Kommentar: Qual der Wahl – warum sind Ägypten und Dubai ok, aber Qatar nicht?

Khalifa International Stadion in Qatar. (Bild: Markus Gilliar/GES-Sportfoto via Getty Images)
Khalifa International Stadion in Qatar. (Bild: Markus Gilliar/GES-Sportfoto via Getty Images)

Über Qatar als Austragungsort der Fußball-WM lästern viele. Währenddessen tagt in Ägypten die Weltklimakonferenz – den Staat beherrscht auch ein mieses Regime. Und die nächste wird in Dubai sein. Messen wir mit zweierlei Maß?

Ein Kommentar von Jan Rübel

Momentan läuft es nicht gut für die Marketingmaschine von Qatar. Die Leute, welche die Wahl des Emirats als Gastgeber der Fußball-WM nicht schlechtreden, müssen mit der Lupe gesucht werden. Spiele im Advent, hohe Temperaturen, zu teures Bier und pappige Burger – und dann noch die vielen krassen Menschenrechtsverstöße im Land: die toten Bauarbeiter, die Diskriminierung von allen, die sich generell für Freiheit aussprechen; die Unterbindung von unabhängiger Berichterstattung, der Versuch, diese WM total zu kontrollieren und manipulieren, als sei die Weltmeisterschaft im bekanntesten Sport der Welt ein Spielzeug.

Nur Uli Hoeneß zetert weiter für die Qataris, weil er nicht anders kann. Oder Franz Beckenbauer schweigt weise. Das Emirat kaufte sich die WM, das weiß man, und es tat dies, um sich aufzuwerten. Die Fußball-WM, das ist der Jackpot für PR. Wer die kann, spielt oben mit, so das Kalkül. Denn Qatar ist ein Zwergstaat mit rund 2,8 Millionen Einwohnern, von denen nur zehn Prozent die Staatsbürgerschaft besitzen. Die restlichen 90 Prozent sind zugekaufte Kräfte, vom Manager bis zum Bauarbeiter – weil Qatar auf riesigen Mengen an Gas und Öl sitzt und sich entsprechend vieles kaufen kann; wie eben auch die WM.

Das ist billig, und deshalb ist der Zuschlag an Qatar falsch. Damit versucht sich eine Diktatur besser darzustellen, als sie ist.

Was ist der Unterschied?

Doch warum gibt es dann eine aktuell im ägyptischen Scharm el-Scheikh tagende Weltklimakonferenz, und warum soll sie im kommenden Jahr in Dubai stattfinden? Schließlich herrschen auch in Ägypten und in den Vereinigten Arabischen Emiraten undemokratische Regime. Auch dort wird die Freiheit mit Füßen getreten. Auch dort herrscht geheimdienstliche Willkür.

Es gibt jedoch einen entscheidenden Unterschied. Und deshalb ist es wichtig, das die Weltklimakonferenzen dort sind – und niemals wird zu rechtfertigen sein, dass die WM dort ist.

Die Motive Qatars wurden oben bereits zusammengefasst, es geht um Sportswashing. Als Gastgeber einer Weltklimakonferenz aber kann man nicht glänzen, denn sowas ist nicht sexy. Schlimmstenfalls bringen sie keine positiven Ergebnisse, wie bei der derzeitigen zu erwarten ist. Ägypten kriegt währenddessen die erwartbare schlechte Presse, weil die Diktatur das Ausspionieren nicht lassen kann – aber das wird es gewesen sein.

Die Rettung der Welt ist dann doch was anderes

Die fehlende Chance zum Aufhübschen ist der eine Unterschied. Der andere ist, dass es sogar sehr wichtig ist, dass die Weltklimakonferenz als wichtiges globales Ereignis zu solchen Orten wandert. Denn der Klimawandel geht uns alle an, er hat uns alle zu interessieren. Das ist bei Fußball weniger der Fall. Auch sind die Länder des globalen Südens derzeit viel mehr vom Klimawandel betroffen. Bei uns in Deutschland greift er bereits Raum, denken wir an die Fluten, an die Dürren. Aber all dies geschieht global gesehen noch viel krasser woanders. Daher müssen die mit am ärgsten betroffenen Länder auch im Mittelpunkt der Konferenzen stehen, sie dürfen keine Zaungäste sein. Und da spielen die politischen Verhältnisse in der Region weniger eine Rolle – jedenfalls was die Austragungsorte der Konferenzen angeht. Übrigens gilt auch hier: Je freiheitlicher ein Staat, je demokratischer verfasst, desto größer auch seine Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel. Ob das auch für Fußball gilt? Keine Ahnung. Aber Fußball stärkt die Demokratie, über die Vereine. Die spielen indes keine Rolle bei dieser WM.

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