sei eine Abstrafung Spahns seitens Laschets, scheint Spahn strategisch keinen guten Nutzen aus dieser Aufgabe ziehen zu wollen. Andere Stimmen sagen, dies sei eine rein logische Entscheidung der Kanzlerin gewesen. Es scheint, als sei der für Logistik zuständige Verkehrsminister trotz seiner Vorbelastung geeigneter für diese Aufgabe.

Jens Spahn und Andreas Scheuer müssen jetzt die Schnelltest-Situation in den Griff bekommen (Bild: REUTERS/Hannibal Hanschke)
Jens Spahn und Andreas Scheuer müssen jetzt die Schnelltest-Situation in den Griff bekommen (Bild: REUTERS/Hannibal Hanschke)

Für noch mehr Instabilität sorgen die beiden vergangenen Landtagswahlen. War in Rheinland-Pfalz durchaus vorher klar, das Malu Dreyer erneut eine Koalition mit den Grünen und Liberalen bilden können wird, erwies die Wahl in Baden-Württemberg sich als richtungsweisend. Der als konservativ geltende Grüne Winfried Kretschmann regiert seit 2016 mit der CDU, könnte aber mit den den vorliegenden Wahlergebnissen auch eine Ampelkoalition bilden. Die Spitzenkandidatin der CDU, Susanne Eisenmann, die wenig Beliebtheit genießt und den undankbaren Posten der Kultusministerin innehat, verzeichnete das historisch schlechteste Ergebnis ihrer Partei. Hier bleibt für die Union zu hoffen, dass der ein wenig abgeklungene Hype um Schwarz-Grün auf Bundesebene sein Gutes tut.

Aber auch wenn sich Laschet jetzt fangen sollte, die ersten Krisen seiner Parteivorsitzendengeschichte hinterlassen Narben. Es ist nicht mehr sicher, ob die Union überhaupt Teil der nächsten Regierung sein wird, wie Laschet selbst schon bekräftigte. Er hat die Aufgabe, zum einen die Union als solche vor der Spaltung zu wahren, was nach der Lagerbildung aus der Vorsitzendenwahl bereits innerhalb er CDU schwer ist. Andererseits braucht die CDU wieder das Gefühl von Führung und die Bevölkerung die Sicherheit, dass sie im Rahmen der Pandemie gut regiert wird. Bei den derzeit sinkenden Umfragewerten und dem Stillschweigen seinerseits wirkt es nicht so, als würde der nächste Bundeskanzler Armin Laschet heißen, oder ein Koalitionspartner Union.

Video: Söder warnt vor Mehrheiten jenseits der Union