Kommentar: Sollen Unterhaltungsshows raus aus dem Öffentlichen Fernsehen?

Florian Silbereisen in der Unterhaltungsshow
Florian Silbereisen in der Unterhaltungsshow "Zum Allerletzten Mal: Der Große Schlagerabschied!" (Bild: Gerald Matzka/Getty Images)

Die Jungen Liberalen fordern ein Ende großer Shows im gebührenfinanzierten Fernsehen. Damit soll der Rundfunkbeitrag gesenkt werden. Dieser Vorschlag trifft die Falschen. Und eine Menge elitäres Naserümpfen ist auch dabei.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Im Nahkampf des alltäglichen Lebens beherrschen einige Zeitgenossen ein einfaches, aber wirksames Prinzip. Sie schmeicheln sich bei ihrer Zielgruppe ein, indem sie auf jemanden eindreschen, der nicht dazugehört. Genauso verfahren gerade auch die Jungen Liberalen.

Die Jugendorganisation der FDP hat sich Gedanken zu einem echten Problem gemacht, aber dann eine Keule rausgeholt. Die Ausgangsfrage: Wie lassen sich die Gebührenzahlungen für den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk (ÖRR) eindämmen, vielleicht gar reduzieren? Schließlich sind diese GEZ-Zahlungen am Ende des Monats – eben Zahlungen. Es gibt Schöneres. Zum Beispiel Gratis-Eis. Aber das ist selten, so rar wie gutes Fernsehen. Und da sind wir wieder beim ÖRR.

Die Jungen Liberalen haben eine Idee, wie das Fernsehen von ARD und ZDF sparen könnte. Ein riesiger Teil der Rundfunkgebühren fließe in Produktionen, „die zur Meinungsbildung und politischen Information null beitragen“, sagte die Vorsitzende der Jungen Liberalen, Franziska Brandmann, der „Rheinischen Post“. „Es muss Schluss sein mit Unterhaltungsformaten, die jedes Jahr mehrere Millionen kosten und von Studierenden und Auszubildenden mitfinanziert werden.“

Was meint sie konkret? „Wer Florian Silbereisen sehen will, der kann dafür zahlen, genauso wie andere für ihr Netflix-Abo.“ Aha. Es geht ihr also um Schlager-Shows, große Rate-Spektakel bis zu Spaßwettkämpfen rund um Wetten und Challenges. Dahinter steckt ein Kalkül.

Was darf rein, muss etwas raus?

Der ÖRR kassiert viel Geld von den Bürgern, um ein breites Informationsangebot präsentieren zu können. Aber „Infos“, das ist nicht nur die „tagesschau“. Zwar hat das gebührenfinanzierte Fernsehen seine Stellung in der Gesellschaft verloren, und fern im Erinnerungsnebel hängt noch die Erfahrung, dass es mal im Leben nur drei, vier Programme gab. Aber damals schauten die Leute auch nicht nur die Nachrichten. Denn der Bildungsauftrag geht weiter. Sportveranstaltungen oder Unterhaltungssendungen, eben die große Show, gehörten immer dazu – lange vor der Geburtsstunde der Privatsender und ihrem bewussten Gedudel. Gedudelt wurde immer. Und das ist auch gut so. Denn ÖRR heißt eben nicht nur Belehrungen über das Leben von Thomas Mann oder Zickzackkurse an der Frankfurter Börse. Gesellschaftsleben bedeutet auch, gemeinsam über Sendungen zu lachen und zu lästern, allein bei ihrer Routine eindösen oder einfach mitschunkeln. So what.

Es würde kein Sinn darin liegen, das öffentliche Fernsehen zu einer Art Phoenix-Infokanal schrumpfen zu lassen. Auch wäre es keine Superidee, den privaten Sendern nachzueifern und einen Weichspülgang nach dem anderen abzuspielen. Und vielleicht ließe sich bei der einen oder anderen Show an Kosten sparen – aber darüber sprechen besser Leute, die darüber mehr wissen als ich.

Jedenfalls kurzerhand zu befinden, dass Shows à la Florian Silbereisen hinter Bezahlschranken zu verschwinden hätten, ist wohlfeil. Warum eigentlich? Warum nicht das Wirtschaftsmagazin?

Liebe Zielgruppe…

Mir kommt da ein Verdacht. Vielleicht interessieren sich Junge Liberale wie Franziska Brandmann eher weniger für Schlagermusik. Das ist ihr gutes Recht. Aber den eigenen Geschmack zur Norm eines gebührenfinanzierten Fernsehens zu machen, ist schon anmaßend.

Klar, Schlager gilt vielen als nicht gerade schick. Aber deshalb ihn verbannen zu wollen, ist eine billige Nummer auf dem Weg zum Applauseinsammeln. Das Leben ist dann doch mehr als die eigene Blase.

Früher war eine Sendung wie „Am laufenden Band“ oder „Wetten, dass…“ wie ein Kitt der Gesellschaft. Das ist heute vorbei. Aber gänzlich darauf im Öffentlichen zu verzichten – dazu besteht kein Anlass. Sparen geht auch anders. Vor allem ohne Populismus.