Kommentar: Lafo und Sahra sind die besten Partei-Crasher

Von Sahra Wagenknecht und ihrem Ehemann Oskar Lafontaine geht starke politische Kraft aus. Nur wird sie zunehmend destruktiv. Ihrer Partei haben sie irgendwann nicht mehr gutgetan. Die Linke kann es nun zerhauen.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Oskar Lafontaine applaudiert seiner späteren Ehefrau Sahra Wagenknecht nach einer Parteitagsrede im Jahr 2013 in Dresden zu (Bild: REUTERS/Tobias Schwarz)
Oskar Lafontaine applaudiert seiner späteren Ehefrau Sahra Wagenknecht nach einer Parteitagsrede im Jahr 2013 in Dresden. (Bild: REUTERS/Tobias Schwarz)

Schon faszinierend, was eine einzige Rede ausrichten kann. Nachdem Sahra Wagenknecht in der vergangenen Woche im Bundestag sprach, sind bereits zwei prominente Mitglieder aus der Linken ausgetreten. Und die Partei kommt nicht zur Ruhe.

Dabei redete Wagenknecht ohne Amt, sondern lediglich vom Fraktionsvorsitz mit der Antwort auf Wirtschaftsminister Robert Habeck wegen ihrer guten Rhetorik beauftragt. Da wussten die Oberen schon, dass ihre Haltung zu Fragen der Energie und zum Krieg in der Ukraine nicht den Parteibeschlüssen entspricht. Aber man wollte halt ein wenig Feuerwerk.

Das kriegte die Linkspartei zur Genüge.

Wagenknecht lieferte das Übliche ab. Sie warf der Bundesregierung vor, „einen beispiellosen Wirtschaftskrieg gegen unseren wichtigsten Energielieferanten vom Zaun zu brechen“ und forderte einen Stopp der Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Ersteres klang so, als wollte sie am liebsten Habeck von der Polizei verhaften und an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ausliefern lassen, so dreist bemühte sie sich in Opfer-Täter-Umkehr – als wäre Habeck ein Kriegsverbrecher, und nicht ihr Wladimir Putin.

Bei zweiterem aber gibt es ein Problem für die Linke. Denn ein Ende der Sanktionen gegen das Regime des Lügenverbrechers im Kreml erscheint nicht wenigen Deutschen attraktiv. Vor allem in Ostdeutschland, wo die Linkspartei ihre Basis hat, gibt es immer weniger Verständnis dafür, warum man für Freiheit und Demokratie Anderer mehr für Gas und Strom zahlen sollte. Die Linkspartei muss also einen Spagat hinkriegen: Weiterhin eine humanistische Außenpolitik betreiben und dennoch die eigene, mehr am eigenen Geldbeutel interessierte Klientel nicht vor den Kopf stoßen; wobei viele wirklich nicht Wohlhabende durch die Energiekrise sehr hart getroffen werden und eine Lösung dafür hermuss. Während dieses Drahtseilakts also steht Wagenknecht an der Seite und beginnt nach der Partei auf dem Seil zu schubsen.

Ich, ich, ich

Eine große Verantwortung wird sie bei der Linken in absehbarer Zeit nicht mehr übernehmen, gruppenunfähig wie sie ist. Doch in ihrem Beharren auf Unabhängigkeit stürzt Wagenknecht ihre Partei hinab. Die Wirkung ist zunehmend zerstörerisch.

Und es erinnert an ihren Ehemann, der mit seinen Egotrips nicht nur einmal seine Partei an den Rand des Nervenzusammenbruchs brachte. Oskar Lafontaine trat 1999 Knall auf Fall als SPD-Parteichef und Bundesfinanzminister zurück, dann auch aus der Partei aus. Mit der WASG als linker Alternative zur SPD bereitete er seinen ehemaligen Genossen Alpträume. Irgendwann hatte er auch von der späteren Linkspartei genug, er trat aus. Das lag gewiss nicht nur an ihm, er kritisierte Zustände der Partei in seinem Saarland wie etwa Stimmenkauf, die in der Tat bizarr erscheinen, so sie denn stimmen. Aber nur wenige Tage vor der Landtagswahl das Parteibuch zu den Akten zu legen, war gewiss dem Wunsch geschuldet, ein Desaster zu hinterlassen.

Der Charme der Zerstörung

Bei Lafontaine wie bei Wagenknecht gibt es die Unfähigkeit, sich zurückzunehmen. Parteidisziplin existiert für beide als Wort nicht. Beide haben hingegen einen ausgeprägten Hang zum Populismus (Lafontaine: "Fremdarbeiter", Wagenknecht: "Einheimische in der Minderheit") und sichern sich eigene Gefolgschaft. Das ist einerseits faszinierend. Aber andererseits destruktiv.

Bei der Linken treten nun die vielen Gräben und inneren Spaltungen, die es auch ohne Wagenknecht gäbe, an die Oberfläche – von Wagenknecht magnetisch angezogen. Es sind die Geister, die keiner rief. Aber es gibt zwei, die schicken sie auch nicht weg. Wenn es so weitergeht, werden Lafontaine und Wagenknecht zu Totengräbern der Partei.

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